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Dein Geschichtspodcast mit Daniel und Solveig

FG001 - Hexen | Hexenglaube

18.01.2022 40 min Daniel und Solveig

Zusammenfassung & Show Notes

Solveig wird klar, dass sie ihre Kindheit mit Hexen verbracht hat und erzählt Daniel davon, wie sich das Bild von Hexen im Laufe der Zeit gewandelt hat: von den Kinder fressenden Monstern der Grimmschen Märchen zu jungen und besonders charmanten Serienheldinnen.
Bei diesem Wandel spielt vor allem der Maler Luis Ricardo Falero eine herausragende Rolle, auf den Hexen in Verbindung mit Ziegen(böcken) offenbar sehr anziehend wirkten und dessen Bilder sicher nicht aufgrund ihres kunsthistorischen Wertes Absatz fanden.
Näher ist uns heute der Glaube an Hexen als weise, kräuterkundige und starke Frauen. Verbunden mit der Idee der Priesterinnenschaft für eine Muttergottheit stellt sie Marion Zimmer Bradley in aller Ausführlichkeit in ihrem Roman "Die Nebel von Avalon" von 1982 dar. Wem ein tausend Seiten starkes Buch zu viel wird, kann auch den Film von 2001 anschauen.
Immerhin müsst Ihr die Wartezeit überbrücken, bis der zweite Teil zu den Hexen online geht. Dann geht es um die echten Hexen, die plötzlich überall waren und Solveig weiß natürlich genau, woran man sie erkennt und wie man sie bekämpft...
Habt Ihr Fragen zur Folge oder wollt was loswerden über Hexen? Glaubt Ihr an Hexen oder kennt Ihr welche? Dann schreibt an kontakt@flurfunk-geschichte.de

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Transkript

DANIEL
00:00:00
Knusper, Knusper, Knäuschen, wer knuspert an meinem Häuschen? Ja, das ist dein Einsatz.
SOLVEIG
00:00:09
Das ist mein Einsatz.
DANIEL
00:00:11
Der Wind. Und damit herzlich willkommen zur Flurfunk Geschichte mit Daniel. Und das war schon eine Einstimmung darauf, warum es heute offenbar gehen wird. Es tut auch nicht so, als wüsstest du nicht, was es ist. Es geht nämlich um Hexen. Und ich glaube, ihr alle habt ein Bild vor Augen, wie Hexen so aussehen im Allgemeinen und Besonderen in dem Werk, wo diese Zeile drin vorkommt.
SOLVEIG
00:01:16
Dann beschreib sie uns doch mal, Daniel. Was ist deine Vorstellung?
DANIEL
00:01:19
Es ist eine alte Frau, gebeugt, mit Buckel, auf einen Stock gestützt, mit einer spitzenhakigen Nase, Warze auf der Wange, komische Stimme. Und die offenbar eine Vorliebe für Kinder hat, sie zu verspeisen. Ich weiß nicht, warum sie nicht die Lebkuchen auch essen kann, aus denen ihr Haus besteht, aber auf jeden Fall ist es diese schreckliche Figur.
SOLVEIG
00:01:59
Und wir reden heute drüber, woher dieses Bild eigentlich kommt, ob überhaupt dieses Bild, was wir heute von der Hexe in unseren Köpfen haben, wirklich was mit dem zu tun hat, was wir aus der frühen Neuzeit kennen, nämlich der Hexenglaube, der in der Zeit entstanden ist, oder vielleicht auch nicht und vielleicht auch schon vorher gab. Frühe Neuzeit ist die Zeit nach dem Mittelalter. Das ist die Zeit von 1500 bis 1789. Die war lange Zeit, galt es noch als Neuzeit. Und dann haben pfiffige HistorikerInnen gesagt, naja, die Neuzeit wird ja immer länger. Von 1500 bis jetzt. Da brauchen wir mehr Epochen. Und dann hat man gesagt, der 1789 mit der französischen Revolution beginnt die moderne. Da beginnt die gute Zeit. Und alles davor ist die frühe Neuzeit, die vormoderne. Da, wo es noch schlimm war. Und der Aberglaube herrschte. Denn das muss man dazu sagen vielleicht. Es ist so ein gängiger Glaube, den man auch immer wieder hört, dass im Mittelalter Hexen verbrannt wurden. Und es im Mittelalter Hexen gegeben hat. Und das stimmt nur zum Teil. Der Hexenglaube ist tatsächlich im Mittelalter entstanden. Aber die Hexenprozesse hat es so erst in der frühen Neuzeit gegeben. Also kann man als Mediävist schon sagen, dass mit den Hexen waren wir nicht. Die kennen sich damit aus.
DANIEL
00:03:41
Also du nicht?
SOLVEIG
00:03:44
Wie war das?
DANIEL
00:03:44
Es war schön, dass ihr eingeschreißt habt.
SOLVEIG
00:03:48
Jetzt wieder nach Hause. Genau, also vielleicht zum Einstieg möchte ich erst mal drüber reden, warum stellen wir uns diese Frau eigentlich als diese alte, hässliche Dame vor. Und das hat mit einem Ereignis zu tun, das nicht in der frühen Neuzeit stattgefunden hat, sondern 1812. Ja, es hat aber nicht so viel mit Napoleon zu tun, sondern mit den Dingen, die so in Deutschland passieren, beziehungsweise in dem, was mal das Heilige Römische Reich deutscher Nation war und irgendwann mal Deutschland wird. In den deutschen Ländern, wie es in dieser Zeit heißt, die aber gerne eins werden wollten. Es gibt ein Brüderpaar, das sehr auf diesen Gedanken hinzielte. Die haben was getan.
DANIEL
00:04:48
Die haben ein Wörterbuch geschrieben.
SOLVEIG
00:04:50
Worüber haben die denn? Über welche Wörter? Über welche Sprache?
DANIEL
00:05:00
Über Deutsch. Deutsches Wörterbuch oder Wörterbuch der deutschen Sprache. Und dann noch so Geschichten.
SOLVEIG
00:05:08
Genau, denn die Gebrüder Grimm, um die geht es natürlich gerade, die haben sich hingesetzt in diesem Gedanken, sie hatten eben große Angst, dass jetzt, wo seit 1806 das Heilige Römische Reich Deutscher Nation eben beendet worden war, dass all diese deutschen Länder, die unter dieser Krone zusammengehalten worden waren, so auseinanderdriften und die deutsche Kultur untergehen wird. Und deswegen haben sie sich hingesetzt und haben deutsche Wörter aufgeschrieben und deutsches Kulturgut gesammelt, um eben diese deutsche Identität am Leben zu erhalten. Und zu diesem deutschen Kulturgut zählen eben auch Märchen und Sagen, die diese Männer...
DANIEL
00:05:48
Die sind natürlich auch zum Teil woanders gehabt, die haben das auch woanders geklaut.
SOLVEIG
00:05:51
Genau, also die sind halt immer hergezogen, haben arme alte Frauen belästigt. Nein, sie sind natürlich sehr respektvoll, durch das Land gezogen und haben Geschichten gesammelt, die als vermeintlich deutsch eben gezählt haben. Und dazu gehört natürlich das berühmteste Märchen Hänsel und Gretel und das ist eben 1812. Zum ersten Mal, nicht zum letzten Mal, gedruckt worden und publiziert worden.
DANIEL
00:06:23
Also die haben dieses Bild festgeschrieben, meinst du? Dass ich mir jetzt eine Hexe so vorstelle.
SOLVEIG
00:06:29
Genau.
DANIEL
00:06:30
Zum bisschen Hänsel und Gretel stelle ich mir diese vor. Ich weiß gar nicht, ob die da drin beschrieben wird so genau.
SOLVEIG
00:06:35
Ich glaube, sie wird schon als hässliches, alte Frau beschrieben. Aber es sind natürlich nicht die einzige Geschichte, wo wir dieses Bild finden. Wir finden das auch in der slawischen Mythologie, wo wir die Baba-Jagr haben. Kennst du die?
DANIEL
00:06:51
Ja, ich kenne ehrlich gesagt nicht mehr so wirklich Geschichten davon, aber die sieht so ähnlich aus, glaube ich. Die hat aber noch ein cooleres Haus. Das Haus kann man nicht essen, aber das läuft umher.
SOLVEIG
00:07:03
Das hört Hühnerbeine. Die Baba-Jagr wird auch als ein böser Waldgeist beschrieben, die so umherzieht und auch Kinder fängt. Manchmal isst sie sie in ihrem Haus auf den Hühnerbeinen. Die auch. Manchmal ist sie aber auch ganz nett und gibt den Kindern einen guten Rat, wenn sie brav waren.
DANIEL
00:07:24
Das hängt davon ab, wie sie gerade drauf ist an dem Tag?
SOLVEIG
00:07:26
Ja, ich glaube schon. Oder ob die Kinder nett sind und ihr Haus nicht essen.
DANIEL
00:07:30
Also mehr so ein Erziehungsding.
SOLVEIG
00:07:36
Und dieses Bild eben, wir steigen mit Tänzer und Gretel ein, weil ich finde, das doch sehr nachhaltig war, wie es dann eben tradiert wurde. Denn wenn wir so in die Literatur gucken, vor allem in die Populärkultur, die nach 18 oder 12 kam, da ist es eigentlich immer, wenn wir von Hexen reden, dieses Bild. Diese alte, hakennasige, kinderfressende Fettel, die hässlich ist.
DANIEL
00:08:04
Was fällt hier noch ein?
SOLVEIG
00:08:06
Das ist uns weiter. Und das sehen wir dann eben auch so ein bisschen. Also dieses Bild wird dann weitergetragen. Deutsche Auswanderer bringen das nach in die USA. Und da in den USA wird das rezipiert. Und da finden wir es auch wieder im Zauberer von Oz. Die Hexe des Westens. Die Hexe des Westens bzw. auch ihre böse Schwester, die Hexe des Ostens, das sind die bösen hässlichen Hexen. Die Hexe des Westens ist grün und hat auch eine Hakennase und ein ganz böses, schrilles Lachen und möchte auch. Dorothy, die Protagonistin dieser Geschichte, ich glaube, nicht fressen, aber ihre Schuhe haben. Und ist auch sehr böse gegen Dorothy. Und es zieht sich so weiter, was wir noch finden, auch noch 1990, ein Film, der mich in meiner Kindheit doch stärker geprägt hat, wie mir bewohnt und mir bewusst, als ich das jetzt hier vorbereitet habe, der wunderbare Film Hexen Hexen, der dir auch nichts sagt.
DANIEL
00:09:14
Nein, ich bin nicht so ein Hexen-Fan.
SOLVEIG
00:09:16
Ich bin groß, ich bin mit vielen Hexen-Geschichten aufgewachsen. Das war so Leitthema meiner Kindheit. Der Film ist 1990 verfilmt worden, in der Hauptrolle Angelica Huston als Oberhexe. Und dieser Film basiert auf einem Kinderbuch von Roald Dahl. Der hat in den 80ern verschiedene Kinderbücher geschrieben, die dann auch verfilmt wurden. Ein anderes Beispiel ist zum Beispiel Matilda, auch einer meiner Lieblingsfilme in meiner Kindheit. Da geht es um ein Mädchen mit telekinetischen Kräften in einer ganz furchtbaren Familie. Und Hexen Hexen ist die Geschichte von einem Hexenzirkel in Großbritannien. Die Kinder hassen und planen, alle Kinder der Welt, zumindest in Großbritannien, durch Schokolade in Mäuse zu verwandeln und sie dann zu töten.
DANIEL
00:10:18
Weil das dann einfacher ist, wenn die noch kleiner sind?
SOLVEIG
00:10:22
Ich glaube der Gedanke ist eher, dass Mäuse ein kürzeres Leben haben und schneller sterben. Muss nur warten. Dieser Film ist eben doch sehr einschlägig gewesen als Kind, weil es da eben eine ganz schlimme Szene kommt, wo diese Hexen, die eigentlich normal aussehen, sie sind jung, sie sind ältere Damen, sie sind aber alle sehr modisch, sehr attraktiv, sehr, ja, elaboriert ist nicht das richtige Wort, aber so elitär, das ist sehr stilvoll. Und sie treffen sich dann zu diesem Hexenzirkel in diesem Hotel und offenbaren ihr wahres Ich, indem sie nämlich ihre Perücken, also ihr Haar ist scheinbar eine Perücke, ziehen sie ab. Und sie ziehen sich auch ihre Gesichter ab, weil das nur Masken sind und offenbaren darunter so ganz furchtbar entstellte Gesichter mit riesigen Hakennasen und so Warzen im Gesicht. Und die treifen richtig, ist das so. Es hat mich als Kind sehr belastet, diese Szene. Das finden wir eben noch in den 90ern. Und was man da hinzusagen muss, vielleicht ist auch so eine Debatte, die ich glaube im letzten Jahr war, dass groß geworden ist, weil dieser Film ist nochmal, ich weiß jetzt nicht, 2020 oder 2021, nochmal verfilmt worden. Diesmal mit Anne Hathaway in der Hauptrolle. Und da sind massive Antisemitismusvorwürfe hochgekommen. Einmal gegenüber dieser Neuverfilmung und auch gegen Roald Dahl in Persona. Wegen der Darstellung dieser Hexen, also dass sie eben Hakennasen haben, dass sie Kinder fressen, dass sie, das ist so ein bisschen, dass sie auch einen Akzent haben, der an Osteuropa erinnert. Und dass diese Hexen eben so dargestellt werden, wie so eine Gruppe, die die Allgemeinheit unterwandert hat und jetzt auf die Zerstörung dieser Gruppe hinarbeitet. Und das sind eben ganz klar antisemitische Ideen, die auch im 19. Jahrhundert, im 20. Jahrhundert und auch heute immer noch in manchen Gruppen sehr präsent sind. Ich muss sagen, die Bücher von Roald Dahl habe ich nicht gelesen. Deswegen kann ich nicht sagen, ob er da wirklich klare antisemitische Ideen vertritt. Oder ob er schlicht diese Hexenideen rezipiert, die vorher schon da waren, und deswegen antisemitische Ideen bringt. Weil auch schon diese Darstellung, wie wir sie bei den Gebrüdern Grimm finden, auch schon antisemitische Züge hat. Die Nasen und das Kinderfressen.
DANIEL
00:13:03
Aber du weißt ja nicht, ob die Brüder Grimm das bewusst gestaltet haben.
SOLVEIG
00:13:10
Es ist natürlich immer die Frage, wie stellen wir fest, ob es bewusst war. Die haben jetzt nicht Tagebuch geführt und reingeschrieben. Und die Hexe, die machen wir jetzt dazu. Aber man kann natürlich schon sehen, dass es gewisse antisemitische Stereotype gibt. Und ob die jetzt eben bewusst oder unbewusst da hineingebracht wurden, ist dann ebenso immer die Frage. Und sie werden eben weitergeführt. Das kann man auch schon mal im Hinterkopf behalten, denn wenn wir nachher über den Hexenglauben in der frühen Neuzeit reden, da kommen wir auf dieses Thema, nämlich Antisemitismus im Hexenglauben, nochmal zurück. Aber bevor wir jetzt hin und her springen, will ich sagen, wir bleiben einmal bei der Rezeption. Genau, also bei der, wie sie Ideen weitergetragen und in nachfolgenden Generationen verarbeitet. Bei mir als Kind sind sie heimengeblieben. Mir ist dann eben, als ich das hier vorbereitet habe, klar geworden, dass so in den 2000ern Jahren sich gerade in unserer Popkultur das Bild von der Hexe massiv verändert hat. Vielleicht, wenn du auch so dran denkst, was so in den 2000ern im Fernsehen lief, zu Hexen, kommen dir da vielleicht irgendwelche Filme oder Serien in den Kopf. Worum geht's denn da?
DANIEL
00:14:26
Das guck ich ja heute noch, das ist dann so ein bisschen sehr komisch, wenn man das heute sieht. Damals war das total cool. Heute ist das doch sehr merkwürdig. Das sind drei junge, gut aussehende Schwestern, später durch eine Cousine ersetzt, glaube ich, in der Neubesetzung.
SOLVEIG
00:14:41
Nein, Halbschwestern.
DANIEL
00:14:42
Halbschwestern, okay. So ein Groupie hier bin ich nicht. Und dann sehr komische, kostümierte, animierte Dämonen, die sie jagen. Und bekommen die Informationen dazu aus dem Buch, dass da ihre Großmutter ihn vermacht hat. Oder irgendwie so ähnlich war das. Auf dem Dachboden müssen sie immer nachschlagen. Letztes Mal hab ich auf Netflix eine kolumbianische Hexenserie geguckt. Die sah jetzt auch nicht schlecht aus. Hatte auch keine Warzen im Gesicht oder Hakennasen.
SOLVEIG
00:15:17
Bruja, heißt die, glaube ich, die Serie.
DANIEL
00:15:20
Also einfach Hexe.
SOLVEIG
00:15:24
Genau, und wir bleiben vielleicht mal bei Charmed. Jetzt hast du schon gesagt, das sind drei Schwestern. Später kommt noch eine Halbschwester dazu. Wer sind denn die Dämonen? Wer sind die Dämonen? Beziehungsweise welches Geschlecht haben die Dämonen?
DANIEL
00:15:42
Die sind in der Regel männlich. Und auch teilweise gut aussehend. Aber es gibt auch noch Wächter des Lichts, nicht vergessen.
SOLVEIG
00:15:53
Das stimmt, die sind aber männlich wie mannlich.
DANIEL
00:15:54
Diese nervige Love Story nebenbei. Da hab ich mir oft gewünscht, dass der jetzt endlich gekillt wird von irgendeinem Dämon, damit er aus der Story verschwendet.
SOLVEIG
00:16:02
Aber er war doch der gute Mann. Und worauf ich gerade aus Daniel herauskitzeln möchte...
DANIEL
00:16:08
Aber das heißt, die Frauen sind gut und die Männer sind böse?
SOLVEIG
00:16:10
Genau, die Frauen sind gut und die Männer sind böse. Aber das ist doch eigentlich ganz nett. Das ist doch dann mal was. Es ist natürlich schon ein interessanter Veränderung, dass dieses Hexenbild jetzt positiv bewertet wird. Es sind eben nicht mehr die bösen alten hässlichen Frauen im Wald, die einen bedrohen, sondern es sind jetzt eben diese jungen, schönen Frauen, die weiße Magie wirken und damit Menschen helfen und die bösen Dämonen, Männer, im Zaum halten. Es ist eben nicht nur Charmend in der Zeit, es ist auch sehr einflussreich. Da ist auch Buffy gewesen, das lief ja immer zusammen am Mittwochabend. Ich bin das, das ist meine Zeit gewesen, nach einmal. Buffy im Band der Dämonen hat eben auch einen Charakter, die Willow, die da eben ihre Fähigkeiten findet. Die Willow ist jung und schön und hat dann nachher auch eine lesbische Geliebte, die auch jung und schön ist. Sie haben ihre Kräfte durch ihr Zusammenleben im Einklang der Natur. Das ist natürlich schon was ganz anderes als das, was wir vorher haben, was wir in Hexen Hexen sehen, mit den bösen Gestalten, die da Kinder fressen wollen. Und was meinst du, woher kommt das? Wieso verändert sich das auf einmal? 2000?
DANIEL
00:17:47
Keine Ahnung, wir denken mehr an Umweltschutz und die Wälder, die sterben. Und es gibt ja ein paar vernünftige Leute, die versuchen, das zu retten.
SOLVEIG
00:17:55
Ja, vielleicht. Also man muss dazusagen, es ist nicht das erste Mal, dass Hexen schön und jung und in ihrer Weiblichkeit betont dargestellt werden. Das passiert schon 1880. Jetzt muss ich einmal kurz nachgucken, weil ich seinen Namen immer vergesse.
DANIEL
00:18:17
Der ist nicht spanisch.
SOLVEIG
00:18:17
Das ist ein spanischer Name. Und ich kann kein Spanisch, deswegen kann ich mir diesen Namen leider nicht so gut merken. Das ist der Maler Luis Ricardo Falero.
DANIEL
00:18:31
Das ist aber trotzdem doch glaubwürdig ausgesprochen.
SOLVEIG
00:18:34
Ich weiß nicht, ich sprach mal Spanisch.
DANIEL
00:18:36
Also für mich, der nicht Spanisch spricht.
SOLVEIG
00:18:38
Und dieser Luis Ricardo Falero hat sehr viele Gemälde gemalt, 1880, wo er junge, sehr üppige, nackte Frauen gemalt hat, die auf Besen reiten und Ziegen anfassen und auch sich gegenseitig anfassen.
DANIEL
00:19:01
Die fassen Ziegen an? Die fassen Ziegen an. Jetzt bitte neue Aspekte dieses Thema reinbringen. Ich dachte, das wäre jetzt eher egal.
SOLVEIG
00:19:13
Und es sind sehr schöne Bilder. Ich glaube, für die Zeit, die wurden nicht öffentlich gezeigt, weil die Damen doch sehr nackt sind.
DANIEL
00:19:23
Für wen hat der die gemalt?
SOLVEIG
00:19:26
Das weiß ich nicht, ob die bestellt sind oder ob er die in Eigeninitiative gemalt hat. Die werden dann wahrscheinlich schon in Privatgalerien gehangen haben oder bei ihm gehangen haben. Aber die sind nicht im Salon offen gezeigt worden. Zumindest soweit ich das weiß.
DANIEL
00:19:44
Und irgendwelche Herren für den Tabak-Portwein-Abend.
SOLVEIG
00:19:51
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die im Salon hängen. Aber man kann es sich mal angucken.
DANIEL
00:19:57
Früher haben sich doch auch die nackten Damen aus der griechischen Mythologie aufgehangen.
SOLVEIG
00:20:02
Ja, aber auch im Privatkabinett tatsächlich. Die wurden nicht neben dem Familienporträt aufgehangen. Das war dann eher der eine sagt zum anderen, pass mal auf, ich habe hier was. Und dann wurde der Vorhang aufgezogen. Und dann wurde geguckt und dann wurde der Vorhang wieder zugemacht.
DANIEL
00:20:23
Aber es passt von der Zeit ein bisschen, weil ich auch gefragt habe, warum könnte das sein und ich dann irgendwie an Umweltbewegte dachte. Da ist ja auch Reformbewegung und so. Vielleicht hat das auch mit Nacktheit und überhaupt...
SOLVEIG
00:20:36
Das kann gut sein, aber ich bin mir da nicht so sicher. Ich würde eher in eine andere Bewegung gehen, die aber auch... Auch die designt, das ist natürlich völlig legitim.
DANIEL
00:20:47
Spontane Eingebungen.
SOLVEIG
00:20:48
Das ist hier nicht gewünscht, Daniel. Wo sind wir denn?
DANIEL
00:20:52
Was ist denn jetzt mit dem Maler da?
SOLVEIG
00:20:54
Nichts ist mit dem Maler. Ich wollte ihn nur einbringen, weil er so schöne Bilder gemacht hat. An deren Anblick.
DANIEL
00:20:59
Aber ich darf hier nichts einbringen. Also der hat zum ersten Mal schöne Frauen draus gemacht, aus den Hexen.
SOLVEIG
00:21:07
Zumindest soweit ich das sehen kann.
DANIEL
00:21:13
Aber wenn doch die Bilder nie veröffentlicht wurden. Also er ist jetzt nicht derjenige, der hat aus den Hexen schöne Frauen gemacht, dann haben sich alle seine Bilder angeguckt und plötzlich hat sich irgendwie das Bild verändert.
SOLVEIG
00:21:22
Genau. Was ich hinaus möchte ist, es gibt schon vor dem 20. Jahrhundert Menschen, die sich Hexen als schöne, junge, sexuell anziehende Personen vorstellen. Das ist nicht im Jahr 2000 mit einmal passiert, sondern es gab es vorher auch schon immer wieder mal. Aber was wir eben zwar sehen können im Jahr 2000, dass sich diese Vorstellung komplett verändert. Dass es jetzt eben nicht mehr junge, nackte Frauen sind, die auf Besen reiten und Ziegenböcke anfassen. Sondern dass es sich jetzt komplett verändert hat und dass die Idee der Weiblichkeit als kraftspendend im Vordergrund steht. Charmed, diese Schwestern haben ja ihre Fähigkeiten, weil sie Frauen sind. Und eben das kommt. Und ich, meiner Meinung nach, ihr würde da die Ursprünge in der zweiten feministischen Bewegung sehen. Die eben in den 70ern, 80ern und den 90ern. Und das Beste von heute. Fühlt sich so ein bisschen, als ob man da Musik anmoderiert. Als sich bewegt hat, als aufgekommen ist. Und sich da eben auch politisch eingesetzt hat. Und in dieser Zeit finden wir eben, dass diese Ideen von Hexentum und überhaupt von Spiritualität eben sehr verbreitet ist. Das sind jetzt nicht die Feministinnen, die damit anfangen. Das haben wir vorher auch schon. Aber gerade so auch durch die Hippie-Bewegung, durch die New Age-Bewegung in den 1960ern, wird das alles so angestoßen. Es kommen jetzt ganz viele ostasiatische Ideen von Spiritualismus nach Europa und in die USA, die eben auch von diesen Bewegungen aufgegriffen werden und auch Ideen des Neuheidentums werden jetzt aufgenommen. Das Neuheidentum ist eine Bewegung oder eine Organisation, eine Vorstellung, Strömung, Idee, These, was man möchte dazu sagen möchte, die schon im 19. Jahrhundert aufkommt und auch tatsächlich was mit den Gebrüdern Grippen zu tun hat. Zum bisschen zumindest, zum Teil. Das ist nämlich die Idee, die eben aufkommt, dass sich Menschen zurückbesinnen auf die früheren Zeiten und Ideen aufnehmen, dass man aus Mythen und Legenden, die noch im 19. Jahrhundert vorhanden sind, meint, man könnte damit alte Religionen rekonstruieren. Dadurch, dass wir die Arthus-Mythen haben, oder das Nibelungenlied haben, hat man die Idee, daraus könnte man die germanische Religion rekonstruieren. Arthus geht auch in die Kirche.
DANIEL
00:24:38
Aber da ist ja noch Merlin, da ist ja noch was in den alten Sachen drin. Du bist doch gar nicht so blöd.
SOLVEIG
00:24:43
Es ist nicht so blöd. Das ist gerade auch wieder Jakob Grimm, der das 1835 in seiner deutschen Mythologie auch schreibt. Ich bin da eben vorsichtiger, weil...
DANIEL
00:24:55
Aber irgendwoher kommen doch diese Ideen oder diese ganzen...
SOLVEIG
00:24:58
Ja, aber ich würde jetzt schon behaupten, dass eben Geschichten, die wir so aus dem 11. und 12. Jahrhundert vorliegen haben, voll christianisiert, dass sich dadurch keinen Wotankult rekonstruieren kann. Sondern man kann natürlich schon gewisse Traditionen daraus ablesen, aber was man meiner Meinung nach da klar daraus lesen kann, ist, dass Menschen sich schon immer gerne Geschichten erzählt haben und diese Geschichten sich in den Jahrhunderten verändert haben und weiterentwickelt wurden. Aber ich bin da eben sehr, sehr vorsichtig drin, da irgendwelche religiösen Rituale daraus abzulesen. Gerade weil auch eben diese Ideen, wie sie dann im 1900s aufkamen, politisch stark instrumentalisiert wurden. Von wem natürlich? Daniel? Da sind natürlich die. Und eben gerade diese Germanen-Vorstellung. Also das ist im 19. Jahrhundert ganz groß, dass man eben meint, aus allem Alten irgendwie Germanen schälen zu können. Und das wird passiert eben auch mit dem Hexenglauben. Und da haben wir dann eben auch einen Jakob Grimm, der sagt, Hexen, das waren keine alten, hässlichen Frauen. Obwohl er dieses Bild mit kreiert hat, by the way.
DANIEL
00:26:22
Und danach hat er sich das anders überlegt.
SOLVEIG
00:26:23
Danach scheint er sich anders überlegt zu haben. Wir waren ja 20 Jahre zwischen. Und er ist dann eben der Meinung, dass diese Hexen ursprünglich in einer germanischen Vorzeit weise Frauen gewesen seien, die heidnisches Wissen in sich getragen hätten. Und deswegen von der Hexenverfolgung in der frühen Neuzeit.
DANIEL
00:26:51
Aber das wäre jetzt tatsächlich so mein modernes Bild von Hexe gewesen. Also so naturverbunden, irgendwie homöopathisch, Frauen natürlich, klar. Und weise, gut, mehr mal weniger. Hast du da Verbindung zu den Bewegungen heutzutage? Okay, aber das hat er dann auch schon so?
SOLVEIG
00:27:16
Ja, also er hat zumindest als Möglichkeit artikuliert, dass wir darin eben keinen christlichen Aberglauben zu sehen haben, sondern eben diese germanischen Priesterschaften. Und das, kann man sich jetzt natürlich vorstellen, ist gerade auch in den 70ern, 80ern, 90ern von Feministinnen, nicht von allen, aber von feministischen Gruppen, die eben eher spirituell, esoterisch inspiriert waren, natürlich mit großer Begeisterung aufgenommen worden, weil auch diese neuheidnischen Gruppen so ein weibliches Prinzip vertreten haben. Also wenn wir jetzt gucken, das Christentum ist ja doch sehr männlich. Also wir haben ein, ja, ein kleines bisschen. Ja, aber wir haben einen männlichen Gott, wir haben männliche Priester.
DANIEL
00:28:05
Du sollst dir doch kein Bildnis machen.
SOLVEIG
00:28:14
Und wir sind jetzt natürlich in den 70ern und 80ern, ich versuch das nicht immer so komisch zu sagen, aber es lässt sich irgendwie nicht unterbinden.
DANIEL
00:28:22
Wo sind wir jetzt?
SOLVEIG
00:28:24
Wir sind in den 70ern, 80ern und 90ern. Es ist eine Zeit auch von sozialem Widerstand und wir haben sehr viele, ja, das nennt sich eben so Counterculture, also Gegenkulturen, beispielsweise die Punks bilden so eine Gegenkultur zu dieser Mehrheitsgesellschaft, die eben als sehr bieder, als sehr, ja, wie ist denn jetzt das Wort, spießbürgerlich wahrgenommen wird und die Punks sind dann eben die, die sich wild anziehen und Drogen nehmen und unterwegs sind auf der Straße.
DANIEL
00:28:56
Aber das gibt es doch in jeder Generation, oder? Die Alten immer bieder und die Jungen sind immer irgendwie dagegen.
SOLVEIG
00:29:01
Das stimmt schon, aber gerade in den 70ern, wenn ich so zurückdenke, das war schon, finde ich, schon krass. Also da gibt es wirklich sehr viel Bewegung. Und die Feministinnen sehen sich eben auch in dieser Gegenkultur, dass sie so ein Gegenbild schaffen wollen zu der Mehrheitsgesellschaft. Und da nimmt man sowas natürlich gerne auf, dieses weibliche Prinzip und sagt, ja, wir haben aber einen Glauben, der einen weiblichen Gott beinhaltet, weibliche Priester beinhaltet. Im Gegensatz zu dem, dass das Christentum in der Kirche zelebriert, zelebrieren wir in der Natur. Und man sieht eben, dass es da eigentlich sehr stark gespiegelt ist. Und da wird diese Idee von den Hexen aufgenommen, dass man da jetzt eben so einen historischen Ansatz hat. Also dieses Denken wird so in so eine Vorvergangenheit projiziert. Früher war alles besser. Früher waren die Menschen in Frieden und Einheit gelebt. Und die schlechter waren gleichberechtigt.
DANIEL
00:30:04
Wann war das denn?
SOLVEIG
00:30:05
Ja, bevor das Christentum kam. Und dann kamen die Christen und das Patriarchat. Und alles wurde schlecht. Und ich finde jetzt, das klingt jetzt ein bisschen herablassend, das soll es gar nicht sein. Also ich finde die Ideen schon ganz schön, dieser Gedanke auch, dass man sich spirituell ausrichtet, dass man da diese Gegenkultur schafft. Was mich daran stört, ist, dass man das in so eine Vorvergangheit projiziert. Dass man sagt, das war früher schon so, und dann kamen die Christen, dann war alles schlecht. Weil das sich weder historisch noch archäologisch nachweisen lässt, dass es so was gab wie diesen Mutter-Gottheits-Kult, wie das dann vertreten wird. Beziehungsweise, das waren keine monotheistischen Kulte, es gab viele Götter. Davon war dann vielleicht eine Göttin so eine Mutter-Gottheit. Genau, das finden wir auch in der griechischen Mythologie und in der ägyptischen Mythologie. Deswegen ist es halt so ein bisschen schwierig, dann immer zu sagen, ja, früher gab es das aber, und da war alles schön. Da wir jetzt so viel vom Popkultur gesprochen haben, habe ich noch ein Beispiel mitgebracht, wo man diesen nämlich sehr schön sehen kann, wie diese spirituellen Feministinnen sich das vorgestellt haben. Denn es ist in den 80ern ein Buch erschienen namens Die Nebel von Avalon.
DANIEL
00:31:32
Boah, das ist dick. Das ist sehr dick. Aber ich glaube, es gehört zu den wenigen Büchern, die ich tatsächlich mal durchgelesen habe.
SOLVEIG
00:31:42
Ich muss gestehen, ich habe es nicht gelesen. Ich habe aber den Film gesehen.
DANIEL
00:31:48
Das geht natürlich schneller.
SOLVEIG
00:31:50
Das geht schneller. Der Film ist aber auch schon lang.
DANIEL
00:31:52
Ich kann jetzt aber auch nicht behaupten, dass ich mir noch viel erinnern könnte von diesem Buch. Außer, dass da Frauen eine große Rolle spielen.
SOLVEIG
00:31:57
Zauberinnen, das fand ich irgendwie cool. Das Buch ist 1982 erschienen. Und der Film ist 2000. Ich glaube, gedreht worden. Und 2001 kam er dann ins Fernsehen. Das war ein Fernsehfilm, ein Zweiteiler. Und Die Nebel von Avalon ist dahingehend so beeinflusst, oder interessant und hat das Fantasy-Genre an sich beeinflusst. Da wir hier eine Neuerzählung der Arthussage finden. Das ist nicht neu, das haben viele gemacht. Auch Disney hat das nicht neu. Und was hier aber neu ist, dass die Arthussage aus der Perspektive der weiblichen Figuren erzählt wird. Und das ist auch insgesamt, soweit ich informiert bin, fürs Fantasygenre ganz neu gewesen, dass wir wirklich eine Geschichte aus der Perspektive eines weiblichen Charakters haben.
DANIEL
00:32:51
Merlin hat da nicht so eine große Rolle gespielt, ne? Das fand ich, glaub ich, scheiße, weil die Magie stand schon. Also wenn da Merlin nicht drin vorkommt, weil in dem Film ist er so toll.
SOLVEIG
00:33:01
Merlin hat sehr viele Verfilmungen bekommen. Kannst du einmal abgeben. Das ist das erste Mal, dass eine weibliche Autorin weibliche Charaktere schafft für ein weibliches Publikum. Wenn wir uns das Fantasy-Genre angucken, das war doch sehr männlich dominiert. Männliche Autoren schreiben männliche Charaktere für ein männliches Publikum. Durch jetzt den Einfluss und auch den Erfolg, den Marion Zimmer Bradley hatte durch ihre Werke, auch ihre Schwägerin Diana Pexen hat in diesem Genre viel geschrieben, hat er schon Türen geöffnet für weibliche Autoren. Jetzt kann man natürlich sagen, Ursula K. Le Guin hat ja vorher schon geschrieben als Autorin für ein Publikum. Die hat aber erst später weibliche Autoren geschaffen, ihre weiblichen Charaktere geschaffen. Das erste Buch, das sie geschrieben hat, in ihrem Erdseezyklus war auch ein männlicher Charakter, der eine typisch männliche Geschichte erlebt. Und es waren auch typisch männliche Leser, die das dann rezipiert haben. Von daher sollte man meiner Meinung nach wirklich nicht unterschätzen, welchen Einfluss diese Autorinnen hatten. Vielleicht muss ich es doch erwähnen, wenn ich jetzt Marion Zimmer Bradley so hochhebe als große Veränderin des Fantasy-Genres, dass sie nicht ganz umstritten ist. Als Autorin schon, aber als Privatperson sind da doch einige Dinge in den letzten Jahren ans Licht gekommen, die sie dann doch in ein etwas düsteres Licht stellen. Denn Marion Zimmer Bradley ist 1999 verstorben an einem Herzinfarkt. Und 15 Jahre später, 2014, hat sich dann ihre Tochter dazu geäußert, dass sie von ihrer Mutter, zwischen dem sie 3 und 12 Jahre alt war, sexuell missbraucht worden ist. Also das wirft natürlich so einen Schatten auf das Lebenswerk von Marion Zimmer Bradley. Ich will das eigentlich wieder nicht zu sagen. Ich will das nicht bewerten. Das steht mir nicht zu. Man muss dann eben jeder und jede dann selbst entscheiden, ob man diese Autorin dann noch rezipieren möchte oder nicht. Aber trotzdem finde ich, muss man ihr eben doch zuschreiben, wie einflussreich sie für das Genre war. Damit kommen wir zu Die Nebel von Avalon. Denn die große Änderung dort, was da in dieser Geschichte passiert, ist, dass wir eben Morgane Lefebvre...
DANIEL
00:35:34
Ich erinnere mich, da gab es irgendwie so eine große Zauberin.
SOLVEIG
00:35:37
Genau, das ist so die böse Zauberin, die Gegenspielerin von Marilyn.
DANIEL
00:35:41
Ist Zauberin jetzt eigentlich das Gleiche wie Hexe? Oder gibt es da Differenzsicherungen?
SOLVEIG
00:35:45
Das kommt immer so nach Interpretation. Ich würde das gleich nehmen. Da wird in den Quellen so gesehen kein Unterschied gemacht. Aber Zauberin und Hexe stehen dann immer so nebeneinander.
DANIEL
00:35:57
Für mich wäre das jetzt so ein negativ-positiv-Trend.
SOLVEIG
00:36:00
Ja, ich glaube, das ist eine Rezeptionsgeschichte, dass Hexe eben so ein verbrammtes Wort war.
DANIEL
00:36:08
Verbrammt im wahrsten Sinne.
SOLVEIG
00:36:10
Oh Gott, das war mir gar nicht bewusst. Dass er dann sagt, der Zauberer, das ist der Gute, und die Hexe ist die Böse. Und wenn wir dann eine gute Hexe haben, das ist eine Zauberin. Und das wird dann eben jetzt gedreht. Morgane Le Fay ist jetzt nicht mehr die böse Hexe, sondern sie ist eine Priesterin einer Muttergottheit, die auch keinen Namen hat. Also ähnlich wie der christliche Gott keinen Namen hat, hat auch diese Muttergottheit keinen Namen. Sie wird immer nur die Mutter genannt oder die große Göttin. Dieser Göttin hängt sie eben als Priesterin an, wie die Herren vom See. Auch die Herren vom See ist kein mythologisches Wesen mehr, das im See lauert, um König Arthus Excalibur zu weisen. Die Herren vom See ist die hohe Priesterin dieses Göttinnen-Kultes. In der 2001-Verfilmung gespielt von Angelika Houston. Sein Name, der sich so durchzieht. Durch unser kleines Gespräch. Die hatte einen Run in den 90ern, das so Zauber. Ich finde es wunderbar. Sie hat auch die Mottisha Adams in der Adams Family gespielt. Auf jeden Fall sehen wir hier diese Interpretation, dass es sich eben nicht um eine böse Zauberin handelt oder um magische Wesen, sondern um Priesterinnen eines Muttergottheit-Kultes. Die Nebel von Avalon nimmt eben auch diese Geschichte nicht und setzt sie in das hochmittelalterliche Setting, wo sie eigentlich hingehört. Denn die Arthussage ist im 11. Jahrhundert prominent geworden in Großbritannien. Sondern setzt sie in die nachrömische, vorangelsächsische Zeit. Also in die Zeit, wo die Sachsen und Angeln kommen.
DANIEL
00:38:08
Ich dachte, der ist immer so zwischen den Römern und dem neuen England.
SOLVEIG
00:38:13
Ja, das sind eben so auch wieder Deutungen, wir können Legenden nehmen und darin...
DANIEL
00:38:18
Aber das ist doch das Schöne. Was ist jetzt das Problem damit, dass du da hast?
SOLVEIG
00:38:21
Ja, ich finde, die Argumente überzeugen mich halt immer nicht, wenn es dann kommt. Also es wird dann tatsächlich gesagt, dass Arthus auf einen römischen Legionär zurückgeht. Und ja, möglicherweise, aber ich finde, das spricht immer so den Leuten die Kreativität ab. Weil immer so gemeint wird, das muss alles in den historischen Kontext gegeben haben, weil die Leute sich nicht selbst Geschichten ausdenken konnten.
DANIEL
00:38:43
Nee, ich glaube, das ist eher so. Ich würde mir halt auch wünschen, wenn ich so eine Geschichte, ist ja klar, ich lese so eine Geschichte über König Arthus. Das ist schon ein wesentlicher Teil davon, sich vorstellen zu können. Das ist vielleicht jetzt von Disney neu gedacht oder von einer Romanautorin irgendwie nochmal neu gesettet worden. Aber ich möchte trotzdem irgendwie so diese Vorstellung haben, behalten. Den hat es halt wirklich gegeben. Und da ist irgendwie auch ein Stück Überlieferung mit drin. Oder sagst du jetzt definitiv, König Arthus gab es nie?
SOLVEIG
00:39:17
Oh Gott, da setze ich mich jetzt aber wahrscheinlich Kritik aus.
DANIEL
00:39:20
Also du glaubst nicht an König Arthus.
SOLVEIG
00:39:24
Ich glaube nicht an König Arthus. Also ich meine, es sagt ja auch niemand, dass es Harry Potter wirklich gegeben hat.
DANIEL
00:39:29
Das ist jetzt aber ein weit hergeholter Vergleich, Entschuldigung. Außerdem sprechen wir jetzt komischerweise über zwei Männer, wo wir doch eigentlich bei der Zauberin waren.
SOLVEIG
00:39:36
Sie kommen so ein bisschen vom Thema ab. Ja, also es ist halt immer so die Frage, ich frage mich immer, wie sinnvoll es ist, eben herauszugucken, ob wir historische Vorbilder von diesen Legenden finden können. Oder inwieweit uns das historisch gesehen weiterbringt.
DANIEL
00:39:58
Das heißt, du möchtest uns zu den historischen Hexen führen?
SOLVEIG
00:40:02
Ja, ein bisschen. Ich möchte gerne nochmal den Punkt abstimmen, wie sagen sie, wir gehen einfach weiter zu den historischen Hexen. Ich hab eine gefunden. Es gibt tatsächlich Hexen und die können tatsächlich Schadenszauber ausüben und wir müssen dagegen was tun.