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Dein Geschichtspodcast mit Daniel und Solveig

FG014 - Inquisition | Ketzer sind Vegetarier!

23.11.2022 51 min

Zusammenfassung & Show Notes

Über Jahrhunderte verbreitete die Inquisition Angst und Schrecken und heute lassen Folter- und Inquisitionsmuseen die Herzen von Touristen höher schlagen. Jedenfalls ist Daniel einigen dieser Museen während seines Urlaubs in Spanien begegnet. Die hat Daniel nicht besucht. Dafür stand er auf der Plaza Mayor in Madrid und erinnerte sich an das Hochzeits-Autodafé von König Karl II. Diesen König haben Daniel und Solveig einst in der Folge über das glückliche Österreich gewürdigt.
Aber warum gab es die Inquisition und war sie wirklich so schlimm?
In der heutigen Folge setzen sich Daniel und Solveig zusammen und sprechen über die Entstehung der Inquisition. Dafür klären wir zunächst, gegen wen sie sich richtete und welche Kompetenzen sie besaß. 
 Dafür spielen die Wörter Häresie und Ketzerei eine entscheidende Rolle. Das sind gängige Bezeichnungen für Meinungen, die nicht mit der offiziellen Lehre der römischen Kirche übereinstimmen.
Dabei gab es eigentlich schon von Anfang an Streit unter Christen, was denn jetzt der richtige - wahre - Glaube sei. Wir sprechen kurz über den Arianismus und über die Miaphysiten. Wir erleben die Spaltung von Ost- und Westkirche und wie Papst Innozenz III. zweimal erfolglose Kreuzzüge anzettelt. Sein Hauptfeind waren die Katharer, von denen das Wort Ketzer überhaupt kommt. Eigentlich waren die eine Reformbewegung von vielen in der Kirche, aber leider nicht so anpassungsfähig wie ihre Kollegen um Franz von Assisi. Dieses Problem hatte auch Petrus Valdes, der Begründer der Waldenser.
Einige Jahrzehnte nach dem Albigenserkreuzzug und der Einnahme ihrer letzten Burg sind die Katharer dann doch wieder verschwunden, während es die Waldenser tatsächlich immer noch gibt!

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#Mittelalter #Frankreich #Rom #Kirchengeschichte #Katharer #Waldenser #Kreuzzug #Papst

Transkript

DANIEL
00:00:00
Ich würde sagen, ich mach jetzt noch mal stilecht Kerze an. Mit dem Feuerzeug... Ich glaube, akustisch hätte ein Streichholz mehr hergegeben, aber ich konnte keins finden. Aber ich finde es passend als Einleitung für das heutige Thema. Ich freue mich darauf, Feuer zu entzünden, an den wir uns wärmen können in der voradventlichen Zeit, dass die Kerze hier in unsere Mitte brennen soll. Ich freue mich, dass wir zusammensitzen am Anfang des, ganz Beginn des Advent. Die Kerze ist entzündet.
SOLVEIG
00:01:03
Aber heute ist schon der erste Schnee, also.
DANIEL
00:01:05
Genau, die ersten Flöckchen, auch bescheiden, aber immerhin. Also sehr stemmungsvoll, unsere Zusammenkunft hier und bald wird es uns noch ganz braum ums Herz werden.
SOLVEIG
00:01:16
Wir haben ein ganz heimeliges Thema uns ausgesucht heute.
DANIEL
00:01:20
Ich freue mich sehr darauf und vor allem ist auch ein bisschen inspirierend oder ich wurde ein bisschen inspiriert durch den Urlaub, den ich jüngst verbrachte in Spanien. Und dort traf man doch öfter auf Plakate, die davon kündeten, dass es hier eine Inquisition gegeben habe und ich konnte mir dort oder ich hätte, ich habe es nicht gemacht, aber ich hätte mir dort, ich glaube in jeder Stadt gab es ein Inquisitionsmuseum und ich konnte mir, hätte mir die Folterinstrumente dieser menschenfeindlichen Organisation anschauen können.
SOLVEIG
00:01:55
Vor allem hast du auch die Verursacher dieser menschenverachtenden Institution dir angeguckt.
DANIEL
00:02:00
Du meinst die katholischen Könige? Ja, ich stand an ihren Gräbern. Ich stand nicht nur an deren Gräbern, sondern auch an dem ihrer Kinder bzw. Schwiegerkinder, nämlich über die wir mal gesprochen haben, ganz früh in unserem Podcast. Das war die Folge 2, glaube ich, 3, nach den Hexen.
SOLVEIG
00:02:21
Stimmt, ja.
DANIEL
00:02:22
Genau, das war unser erstes Lieblingsthema direkt nach den Hexen, nämlich die Österreicher, die so glücklich waren zu heiraten, statt Kriege zu führen.
SOLVEIG
00:02:29
Ja, mit den Hexen hat es ja auch irgendwie was zusammen. Also es kommt alles zusammen.
DANIEL
00:02:34
Die Österreicher kommen wieder, die Hexen kommen wieder und alle finden sich in Spanien. Und wenn ihr euch erinnert an diese Folge, da ist ja eigentlich so meine persönliche Lieblingshochzeit, die von dem verhexten Karl II mit dem dann die österreichische Linie in Spanien endet, der sich ja zur Hochzeit sozusagen ein Autodafé gönnt. Ich bin schon sehr gespannt darauf, mehr darüber zu erfahren, wie das genau funktioniert hat. Aber apropos Urlaub, auch auf diesem Platz in Madrid, Plaza Mayor habe ich gestanden, wo dieses Hochzeits-Autodafé stattgefunden hat und habe mir auch in Prado das Gemälde angeschaut dazu. Das verlinken wir später noch in den Show Notes, wenn wir da sowieso darüber reden noch mal. Wir haben da, nennt ihr Österreich Folge, glaube ich, das Gemälde erwähnt haben. Es ist ein riesiges Gemälde, das genau dieses Autodafé zeigt, mit tausenden Figuren darauf.
SOLVEIG
00:03:27
Ich dachte, das hätten wir da schon verlinkt, aber dann verlängt man es halt noch mal.
DANIEL
00:03:30
Das kostet ja kein Geld. Das passt ja auch besser.
SOLVEIG
00:03:35
Also, was haben die da angerechnet? Jetzt machst du natürlich allen schon den Wundwessig.
DANIEL
00:03:38
Brennen sollen sie. Entzünde die Feuer, Solveig.
SOLVEIG
00:03:41
Aber die spanische Inquisition ist tatsächlich nur ein kleiner Teil, den ich vorbereite.
DANIEL
00:03:46
Es war klar, dass Solveig alles kaputt macht.
SOLVEIG
00:03:48
Ich mache alles kaputt, weil mir geht es ja mehr um die mittelalterische Inquisition.
DANIEL
00:03:52
Das war auch klar, außer Mittelalter gibt es ja überhaupt gar nichts.
SOLVEIG
00:03:57
Die spanische Inquisition ist tatsächlich noch mal etwas ganz Eigenes und Spezielles. Das heißt, wenn zum Schluss die Zeit noch reichen sollte. Ich bitte dich, dann zwinge ich dich zu einer zweiten Folge. Wir können da gerne auch noch mal in einer zweiten Folge ausführlich drüber sprechen. Aber ich fand es eigentlich wichtiger, überhaupt erst mal über das Thema Inquisition zu sprechen, bevor wir gleich mit dem Ding einsteigen. Deswegen wollte ich heute eigentlich erst mal ausführlich über Inquisition sprechen. Warum gibt es die Inquisition und worum kümmern die sich eigentlich? Weil bei den Spaniern ist alles ein bisschen anders schon. Also das ist alles ein bisschen anders.
DANIEL
00:04:30
Aber da geht es auch um, also die kümmern sich doch um die Ungläubige. Ja, aber auch ganz bestimmte Ungläubige.
SOLVEIG
00:04:35
Ja, aber vor allem um ganz bestimmte Ungläubige, das ist nochmal ein eigenes Thema.
DANIEL
00:04:40
Okay, mach doch was davon.
SOLVEIG
00:04:42
Also wir fangen jetzt einfach mal an und dann kommen wir, wir kommen noch zu den Spaniern. Weißt du denn, was Häresie eigentlich meint?
DANIEL
00:04:52
Irgendetwas, was nicht im Einklang mit der einen heiligen katholischen und apostolischen Kirche steht.
SOLVEIG
00:04:57
Genau, das leitet sich aus dem griechischen ab und meint erstmal nur so, dass es halt Irrlehre ist oder ganz wörtlich übersetzt, ja meint es so falsche Wahl. Falsch entschieden bei dem Überlegen von Glaubenssätzen. Und das Gegenteil von Häresie ist, weißt du das, was könnte das sein? Ja, das ist dann die Orthodoxie. Das ist halt alles, hat immer so Gegenbegriffe. Und was man auch mal klar machen muss für manche, vielleicht nicht für unsere Zuschauer, oder Zuhörer, wir haben keine Zuschauer. Vielleicht irgendwann. Irgendwann streamen wir das auch mal wieder, dass Heidentum und Ketzerei nicht dasselbe ist. Das wird nämlich immer gerne so zusammengeworfen.
DANIEL
00:05:45
Achso, ja, die Heiden, die sind ja die sozusagen, die von Christus noch nie was gehört haben, dem man das überhaupt erst beibringen muss. Und die Ketzer sind die, die es eigentlich besser wissen müssten.
SOLVEIG
00:05:55
Genau, die sich…
DANIEL
00:05:55
Und dann aber sich falsch entscheiden.
SOLVEIG
00:05:57
Ja, sich falsch entscheiden. Also das heißt, man muss eben klar, Heidentum oder Heiden sind außerhalb der Kirche, da muss man eben anders mit denen umgehen und Ketzer sind innerhalb der Kirche und müssen dann eben innerhalb der Kirche ausgelöscht werden oder bekämpft werden. Und was ich auch immer ganz wichtig finde, nochmal dazu zu sagen, ist, dass es Häresie eigentlich von Anfang an gibt in der Kirche. Mein Lieblingsbeispiel ist da immer der Arius. Kennst du den Arius und seine Arianer?
DANIEL
00:06:24
Von Arianern habe ich schon mal gehört, aber ich könnte dir jetzt nicht sagen, was der Arius genau gemacht hat, obwohl ich da noch mal in so ein Büchlein reingeschlinzt habe vor ein paar Tagen. Und ich weiß, dass der da auch darüber geschrieben hatte, aber ich habe es schon wieder vergessen.
SOLVEIG
00:06:39
Ich finde das halt so spannend, weil das ist eben in der Frühkirche. Wir sind jetzt im vierten Jahrhundert, also das Christentum ist noch nicht mal richtig legitim quasi. Und die sind jetzt schon am Streiten, was eigentlich richtig ist. Und das ist eben wahnsinnig spannend, wenn man sich das anguckt, weil man so ein bisschen auch so denkt, na ja, vielleicht so, ja, Urchristentum, die sitzen alle in ihren Häusern und beten zusammen. Ja, oder in den Katakomben, wie auch immer. Und das ist alles schön und lieb und einfach, die machen das ganz, ganz easy.
DANIEL
00:07:10
Das ist die schöne Liebe, die wird auch ständig gejagt.
SOLVEIG
00:07:12
Ja, aber in ihren Praktiken sind sie, sehen sich alle Brüder und Schwestern und das ist alles sehr schön. So, das ist am Anfang vielleicht auch tatsächlich so gewesen, aber irgendwann erreichen diese Diskurse die Bibliothek von Alexandria und da wird es auf einmal sehr, sehr verkopft. Weil man merkt, jetzt sitzen die ganzen Akademiker in Alexandria da und denken da mal drüber nach über das Christentum, weil man hat ein großes Problem im Christentum.
DANIEL
00:07:38
Was soll das für ein Problem?
SOLVEIG
00:07:39
Naja, weil wir sind ja eigentlich monotheistischer Glaube.
DANIEL
00:07:43
Ach so, aber jetzt haben wir da den ursprünglichen Gott und jetzt ist Jesus auch noch da. Und das war die Frage, ob Jesus jetzt Gott oder Mensch ist oder beides, oder wer er da war.
SOLVEIG
00:07:54
Genau, das ist nämlich diese große Diskussion, die Arius da so ein bisschen lostritt, also man weiß nicht so richtig, wann er geboren ist, bei den meisten, aber der ist so nach 325 geboren. Und er ist so der Erste, der eben sagt, naja, wie steht denn jetzt eigentlich Christus und Gott, wie stehen die zueinander? Weil man eben sagt, naja, es ist jetzt halt irgendwie blöd, eigentlich dürfen wir ja nur einen Gott haben und jetzt ist ja aber Christus noch da. Und er sagt eben, naja, eigentlich müsste Christus so als jetzt ganz grob vereinfacht, ja als kleinerer Gott in Anführungszeichen gesehen werden, weil er ja von Gott Vater erschaffen wurde und damit nachträglich quasi geschaffen wurde. Also das heißt, wir haben hier eine Hierarchie. Gott ist mächtiger als Christus, weil Gott Christus geschaffen hat. Das sagt der Arius. Und damit haben wir eine Hierarchie und damit haben wir keinen Monotheismus mehr, wenn wir sagen, der eine Gott ist mächtiger als der andere Gott. Und nicht mehr das eine selbe. Und das ist so ein bisschen eben dieses Thema, wie steht eben Christus und Gott zueinander. Und dieser Streit wird auch geführt und dann haben wir 100 Jahre später das Konzept von Schalke-Don 451. Und da einigt man sich mittlerweile und sagt eben, dass Christus zwei Naturen hat, eine göttliche Natur und eine menschliche Natur. So, jetzt ist aber die Diskussion, ja okay, diese menschliche Natur, die kriegt er durch Maria, das ist jetzt irgendwie klar, das ist auch gar kein Problem. Aber diese Göttlichkeit, wo kommt die her? Ist die geschaffen worden, als Christus geboren wurde, hat Gott das quasi von sich abgetrennt? Und dadurch wären wir wieder bei Arius und wir haben wieder die Hierarchie. Oder hat Gott schon immer diesen kleinen Nukleus von Christus in sich drin gehabt? Dann ginge das, aber das ist halt irgendwie, wenn man sich das anguckt, das ist hochkompliziert, das ist wahnsinnig komplex und das finde ich eben so spannend, sich das bewusst zu machen, wie Nerdi, die eigentlich schon da sind und darüber diskutieren, weil sie das eben versuchen, irgendwie in diesen Monotheismus hineinzubringen, was halt nicht funktioniert. Und sie hauen das dann da irgendwie rein. Und dass das halt nicht so alle zufriedenstellt, merken wir daran, dass sich eben diese zwei Naturen lehre oder wird dann eben gesagt, also Christus hat diese zwei Naturen, dann kommen die Stimmen, die sagen, na ja, aber wie sollen wir uns das jetzt vorstellen? Also vermischen sich das miteinander? Haben wir wieder das Problem, wir haben einen kleineren Gott, weil das Göttliche vermischt sich mit dem Menschlichen, wird dadurch weniger. Oder hat er den göttlichen Teil in sich drin, so sein Kopf ist göttlich und seine Füße sind menschlich? Wie hat man sich das vorstellen können? Und in Chalkedun wird dann eben gesagt, er hat diese zwei Naturen und die sind unvermischt und ungetrennt. Und er hat mir gesagt, so und jetzt ist Schluss und jetzt hören wir auf, darüber zu reden. Und da haben wir dann die Miya-Physiten, die sagen, nö, wir wollen da weiterhin drüber reden, weil es gibt alles keinen Sinn, wie das ist unvermischt und ungetrennt. Und die spalten sich dann ab und das sind die ersten, ja das ist im Grunde die armenische Kirche, geht darauf zurück, also das sind die ersten, die sich abspalten im fünften Jahrhundert.
DANIEL
00:11:09
Das sind jetzt aber nicht die Arianer?
SOLVEIG
00:11:10
Nee, nee, nee, das ist die armenische Kirche, die Arianer werden dann gleich verboten. Also das eben mit, genau, mit Chalkedon wird hier eine Lösung gefunden, es wird gesagt, nein, das steht unvermischt, ungetrennt nebeneinander, Christus ist die Göttlichkeit, in Christus ist genau, ist das Göttliche von Gott und wir hören jetzt auf, darüber zu reden. Nächstes Thema, also das möchte ich mir eben, weil ich das eben an sich, es ist wahnsinnig spannend, es ist super kompliziert, aber es zeigt halt, dass es von Anfang an in der Kirche Diskussion gegeben hat, dass Diskussionen möglich gewesen sind und dass man da sich auch austauscht und irgendwie versucht, eine Lösung zu finden, die nicht unbedingt alle annehmen, also die Armenier gehen dann raus, nur eben, um das dann auch das spätere Vorgehen so ein bisschen verständlich zu machen. Wir sind jetzt noch im fünften Jahrhundert.
DANIEL
00:12:03
Aber da ist jetzt auch noch nicht so, dass Rom irgendwie das A und O ist, aus dem jetzt die endgültige Entscheidung verkündet wird oder so.
SOLVEIG
00:12:10
Nee, also noch sind wir halt wirklich, also das Papsttum gibt es noch nicht. Wir sind jetzt ganz klar auch in dieser frühen Kirche, wo der Synodale Weg ist.
DANIEL
00:12:18
Aber was heißt der Synodale Weg? Ist sehr aktuell für die, die es verfolgen. Ist auch in Rom nicht so populär, der Synodale Weg. Was wollte ich sagen, ich wollte sagen, um 500, 5. Jahrhundert, da ist es ja schon im römischen Reich Staatskirche. Also das ist ja schon sozusagen eine Autorität, die da in Frage gestellt wird, wenn ich jetzt irgendwie was anderes behaupte, als das, was im Namen des Kaisers vermittelt, oder wer auch immer da gerade.
SOLVEIG
00:12:47
Ja, und das ist eben auch, also den Papst gibt es noch nicht, aber der Kaiser, das ist eben der oströmische Kaiser jetzt, der ist da auch sehr einflussreich am Anfang noch, also der sitzt da auch immer bei. Es gibt aber eben noch nicht diese Hierarchie in der Kirche, wie wir das auch heute kennen, wie das dann auch später im Mittelalter kommt, aber es sind jetzt eben einfach alle Bischöfe, die kommen dann nach Chalkedon oder nach Nikea, und da diskutieren die und sprechen, und das wird dann eigentlich auch immer unter der Oberherrschaft des Kaisers eingeführt. Also der Kaiser ist hier auch noch, und das wird er auch in der oströmischen Kirche eigentlich bleiben, bis es ihn nicht mehr gibt, Oberhaupt auch der Kirche. Das ist eben auch so der Unterschied zwischen der orthodoxen Kirche, dann der griechisch-orthodoxen Kirche, und der römisch-katholischen Kirche später. Also wir da noch einen Kaiser haben, der sehr, sehr mächtig ist, der ja auch den Patriarchen noch einsetzt. Und das ist dann eben auch die Entwicklung. Wir haben in dieser frühen Kirche auch noch die Patriarchen. Also es gibt nicht den Papst, sondern es gibt fünf Patriarchen. Das sind eben die mächtigsten Diözesen, das ist dann der Patriarch von Konstantinopel, von Rom, von Antiochia, von Jerusalem und von Alexandria. Und die gehen dann halt zum Teil verloren durch die arabische Expansion, sodass wir dann nachher nur noch Konstantinopel und Rom haben. Und die mögen sich dann irgendwann auch nicht mehr. Und dann haben wir nur noch den Papst bei uns im Westen, der sich dann auch Papst nennt und nicht mehr Patriarch. So, aber das geht ein bisschen vom Thema weg. Wir gehen jetzt im Grunde ins Hochmittelalter, nämlich zu den Hetzern überhaupt.
DANIEL
00:14:17
Das ist aber ein großer Sprung.
SOLVEIG
00:14:18
Ja, es war ja noch so ein bisschen ein, du möchtest doch noch zur spanischen Inquisition kommen.
DANIEL
00:14:22
Du bist jetzt aber nicht so, Wahnsinn, das ist so ein Hopping, meine Güte.
SOLVEIG
00:14:25
Nee, aber das ist jetzt tatsächlich der nächste große.
DANIEL
00:14:27
Und dazwischen war auch relativ Ruhe, glaube ich. Also nachdem das dann irgendwie einmal erledigt ist, einmal entschieden ist, nachdem es irgendwie Staatskirche wird und hier die Konzilien da, die früher abgehalten wurden, danach ist erst mal Ruhe. Da gibt es irgendwie keine Gruppen mehr, die andere Meinungen vertreten.
SOLVEIG
00:14:48
Also es gibt nicht mehr diese großen Gruppen, die haben dann im Grunde ein bisschen andere Probleme.
DANIEL
00:14:52
Also es geht dann, glaube ich, rüber in die Mission, das ist dann das Entscheidende. Am Anfang, glaube ich, kloppen sie sich untereinander. Das ist jetzt das Richtige. Und dann ist die nächste Stufe so, Karl der Große, jetzt die Sachsen, jetzt bringen wir den anderen das bei, worauf wir uns geeinigt haben.
SOLVEIG
00:15:08
Obwohl, auch bei Karl dem Großen war das, glaube ich, auch die Sachsen-Mission eher eine Legitimierung für ihn. Aber das ist immer so die Frage, wie weit dann da die Kirche, und damit meinen wir dann eben wieder, die Kurie in Rom dahinter stand und das befürwortet hat und gefordert hat. Das ist dann auch immer noch mal so ein anderes Thema. Aber tatsächlich...
DANIEL
00:15:27
Ich glaube, es gibt einen anderen Fokus, einen anderen Schwerpunkt.
SOLVEIG
00:15:30
Genau, also...
DANIEL
00:15:30
Da war mal ein Kreuzzug und gegen die ganz Ungläubigen kämpfen.
SOLVEIG
00:15:34
Also ja, beziehungsweise, genau, das steht dann auch im Zusammenhang mit der arabischen Expansion, weil Jerusalem verloren geht und man sagt, wir müssen das wiederbekommen und deswegen gehen wir dahin. Oder auch Karl der Große, der dann in Roncesvalles ist. Kannst du doch nicht aussprechen, immer diese spanischen Orte. Da hat er auch gegen die Muslime eben gekämpft. Also diese arabische Expansion ist eben das große Thema. Man hat eben am Anfang diese vielen Konzilien oder Synoden, Nikea I, II, Chalcedon I, II und so weiter, Ephesos und überall. Merkt man eben auch, wo die stattfinden. Das ist alles in der Nähe von Konstantinopel. Und danach haben wir eben die arabische Expansion, die dann irgendwie Thema wird. Und dann im 12. Jahrhundert haben wir einfach den Streit zwischen der orthodoxen Kirche und der römischen Kirche, also zwischen Konstantinopel und Rom, die mögen sich nicht mehr aus bestimmten Gründen. Zum einen, weil die griechischen Priester alle Bärte tragen. Man muss rasiert sein. Dann gibt es auch noch den Streit um das ungesäuerte Brot zu Eucharistie und das gesäuerte Brot. Und ich glaube, die Griechen essen das Gesäuerte und die Lateiner wollen das Ungesäuerte.
DANIEL
00:16:55
Also ganz viele Formalitäten.
SOLVEIG
00:16:56
Ganz viele Formalitäten, also die einfach ablassen.
DANIEL
00:16:58
Und dann ein Punkt von dieser Dreieinigkeit, die du nämlich nicht angesprochen hast. Du hast ganz viel von Vater und Sohn gesprochen, aber da ist ja noch der dritte, der Heilige Geist. Genau, der Heilige Geist. Und da war nämlich auch noch die Frage, woher kommt der denn jetzt? Und das ist bei der, sozusagen der alten Kirche, geht er von Gott, Vater aus. Aber in der westlichen Kirche wurde es sozusagen dann ergänzt. Um das, wie heißt es denn noch? Das Filioque, wie konnte ich das noch vergessen? Das sind jetzt meine Lieblingswörter. Das Filioque, also auch von dem Sohn. Also der vom Vater und dem Sohn ausgeht.
SOLVEIG
00:17:29
Das haben die Griechen nicht anerkannt.
DANIEL
00:17:31
Das haben die Griechen nicht anerkannt. Und da haben sie gesagt, nee, jetzt reicht es.
SOLVEIG
00:17:34
Dann haben sie sich, ich glaube, 1197 oder 49. Ne, 49 oder 47. Also in den 1140ern. Ich glaube, erst hat der Lateiner den Patriarchen exkommuniziert. Und damit hatten wir dann auch zwei Konfessionen im Grunde schon. Und jetzt gehen wir im Grunde ins 12. Jahrhundert, sind wir immer noch drin. Weil parallel eben zu diesem Streit um das Filioque haben wir jetzt gewisse Gruppen, die sich formieren. Und das ist eben auch so bestimmen für das nächste Jahrhundert, gerade für das 13. Jahrhundert. Und da kommen wir jetzt zu den wirklichen, zu den Ketzern. Zu den richtigen Ketzern, da leidet nicht unser Wort Ketzer von ab. Nämlich zu den Katharern.
DANIEL
00:18:26
Katharern, woher kommen die, wo sind die, was machen die? Das sind die, die schwarze Messen feiern auf ihren Burgen und Kinder töten und Satan anbeten.
SOLVEIG
00:18:38
Das mit diesen Katharern ist so eine Sache. Es gibt tatsächlich Wissenschaftler, die sagen, die Katharer hätte es gar nicht gegeben. Das war eine Erfindung der Kirche, um eben die Inquisition durchzubringen und ihre Macht durchzudrücken. Soweit würde ich nicht gehen. Ich würde schon sagen, dass es die gab. Aber das große Problem ist hier einfach, dass die Katharer selbst keine Texte hinterlassen haben. Und alle Texte, die wir über Katharer haben, sind von der Kirche oder von Mitgliedern der Kirche verfasst worden. Und auch dieser Begriff Katharer, das leitet sich vom griechischen Kateros ab, was Rhein bedeutet. Auch da dieser Begriff ist eigentlich gar nicht deren Selbstbezeichnung. Also das haben dann eben auch wieder Kleriker gesagt, die nennen sich so, aber man weiß gar nicht, ob die sich wirklich so genannt haben. Ja, also das ist quellentechnisch alles sehr, sehr schwierig mit diesen Katharern.
DANIEL
00:19:30
Da muss man vielleicht auch noch sagen, wir haben ja damals beim Gang nach Canossa, eine wunderbare Folge, wo Solveig am Anfang selbst einen Gang nach Canossa hinlegen musste, da geht es ja auch da viel um Missstände in der Kirche und um Reformbewegungen. Und in dem Kontext steht das doch, glaube ich, auch mit diesen Katharern, dass es eine von mehreren Gruppen ist, die sagen, so wie ihr das macht, läuft es falsch. Und wir müssen den Demut und Armut, unser Dasein, fristen, am besten auch noch ehelos und kein Sex haben und so weiter. Und das ist doch so eine radikale Reformbewegung, wenn der Kirche einfach so weit geht.
SOLVEIG
00:20:04
Genau, also das ist eben das, was ich meine, da kommen wir gleich auch zu, warum das, also das, was ich meine, das 13. Jahrhundert ist davon bestimmt, weil wir eben diese genau, diese Missstände von vielen verschiedenen Gruppen haben. Und manchen gelingt es eben, sich mit der Kirche zu arrangieren und anderen eben nicht. Und diese Katharer sind somit die am bekanntesten, wahrscheinlich auch am lautesten und auch am erfolgreichsten gewesen, die sich aber von der katholischen Kirche, also eben von der lateinischen, römischen Kirche komplett auch abgewendet haben. Und man weiß auch nicht so richtig, wo die hinherkommen. Es gibt eben diese Vermutung, dass die aus dieser Bogomilen-Strömung kommen. Die Bogomilen waren so eben, ja, die gab es ab dem zehnten Jahrhundert in Bulgarien, die eben auch schon so eine eigene Form von Christentum hatten. Eventuell, es ist alles sehr, sehr vage, inspiriert vom Manichäismus aus Persien.
DANIEL
00:20:58
Ich glaube, du bist jetzt sehr speziell.
SOLVEIG
00:21:00
Genau, aber, genau, das ist ja, deswegen, wir fassen das jetzt nur ganz grob zusammen. Und dieser Manichäismus ist dadurch eben spannend. Und deswegen kommt diese Idee, weil die so eben dualistisch arbeitet. Also man hat einen guten Gott und man hat einen bösen Gott. Der gute Gott ist eben das Licht und der böse Gott ist die Dunkelheit.
DANIEL
00:21:16
Und das klingt auch nicht so offiziell kirchlich.
SOLVEIG
00:21:20
Genau, das ist eben aus dem Manichäismus übernommen. Und das haben die Katharer auch. Und das überlegt man, ob das vielleicht von diesen Bogomilen inspiriert wurde. Die lehnen auch die Sakramente ab. Vor allem auch die Taufe lehnen die ab. Und die sind halt wirklich sehr, sehr extrem. Und das ist auch schon nicht mehr einfach nur, wir nehmen nicht an der Eucharistie teil oder so, sondern die sagen wirklich, wir lehnen im Grunde alles ab, wofür die Kirche steht, was die Kirche tut. Die lehnen vor allem das Geld ab. Das ist jetzt dieses große Thema eben im 12. und 13. Jahrhundert, was alle auch ausmacht, das Geld. Die Kirche ist zu reich geworden, die hat zu viel Land erwirtschaftet. Das ist eine Kritik, die von vielen kommt. Die Katharer lehnen Geld grundsätzlich ab. Sie lehnen den Verzehr von allem ab, was Fleisch besitzt.
DANIEL
00:22:18
Vegetarischer Kommunisten?
SOLVEIG
00:22:19
Ja, vegan eher. Sie lehnen alles ab, was aus dem Geschlechtsverkehr hervorgegangen ist. Das heißt, sie essen kein Fleisch, keine Milch, keinen Käse, keine Eier.
DANIEL
00:22:31
Auch eine interessante Definition.
SOLVEIG
00:22:34
Aber Fische essen sie, weil Fische haben keinen Sex. Dann verzichten sie eben nicht nur auf die Ehe, sondern verzichten vollständig auf Geschlechtsverkehr, weil sie eben sagen…
DANIEL
00:22:48
Dann müsste sich das Problem doch nach einer Generation von alleine erledigt haben. Aber das gilt natürlich nur für die Führungsregel.
SOLVEIG
00:22:56
Ja, es gilt für die Führungsregel.
DANIEL
00:22:57
Die einfachen Menschen, die haben dann einfache Regeln. Genau.
SOLVEIG
00:22:59
Und da sie ja auch nicht alle Menschen zum Katharismus bekehren, kommen ja immer neue Menschen nach. Das ist so, ist halt das Problem. Also sie lehnen eben Geschlechtsverkehr vollständig ab. Und es hat damit zu tun, da kommen wir wieder zu diesem Dualismus, dass sie eben sagen, es gibt eben zwei Götter, und der gute Gott hat den Geist geschaffen und der böse Gott hat den Körper geschaffen.
DANIEL
00:23:21
Das klingt jetzt aber schon wieder katholisch.
SOLVEIG
00:23:23
Genau, das geht irgendwie so ein bisschen auf Augustinus zurück, der ja auch von diesen zwei Sphären des Lebens gesprochen hat. Haben wir ja auch in der Welt verkörpert, da hatten wir glaube ich bei Canossa darüber gesprochen, dass sie eben diese Idee haben, der Papst beschützt die Seelen und der Kaiser beschützt den Körper. Also diese Vorstellung, dass wir quasi zwei Dinge haben, einmal unsere Seele und einmal unseren Körper, das ist einfach in der Zeit auch Neu-Usus. Und deswegen, nun da kommen, setzen die Katharer sagen ein, es gibt keine Hölle in dem Sinn nach unserem Tod, wir leben schon in der Hölle. Und es ist das Ziel eben, uns von diesen ganzen körperlichen, fleischlichen Bedürfnissen zu lösen, um eben unseren Geist zu reinigen und dann kommen wir zu Gott.
DANIEL
00:24:03
Und dabei hilft ja dann ein reinigendes Feuer.
SOLVEIG
00:24:06
Ja, was halt auch noch ein Thema ist, sie lehnen halt die Kirche komplett ab. Und nicht nur so, wir gehen da nicht hin, sondern die werden dann tatsächlich auch angegeben, so zumindest sagen das die die Kleriker selber. In ihren Predigen sprechen sie halt von der Hure Babylon, wie das in der Apokalypse steht, oder dem Vibe mit dem Tier und den sieben Köpfen. Und das wird dann eben gesagt, das ist dieses apokalyptische Weib, das ist die römische Kirche. Und die müssen wir vernichten, weil das ist eben, also das ist nicht nur, wir sind anderer Meinung als die römische Kirche, sondern man spricht ihnen offen die Autorität ab und sagt offen, ihr dient dem Teufel und nicht Gott, wie ihr das sagt. Und sie haben dann eben auch eigene Sakramente. Und da kommen wir dann eben zu, es gibt nämlich diese Perfecti.
DANIEL
00:24:53
Wie, sie haben jetzt erst mal, lehnen sie Sakramente ab, und dann machen sie eigene?
SOLVEIG
00:24:56
Ja, weil das sind ja die Sakramente von der bösen Kirche. Und jetzt haben sie ihre eigenen Sakramente. Ja, dann legen sie die Hand auf.
DANIEL
00:25:04
Das macht doch die richtige Kirche auch.
SOLVEIG
00:25:06
Das Consolamentum nennt sie das. Und es gibt eben diese, wo du meintest, die vollkommenen, die Perfecti, das sind dann die, die wirklich auf all diese Dinge achten. Also die kein Fleisch mehr essen, die keinen Geschlechtsverkehr mehr haben, etc. Und angeblich sollen die dann auch sich nur noch schwarz gekleidet haben. Aber wenn die verfolgt werden, ist es irgendwie seltsam, sich speziell erkennbar zu machen in der Kleidung.
DANIEL
00:25:30
Wird die nicht von Anfang an verfolgt?
SOLVEIG
00:25:33
Ja, doch eigentlich schon recht schnell. Und die können dann eben Hand auflegen. Also die bringen dann dieses Consolamentum. Ja, das ist die Tröstung quasi übersetzt. Also die legen und dann erlösen sie deine Seele.
DANIEL
00:25:49
Also eigentlich ist es Beichte. So was wie freigesprochen von deinen Sünden.
SOLVEIG
00:25:53
Ja, irgendwie. Also es ist halt irgendwie auch immer so. Also das ist ja halt dieses Problem. Die haben nicht selber aufgeschrieben, was sie tun und warum sie es tun und was sie sich dabei denken. Nein, das ist halt alles nicht da. Und wir haben eben nur die Texte von Kirchenmännern, die dann eben schreiben, was die Katharer tun und warum das so schlecht ist und böse ist. Und die beschreiben halt dieses Consolamentum, dass die dann eben wirklich auch beichten und Rechenschaft ablegen. Und dann bekommen sie das. Und ich glaube, durch dieses Consolamentum werden sie dann selbst auch zu Perfecti. Also dann müssen die auch aufhören, all diese Dinge zu tun. Und es gibt es dann halt manchmal, dass die, die dann rufen, wenn die Menschen kurz vorm Tod sind, dass sie dann so auf den letzten Meter noch mal zu Perfecti gemacht werden und dann sterben und dann haben sie direkt zurück. So ein bisschen wie letzte Ölung nur. Das ist halt nicht das Sakrament, dass sie... Darf halt nicht so heißen. So, also das sind eben die Katharer. Die sind sehr, sehr erfolgreich in Südfrankreich.
DANIEL
00:26:53
Das ist ja auch irgendwie, ich kann mich erinnern, dass wir, als es um Hexen ging, da ging es auch um eine französische Sprache.
SOLVEIG
00:26:58
Ja, ja, das sind die Franzosen und Italiener, was sagst du?
DANIEL
00:27:01
Und ich glaube, bis Süddeutschland sind sie auch noch gekommen. Und die Kronaragon musste sich auch mit denen absetzen. Also ein bisschen nach Spanien rein, mit der Wehr entlang, überall.
SOLVEIG
00:27:10
Es wird halt so erklärt, dass die Katharer und auch die Waldenser, zu denen kommen wir sofort, das sind halt einfach städtische Organisationen, die funktionieren in den Städten. Und in Südfrankreich und auch in Norditalien, das sind so die Hochburgen der Katharer, sind halt viele Städte. Und deswegen sind die da. Das hat jetzt nichts damit zu tun, dass die Franzosen nicht so gläubig sind und die Deutschen so viel gläubiger. Ja, das waren die auch. Also das ist eben da.
DANIEL
00:27:40
Aber nur im Süden, oder? In Köln gab es doch jetzt keine Katharer.
SOLVEIG
00:27:43
Ja, in Köln gab es, na Moment, lass mich den Gedanken zu Ende bringen. Aber im Südwesten sind die. Und im Südwesten hatten wir eben die großen Städte. Also so. Und in Köln hatten wir angeblich Luziferaner. Da ist man sich wirklich nicht sicher, ob es die gab. Also da ist die Vermutung eher, dass die erfunden wurden. Weil das sind so die, die auch, wenn man den Namen der Rose gelesen hat, da wird dann irgendwie auch erzählt von so einem Luziferaner-Kult, die dann da Kinder schlachten und sich dann in Orgien dem Teufel hingeben und so weiter. Und das wurde eben den Luziferanern auch nachgesagt.
DANIEL
00:28:18
Ja.
SOLVEIG
00:28:21
Ja, also das ist wirklich so aufgeladen, wo man wirklich denkt, da hat sich irgend einer was ausgedacht. Und es ist ja auch interessant, die gleichen Geschichten wurden ja für die frühen Christen am Anfang auch noch erzählt, dass sie da ihren Gott irgendwelche sexuellen Orgien feiern und irgendwie einen Esel anbeten würden und so.
DANIEL
00:28:37
Stimmt es auch, die Katharer da in Süd- und Südfrankreich, auch wenn man sich das immer schon so als einen zentral organisierten quasi Nationalstaat vorstellt, also als ein Frankreich im Gegensatz zu uns jetzt hier. So eins ist es ja da auch noch nicht. Da gibt es ja noch die englischen Territorien. Da gibt es noch diese Grafschaften und das ist ja der Graf von Toulouse, Raimund, glaube ich, oder wie heißt der? Das ist sozusagen so ein Schutzherr.
SOLVEIG
00:29:04
Ja genau, da kommen wir jetzt sofort. Ich wollte jetzt nur noch mal kurz über die Waldenser sprechen, weil die gibt es parallel und die Waldenser sind so ein bisschen anders. Und dann kommen wir nämlich zu Raimund und dem Schutz, den er eventuell nicht gegeben hat. Also es gibt eben die Katharer in der Zeit und parallel entwickeln sich die Waldenser. Und die Waldenser sind halt so so spannend, weil die gibt es heute noch. Ach. Ja, die Katharer nicht. Und die Waldenser leiten sich ab vom Namen her. Es gab Petrus Valdes, der ist 1218 wahrscheinlich gestorben. Und der war Kaufmann in Lyon, in Südfrankreich. Wo auch sonst. Der hat sich dann irgendwann dazu entschieden, all sein weltliches Gut zu verschenken, seinen Kaufmannsladen aufzugeben und umherzuziehen und zu predigen. Erinnert das dich vielleicht an irgendeinen anderen?
DANIEL
00:29:57
Ich glaube, es gab einen Franz in Assisi, der auch aus einer wohl situierten Familie stammte und sich mit seiner Familie überworfen hat, weil er jetzt dachte oder eben träumte es, er müsse eine Kirche wieder aufbauen.
SOLVEIG
00:30:09
Genau, und das finde ich eben auch, es ist so spannend. Deswegen, also dieses 13. Jahrhundert ist halt auch dieses Jahrhundert, wo sich eben diese Wanderprediger und auch diese, ja diese Bettelorden formieren.
DANIEL
00:30:19
Das heißt, die Waldenser, wer kennt sie nicht, das ist noch ein berühmter Bettelorden.
SOLVEIG
00:30:22
Ja, nee, nicht leider nicht, weil, und das ist nämlich die Krux. Petrus Valdes schafft es nämlich nicht, sich mit der Kirche gut zu tun, Franz von Assisi schon.
DANIEL
00:30:33
Der kriegt irgendwann die Kurve.
SOLVEIG
00:30:34
Der kriegt die Kurve, auch mit Mühe und Not, und da geht auch viel hin und her. Petrus Valdes schafft es eben wirklich nicht. Und der Grund daran, warum? Weil Petrus Valdes die Idee hat, jeder Mensch darf predigen, auch die Frauen. Ja, und das hat die Kirche nicht akzeptiert.
DANIEL
00:30:56
Da musst du auch ein Problem gehabt haben.
SOLVEIG
00:31:01
Das ist im Grunde der einzige wirkliche Unterschied, den ich zumindest feststellen konnte. Vielleicht habe ich auch was überlesen, dann kann man mich gerne berichtigen. Der, der es unterscheidet, was Petrus Valdes so erzählt, so dem, was Franz von Assisi erzählt. Ansonsten, auch Petrus Valdes sagt, wir müssen auf persönlichen Besitz verzichten, wir müssen predigen, wir müssen das Wort an die Menschen heranbringen, wir müssen umherziehen durch die Städte. Also all das Gleiche, nur dass eben Valdes sagt, die Frauen dürfen es auch. Und das macht Franz von Assisi nicht. Also da haben wir ja auch die Clara. Aber die Clara darf nicht predigen. Die Clara wird dann im Kloster untergebracht. Und schreibt da ihre Regel. Also eben die Franziskanerinnen sitzen wieder, wie alle Nonnen im Kloster und beten dort.
DANIEL
00:31:48
Die Franziskaner sozusagen umherziehen.
SOLVEIG
00:31:51
Genau, das ist auch die große Neuerung dieser Bewegung, dass wir jetzt eben diese umherziehenden Prediger haben, die nicht mehr im Kloster sitzen und dort beten und arbeiten, wie noch von Benedikt gewollt. Sondern jetzt im 13. Jahrhundert oder im späten 12. Jahrhundert formieren sich eben diese Wanderprediger und das scheint wirklich auch so ein Bedürfnis in der Bevölkerung gewesen zu sein. Also wir haben diese Renovatio-Gedanken, die Kirche ist zu weit weg, die Kirche ist zu reich, sie ist zu weit weg von uns. Viele Leute haben eben das Bedürfnis, irgendwie spirituell erbaut zu werden. Und das funktioniert dann, das nutzen dann eben Franz von Assisi nicht aus, aber sie wollen eben dieses Bedürfnis stellen. Und deswegen haben wahrscheinlich auch die Katharer so viel Erfolg in der Zeit, weil auch sie kommen und predigen. Und jetzt kommt noch, bzw. ja, wir bleiben erst mal in Südfrankreich, nach Spanien gehen wir später.
DANIEL
00:32:44
Aber ich muss vielleicht auch nochmal wieder betonen, so ist es ja auch, also so wie der Valdes jetzt, genauso wie Franz von Assisi, das sind ja auch wieder so Reformbewegungen, mit denen die Kirche sich auseinandersetzen muss. Und der eine war halt irgendwie ein bisschen kooperativer, und der andere irgendwie verbohrt.
SOLVEIG
00:32:59
Ja, der andere nicht. Und genau, das habe ich vergessen, wir haben da nämlich 1183 das Dritte Laterankonzil. Und da wird dann eben auch klar von der Kirche wieder gesagt als Synode, was erlaubt ist, was es nicht erlaubt. Also man setzt sich mit diesen Ideen auseinander, und man sagt, Petrus Valdes spricht sogar davor und darf sich rechtfertigen, darf das erzählen. Und sie sagen eben, du hast ja schon gute Ideen, aber das und das ist nicht okay. Er sagt aber, ich will das aber so. Also exkommunizieren sie ihn. Weil sie sagen, ja, aber wir haben das überlegt und wir haben das als Falsche wahrgenommen. Also wieder dieser, wir setzen uns zusammen, wir diskutieren, was richtig und was falsch ist, und entweder akzeptierst du, dass das, was du glaubst, falsch ist, oder du musst halt gehen. Und er sagt, er akzeptiert es nicht und er wird eben exkommuniziert. Und damit werden eben auch seine Waldenser zu einer häretischen Strömung erklärt. Also dieses Häresie ist auch immer dieses, das liest man dann auch in den Quellen, was eigentlich die Kirche so stört oder was sie ihnen so vorwerfen, ist immer so, ja, die Sturheit oder die Halsstarrigkeit wird dann das immer benannt. Also dass sie nicht einsehen, dass sie falsch waren, dass sie einen Fehler gemacht haben.
DANIEL
00:34:12
Das ist ja auf der kirchlichen Seite ganz anders.
SOLVEIG
00:34:15
Sie haben ja Recht. Und das ist eben auch immer ganz interessant. Also es ist gar nicht das Problem quasi, dass du eine Idee aufbringst und die halt falsch ist, sondern dass du es halt da nicht einsiehst, dass sie falsch war. Das finde ich eben die Argumentation ganz spannend. So und jetzt gehen wir nach Toulouse zu diesem Grafen. Denn 1209 haben wir einen sehr berühmten und auch sehr einflussreichen Papst an der Macht, nämlich Innozenz III. Er ist 1198 Papst geworden. Ich glaube mit Anfang 30. Also der ist richtig engagiert, der hat Bock. Und er versetzt auch viel durch. Also das, was wir dann später auch die päpstliche Kurie nennen, das wird unter ihm aufgebaut. Also er baut wirklich diese Institution auf, er baut auch den Kirchenstaat auf. Aber mit den Kreuzzügen hat er nicht so viel Erfolg. Also 12.4 ruft er den halt aus, den vierten Kreuzzug.
DANIEL
00:35:15
Ich dachte, das ist das schon.
SOLVEIG
00:35:16
Nee, nee, der läuft halt nur komplett schief. Anstatt nach Jerusalem. Nee, die Venezianer sind die, die ja plündern.
DANIEL
00:35:26
Also so rum, die Venezianer plündern Konstantinopel und machen eigentlich schon mal alles platt, damit das dann erobert werden kann.
SOLVEIG
00:35:30
Ja, also das Problem war da so ein bisschen, ich komme ja auch wieder vom Thema ab, aber die Venezianer hatten Bock auf Kreuzzug.
DANIEL
00:35:37
Die hatten richtig Bock auf Kreuzzug. Die hatten Bock, die Konkurrenz plattzumachen.
SOLVEIG
00:35:41
Ja, und die hatten sehr, sehr viele Schiffe gebaut. Jetzt hatten aber die Adligen in Europa nicht mehr so Bock auf Kreuzzug. Und es kamen nicht so viele, es haben nicht so viele Leute am Kreuzzug teilgenommen, wie Venedig Schiffe gebaut hat. Und die hatten halt gedacht, wir bauen jetzt Schiffe, wir fahren die rüber, die bezahlen uns dafür und damit machen wir richtig viel Geld. Ja, und das war halt eine Fehlinvestition. Und dann haben sie sich überlegt, wie kriegen wir das Geld denn jetzt wieder rein? Und da hatten sie sich überlegt, in Constantinopel haben die gerade einen Thronstreit und der wirklich legitime Herrscher machte ihnen ein Angebot und sagte, hey, helft mir auf den Thron. Und wenn wir das gemacht haben, wie heißt es, die Schatzkammern in Constantinopel sind groß gefüllt, ich gebe euch Geld und dann sind wir alle glücklich. So, jetzt kommen die Kreuzfahrer, plündern unterwegs schonmal Zahra, weil er liegt auf dem Weg, kommen dann in Constantinopel an und stellen dann fest, da sind keine Schatzkammern mehr, die man plündern kann. Jetzt hat sich der, ich glaube, Alexios hieß er, sich halt verkalkuliert und anstatt ihn jetzt auf den Thron zu setzen, sagen sie, naja, wir haben ja die Stadt für dich erobert, nicht wahr? Ja, dann behalten wir sie doch einfach. Und die Kreuzfahrer bleiben, bzw. die Kreuzfahrer bleiben in Constantinopel, vor allem unter Einleitung Venedig, nehmen wahnsinnig viel aus der Stadt heraus, massakrieren die Bevölkerung und richten dann eben auch das kaiserliche, bzw. das lateinische Kaiserreich ein in Constantinopel.
DANIEL
00:37:20
Also damit ist es eigentlich das Original Constantinopel ist da schon?
SOLVEIG
00:37:24
Ja, also es kommen dann, es kommen 60 Jahre später, so knapp kommen dann noch mal die Palaiologen an die Macht, aber...
DANIEL
00:37:29
Wieso sind wir da jetzt drauf?
SOLVEIG
00:37:31
Weiß ich nicht, wegen Innozenz und dem Vierten Kreuzzug, weil der da so ein bisschen Pech mit hat. Und fünf Jahre später, fünf Jahre später denke ich so, der erste, den ich ausgerufen habe, hat schon so gut funktioniert, dann ruf ich doch ein Kreuzzug gegen die Katharer in Südfrankreich aus. Und weil die dort vor allem in Albi saßen, heißen die auch Albigenser. Also wenn man das so liest, manchmal werden die Katharer eben auch Albigenser genannt, das sind einfach die gleichen Leute, heißen eben nur nach diesem Ort. Und deswegen heißt dieser Kreuzzug auch Albigenser Kreuzzug. Und dieser Kreuzzug, der wird einfach...
DANIEL
00:38:04
Der wird aber doch jetzt besser, oder?
SOLVEIG
00:38:06
Ja, der läuft...
DANIEL
00:38:07
Der König von Frankreich, finde ich doch ganz gut.
SOLVEIG
00:38:09
Ja, das läuft super, das dauert nur 20 Jahre. Und nach den 20 Jahren ist nichts passiert und die Katharer sind immer noch da.
DANIEL
00:38:18
Ich dachte aber, der König von Frankreich, der möchte doch nicht da...
SOLVEIG
00:38:20
Mhm, für den König von Frankreich, super. Aber halt nicht für die Leute im Südfrankreich. Denn, ja, also was wir uns klar machen müssen, ist, um das zu verstehen, Frankreich ist zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht so ein zusammenhängendes Reich, wie wir das heute kennen. Beziehungsweise schon, aber es gibt so zwei Nationes, und das muss man jetzt wirklich nach dem mittelalterlichen Verständnis verstehen. Also Nationes meint im lateinischen Sprachen, also Leute, die eine gemeinsame Sprache sprechen, sind eine Nation. Und Frankreich hat zu diesem Zeitpunkt zwei. Im Norden die Picardie, Jean-Luc Picard heißt das so zum Beispiel. Ich weiß, aber ich musste immer dran denken, weil er wahrscheinlich deshalb so genannt wurde. Und im Süden haben wir auch das Occitanien. Und das Occitanische ist eben eine eigene Sprache, das ist eine eigene Kulturregion, die sehr nah am Baskischen ist, die auch sehr, sehr reich ist. Der Minnesang entsteht dort in der occitanischen Kultur. Und jetzt ist es tatsächlich so, dass durch diesen Albigenserkreuzzug diese occitanische Kultur untergeht, die verschwindet, also die stirbt aus. Weil es wird eben 12.9 dieser Kreuzzug ausgerufen und es wird dann allen Kreuzfahrern versprochen, nicht nur, dass sie Ablass bekommen, sondern dass sie auch die eroberten Gebiete als Lehnen erhalten. Und es sind sehr, sehr viele Nordfranzosen oder nordfranzösische Adelige, die an diesem Kreuzzug teilnehmen. Und die nutzen das eben sehr, sehr schnell, um nicht die häretischen Strömungen zu bekämpfen, sondern einfach, um die Landbevölkerung zu massakrieren, um Land zu erobern, um das dann selbst zu haben. Also, die benutzen das zur Machterweiterung. Und dadurch wird eben diese okzitanische, ja, Kulturgesellschaft durch diese pikardische Kultur ausgetauscht. Das ist tatsächlich passiert, das. Das geht ja schon am an sehr, sehr schnell.
DANIEL
00:40:13
Aber warum war das doch gerade, die wären nicht erfolgreich gewesen?
SOLVEIG
00:40:15
Nee, weil, wir kommen dazu, weil am 22. Juli schon, im 12.9. erobern die sehr, sehr viel, also sind sie sehr erfolgreich. Und es kommt zur Eroberung von Béziers. Und Béziers ist so diese große, eine sehr, sehr große Stadt. Und da wird im Grunde die gesamte Bevölkerung abgeschlachtet. Man geht davon aus, dass 20.000 Menschen in der Stadt gelebt haben und dass die alle gestorben oder getötet wurden. Von den Kreuzfahrern.
DANIEL
00:40:40
Aber wer sind diese Kreuzfahrer?
SOLVEIG
00:40:42
Die Kreuzfahrer? Nein, die nicht. Die sitzen jetzt und haben ihre Konstantin. Nee, das sind diese nordfranzösischen Adligen. Die kommen jetzt und wollen eigentlich offiziell halt, heißt es, wir wollen die Katharer besiegen. Und Bezee wird dann eben erobert. Und es soll dann, auch das ist eine Geschichte, die höchstwahrscheinlich nicht passiert ist, aber doch so ein bisschen auch die Stimmung und den Ton dieses Kreuzzugs wiedergeben. Es sollen dann eben Kreuzfahrer gefragt haben, ja, aber es sind ja nicht nur Katharer in der Stadt. Wie sollen wir die denn jetzt trennen? Und da soll der Abt, der das geleitet hat, Armand Armory gesagt haben, ist ein sehr bekanntes Zitat, tötet sie, Gott erkennt diese eine. Und wie gesagt, das hat er sicherlich nicht gesagt, das ist ihm später in den Mund gelegt worden. Das behaupte ich nicht, das sind auch alte Leute.
DANIEL
00:41:35
Du kannst doch dem Mann nicht das schönste Zitat wegnehmen.
SOLVEIG
00:41:39
Ich habe es ihm ja nicht weggenommen, ich habe es ja trotzdem wieder angeführt, obwohl man überall liest, das hat er nicht gesagt, aber ich will es trotzdem bringen, weil es so schön ist.
DANIEL
00:41:46
Das ist ja wie mit, sollen sie doch Kuchen essen.
SOLVEIG
00:41:49
Genau, sollen sie Kuchen essen, hat sie auch nicht gesagt, aber es ist einfach ein schönes Zitat. Wie gesagt, wahrscheinlich hat er es nicht gesagt, aber sie tun genau das. Also sie schlachten einfach alle ab, weil sie denken, ja, was solls. Und dann eben zwei Wochen, oder eine Woche später, am 1. August wird dann Carcassonne erobert. Carcassonne, auch diese große Festung, wo sie dann auch alle nackt aus der Stadt...
DANIEL
00:42:11
Ich kenne nur das Spiel, ich war noch nie da.
SOLVEIG
00:42:12
Es ist sehr schön. Und dann, ja, so bleibt es so stecken wie im ersten Weltkrieg an der Westfront. Man ist erst sehr, sehr erfolgreich und dann bleibt es stecken.
DANIEL
00:42:23
Ihr werft schon, wir werfen heute sehr viele Epochen einfach so zusammen.
SOLVEIG
00:42:26
Denn bis jetzt dauert es zehn Jahre, man versucht immer wieder Toulouse zu erobern und das gelingt nicht.
DANIEL
00:42:32
Da wo der Graf sitzt.
SOLVEIG
00:42:32
Da wo der Graf sitzt. Und jetzt kommen wir auch zu diesem Graf. Also das war eben Raimund VI. Und da ist es eben auch so ein bisschen seltsam, weil man dem das immer unterstellt hat, er würde die Katharer beschützen, er wäre Katharer. Und er hat immer wieder gesagt, nein, ich bin es nicht. Er hat sich da immer wieder verteidigt. Und in dem Zusammenhang, wie dieser Kreuzzug auch verläuft und man merkt eben einfach, dass diese Nordfranzosen einfach Südfrankreich erobern wollen, kann man eben auch vermuten, dass dieser Raimund hier einfach auch ein Bauernopfer wurde. In dem Sinne, man wollte ihn einfach loswerden, man wollte Südfrankreich erobern und hat ihm das einfach unterstellt. Andere sagen, er war wirklich überzeugter Katharer, er hat die wirklich beschützt. Es kann beides gewesen sein. Aber ich finde es immer wichtig, so mitzudenken. Vielleicht war er da auch einfach nur im Weg und man wollte ihn da wegbekommen. Denn auch nachdem er gestorben ist, dann Raimund VII muss sich dann auch unterwerfen und ihm wird dann auch wieder keine Möglichkeit gegeben. Also man versucht die scheinbar da wirklich wegzukriegen. Bis 1219 versucht man das dann. Ab 1220 gelingt es dann den Katharern, in Anführungszeichen, die Orte wieder zurück zu erobern. Die Katharer selbst werden das nicht gemacht haben. Die dürfen das nicht. Aber deren Verbündete, deren Anhänger, die südfranzösischen Adligen, die vielleicht auch einfach ihren Besitz wieder haben wollen. Also die stehen jetzt natürlich auf der Seite der Katharer in dem Sinne, weil sie einfach ihr Land wieder haben möchten. Das geht dann wieder, man bleibt widerstocken. 26 kommt dann der französische König dazu und hat dann in den nächsten drei Jahren sehr, sehr viel Erfolg. Und dann eben nach 20 Jahren andauerndem Krieg gibt es dann diesen Vertrag in Paris, wo sich die Grafen von Toulouse unterwerfen und ihnen wird auch die Grafschaft abgenommen und irgendein Nordfranzose wird dann da reingeschätzt. Also ich hab's jetzt...
DANIEL
00:44:25
Was passiert denn mit Raimund im Sitt?
SOLVEIG
00:44:27
Ich glaub, der muss dann gehen. Das weiß ich jetzt auch nicht so genau. Aber ich hatte das jetzt so, dass ihnen das abgekannt wird, dass da ein anderer reingesetzt wird. Also die Grafen von Toulouse bleiben bestehen, aber die Familie wird ausgetauscht.
DANIEL
00:44:40
Aber es gibt doch diesen einen Berg. Ja, die kenn ich noch, weil ich in den frühen Jahren eine Romanreihe von Peter Berling gelesen habe. Und da ist der erste Band, glaub ich, da geht es darum, dass sie da den Montsegour erobern. Die haben doch länger durchgehalten.
SOLVEIG
00:44:55
Die bis in die 50er haben die das da gehalten. Es gibt auch noch einen anderen Berg, aber den Namen habe ich jetzt vergessen. Das fällt auch vorher noch. Aber der Montsegour ist das letzte und das passiert, glaube ich, zur 54 oder so. Da sind die dann weg. Also die letzten Katharer werden auch erst 1314 oder so in Italien. Ab da sagt man, dann hören die auf. Also die gibt es halt weiter. Deswegen ja, dieser Albigenserkreuzzug dauert 20 Jahre. Man hat ganz Südfrankreich verheert. Das ist alles im Eimer. Man hat einen Machtaustausch durchgeführt.
DANIEL
00:45:27
Das ist nicht das erste und nicht das letzte Mal, dass so etwas stattfindet.
SOLVEIG
00:45:29
Genau, und das ist eben der Punkt, wo man dann auch von der Seite des Papsttums sagt, okay, irgendwie funktioniert das hier nicht. Wir haben jetzt wirklich den Süden von Frankreich komplett zerstört und sie sind immer noch da. Und jetzt...
DANIEL
00:45:41
Aber was meinst du damit, sie sind immer noch da? Die haben alle Bogen platt gemacht von denen?
SOLVEIG
00:45:45
Nee, so scharf haben sie ja nicht. Und die Katharer sind ja, sie sind immer noch in den Städten.
DANIEL
00:45:48
Wir haben doch gerade von Monsegur gesprochen, dass sie da sind.
SOLVEIG
00:45:50
Ja, 54. Wir sind jetzt noch im Jahr 29.
DANIEL
00:45:53
Okay, das sind doch andere Zeitdimensionen damals.
SOLVEIG
00:45:57
Aber trotzdem, man kriegt sie nicht tot. Man hat jetzt die Stadt eingenommen, man hat die ganze Bevölkerung umgebracht. Und in der anderen Stadt sind sie wieder. Ja, die ploppen immer wieder auf. Deswegen hat dann der neue Papst, Gregor IX ist es mittlerweile, die Idee, lass uns doch mal mit den Neuen reden. Genau, und das ist tatsächlich eben die Gründung der Inquisition.
DANIEL
00:46:24
Weil die reden wollen.
SOLVEIG
00:46:25
Weil die reden wollen, tatsächlich. Weil dann man hat eben...
DANIEL
00:46:28
Also die Inquisition, das ist eigentlich Diplomat.
SOLVEIG
00:46:30
Ja, also im Grunde, das ist immer... Aber eigentlich ist es das, es macht die Inquisition das, was unsere Kriminalbeamten heute noch machen. Die kommen und reden erst mal mit den Leuten und sammeln Beweise.
DANIEL
00:46:44
Wo man sich denn gestern Abend schon macht.
SOLVEIG
00:46:47
Und wir kommen nicht einfach hin und kloppen einfach alle nieder und hoffen, dass Gott die sein erkennen wird, sondern wir reden mit den Leuten und geben ihnen eine Chance, sich zu verteidigen. Und das ist eben so ein bisschen die Lektion aus diesem Albigenserkreuzzug und Inquisition.
DANIEL
00:47:01
Jetzt rede ich mir aber doch noch mal, bevor wir hier zu dem Kopf endlich die Feuer entzünden. Die Kerze ist schon langsam hier rausgegangen. Was ist denn jetzt mit diesen Waldensern? Wie haben die denn jetzt überlebt? Und wenn ich die treffen möchte, wo muss ich da hin?
SOLVEIG
00:47:15
Die haben überlebt, indem sie sich dann recht schnell...
DANIEL
00:47:18
Also die Waldenser erinnert euch von dem Kaufmann, von dem nicht Franz von Assisi, der andere.
SOLVEIG
00:47:21
Von dem Peter Valdes. Die haben wahrscheinlich gelernt von den Katharern, dass man irgendwann das doch leise im Untergrund halten muss. Haben das irgendwie auch im Untergrund behalten, haben sich dann der Lutheranischen Kirche angeschlossen. Ach was? Sind jetzt nur ein Zweig oder eine Strömung... Der Reformation.
DANIEL
00:47:42
Teil der Evangelischen Kirche Deutschlands.
SOLVEIG
00:47:44
Ich weiß nicht, ob der... Das kann man ganz normal nachgucken, wie gibt es noch. Sie haben sich eben so ein bisschen in diese reformatorischen Gedanken einsortiert. Weil im Grunde... So, also die Inquisition, das kommt noch mal vielleicht auch da für die Begriffsdefinition. Es kommt eben von inquirere, was lateinisch ist für Nachfragen.
DANIEL
00:48:13
Das hatten wir, glaube ich, auch schon mal in zu unserer Hexen-Folge. Da haben wir ja natürlich... Da kam man nicht dran vorbei. An dieser neuen Institution.
SOLVEIG
00:48:22
Deswegen, also Inquisition klingt natürlich für uns auch immer ganz böse und dunkel. Das hat auch bestimmte Gründe. Teilweise zurecht, teilweise kann man darüber diskutieren. Aber an sich meint Inquisition erst mal nur Nachfragen.
DANIEL
00:48:39
Und da an dieser Stelle würde ich dir vorschlagen, ich frage, ich inquiriere dich einfach beim nächsten Mal, bevor wir jetzt die Inquisition hier schnell abhandeln.
SOLVEIG
00:48:53
Es ist aber nicht mehr so viel.
DANIEL
00:48:56
Bitte, was? Das ist doch jetzt unser Hauptthema. Ich warte seit einer Stunde auf die Inquisition.
SOLVEIG
00:49:02
Aber da kann man jetzt tatsächlich, so viel kann ich dir jetzt dazu gar nicht mehr erzählen. Also, dass ich dir jetzt Inquisitionsverfahren Punkt für Punkt erzähle.
DANIEL
00:49:10
So möchte ich das jetzt hier. Ich möchte, dass wir einen Prozess nachspielen. Ja, ich inquiriere dich das nächste Mal. Damit die Inquisition den Raum bekommt, den sie verdient. Damit alle verstehen, warum das gerechtfertigt ist für den wahren Glauben, dass die niemandem jemals irgendetwas Böses getan haben. Und dafür habt ihr jetzt aber ausführlich von dem erfahren, dass es zu bekämpfen gilt. Und das offenbar sehr widerspenstig ist. Und immer wieder auffloppt. Davon erzählen wir euch einfach nächstes Mal. Und wünschen euch bis hierhin alles Gute. Fordern euch natürlich wieder auf, uns gerne zu bombardieren mit euren Fragen und Kommentaren. Und dazu schreibt ihr uns einfach unter kontakt@flurfunk-geschichte.de. Und ich habe auch im Urlaub ab und zu mal geschlinst in unsere Statistik. Ob uns überhaupt jemand zuhört? Es gibt Menschen, die uns inquirieren, verfolgen. Und wenn ihr das regelmäßig tut, dann abonniert uns doch auch, je nachdem, ob euer Podcast-Anbieter eures Vertrauens das zulässt. Gebt uns Sternchen, gebt uns Herzen. Abonniert uns, damit die entsprechenden Logarithmen uns allen Geschichtsinteressierten auch vorschlagen und mehr Menschen etwas erfahren über die mittelalterlichen Verwirrungen, die Solveig gerade beschrieben hat. Und wir sorgen dafür, dass ihr uns bald wieder hört. Und dann werden wir gemeinsam die Ketzer, Häretiker bekämpfen mit dem Feuer und dem Schwert bei der Befragung.
SOLVEIG
00:50:52
Ich hab tatsächlich nur noch zwei Seiten Notizen.
DANIEL
00:51:03
Ich bin erschüttert. Ich bin absolut erschüttert.
SOLVEIG
00:51:06
Ja, möchtest du mich jetzt abmoderieren?