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Dein Geschichtspodcast mit Daniel und Solveig

FG055 - Glanz und Elend der Aufklärung

12.06.2025 157 min

Zusammenfassung & Show Notes

Schon oft haben wir in unseren Folgen Philosophen der Aufklärung besprochen. Nun nehmen wir uns das ganze Zeitalter vor! Wir diskutieren, was es wirklich bedeutet, aufgeklärt zu sein, und wie viel Licht die Aufklärung tatsächlich in die Dunkelheit des Unwissens gebracht hat. Solveig fasst die zentralen Ideen und Protagonisten der Aufklärung zusammen und beleuchtet die Ambivalenz dieser Epoche, die oft als der Beginn der modernen Welt gefeiert wird. Doch war es wirklich so einfach?

Ein Blick auf die Aufklärer

Wir beginnen mit Immanuel Kant, dessen berühmtes Zitat „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ als Leitfaden dient. Doch was bedeutet das für die Frauen und andere marginalisierte Gruppen dieser Zeit? Solveig zeigt auf, dass die Aufklärung nicht für alle Menschen gleichermaßen gilt und dass Frauen wie Olympe de Gouges und Mary Wollstonecraft gegen die gesellschaftlichen Normen ankämpfen mussten, um ihre Stimmen zu erheben.

Die Schattenseiten der Aufklärung

Wir werfen einen kritischen Blick auf die dunkleren Aspekte der Aufklärung, darunter Rassismus und die Abwertung von Frauen. Die Aufklärer, die sich für Freiheit und Gleichheit einsetzten, schlossen viele Menschen aus ihren Idealen aus. Wir fragen uns, inwieweit die Aufklärung tatsächlich eine positive Wende für die gesamte Menschheit bedeutete und welche Strukturen bis heute bestehen geblieben sind.

Ein Aufruf zur Verantwortung

In dieser Episode wird deutlich, dass die Aufklärung nicht nur eine historische Epoche ist, sondern auch ein fortwährender Prozess, der uns herausfordert, Verantwortung für unsere eigenen Überzeugungen und die Gesellschaft, in der wir leben, zu übernehmen. Wir laden euch ein, mit uns über die Lehren der Aufklärung nachzudenken und darüber, wie wir sie in der heutigen Zeit umsetzen können.

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Transkript

Darf ich es einmal sagen, bitte?
Solveig
00:00:01
Ja.
Daniel
00:00:01
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus einer selbstverschuldeten Unmündigkeit.
Solveig
00:00:08
Sehr gut.
Daniel
00:00:33
Hallo Solveig.
Solveig
00:00:35
Hallo Daniel.
Daniel
00:00:36
Heute ist ein wirklich großartiger, fantastischer Tag. Es ist endlich soweit. Der Moment, auf den viele von euch und ich auch selbst gewartet haben. Der Tag ist da, an dem wir über die Aufklärung sprechen. Solveig vor allem wird über die Aufklärung sprechen. Das Licht endlich wird das Dunkel in der Welt vertreiben, das Dunkel des Nichtwissens, der Bevormundung. Endlich werden die Menschen ihre Rechte erhalten und wir werden feiern, wie unsere moderne, gleichberechtigte Welt entsteht. Aber vorher müssen wir es wahrscheinlich erklären ein bisschen, denn es sind ja doch einige Leute dazugekommen, die gar nicht wissen, was es damit auf sich hat. Wir haben viele, viele, viele Folgen gemacht, in denen irgendwie die Aufklärung bzw. Einzelne Protagonisten der Aufklärung vorkamen und das auf irritierende Weise, die irgendwie nicht dieses Licht verkörperte, dass man sich üblicherweise vorstellt, dass dann endlich die Welt erleuchtet und uns vom Dunkel des Nichtswissens und der Bevormundung befreite. Und dann habe ich Solveig dazu angeregt, du könntest doch mal das alles zusammenfassen und in einer Folge über die Aufklärung alleine mal sprechen, was davon eigentlich zu halten sei und da hat sich Solveig ganz lange immer verweigert und wollte das nicht, weil sie irgendwie sich mit diesen Männern nicht auseinandersetzen wollte.
Solveig
00:02:05
Naja.
Daniel
00:02:05
Ja, naja, du hast dich schon davor gedrückt.
Solveig
00:02:08
Naja, sagen wir es mal so, ich hatte keine Lust, unserem Publikum, irgendwie, wie nennt man jetzt das, das ist der Satz weg, quasi vor die Nase zu hauen. Das ist nicht der richtige Satz, aber von Kopf zu hauen. Weil für mich die Aufklärung nicht so toll und zauberhaft ist.
Daniel
00:02:27
Das drang schon durch in den Einzelbeispielen.
Solveig
00:02:28
Wie für die meisten Menschen, die sich mit Geschichte auseinanderfassen. Und ich dachte mir, man muss jetzt unser Publikum nicht vergraulen. Das ist der Satz, den ich gesagt habe. Und das wollte ich verhindern. Deswegen habe ich gesagt, nein, ich möchte doch unserem Publikum nicht sagen, wie furchtbar das war.
Daniel
00:02:43
Und das wollte sie in der Weise vermeiden, dass sie gesagt hat, ja, vielleicht könnte ich das ja machen, wenn wir bei Instagram 1000 Follower haben.
Solveig
00:02:49
Genau, weil?
Daniel
00:02:51
Weil wir damals noch 200 hatten.
Solveig
00:02:52
Zum einen eine gute Community-Pflege. Zum anderen war das natürlich auch so ein Litmus-Test. Wenn Leute das liken, weil es kam ja schon durch, dass ich es nicht gut finde. Und wenn Leute dann sagen, wir möchten aber hören, was du nicht gut findest ... Kann ich ja unser Publikum nicht vergrauen, weil ich ihnen dann ja genau das gebe, was sie möchten.
Daniel
00:03:11
Trotzdem war die Messlatte schon so hochgesetzt, dass es damals einfach sehr unrealistisch schien, dass wir in den nächsten Jahren irgendwann mal etwas über Aufklärung hören. Und dann sind irgendwie über den letzten Jahreswechsel ganz viele Leute plötzlich dazugekommen, weil sie offenbar ein Reel gesehen haben bei uns und uns da gefolgt sind und plötzlich waren da tausend Leute da.
Solveig
00:03:31
Man muss nur mal Anreize schaffen.
Daniel
00:03:33
Ja, und dann wurdest du quasi überrumpelt und musstest doch jetzt nochmal tiefer in die Literatur vielleicht einsteigen. Und deswegen musstet ihr noch eine Weile warten, weil einfach andere Themen noch jetzt quasi auf der Liste standen, die Solberg vorher noch machen wollte, aber jetzt ist es geschafft. Und dass so etwas möglich ist, das verdanken wir einfach euch, dass ihr uns nämlich gefolgt seid und dass ihr das schon viele von euch seit geraumer Zeit tut und dass nicht nur ihr bei Instagram uns folgt, sondern auch immer wieder uns tatsächlich finanziell unterstützt. Was uns sehr beeindruckt und uns auch tatsächlich hilft, die Kosten, wurde da hingewiesen, man sagt nicht Unkosten, die Kosten, die im Zusammenhang mit der Produktion dieses Podcasts durchaus entstehen, gemeinsam zu tragen. Und das tun zunehmend viele Menschen auch regelmäßig zu dem Zeitpunkt, wo wir aufnehmen, möchte ich mich bei Christina bedanken, die ist schon am längsten dabei, was die regelmäßige Unterstützung angeht. Außerdem Steffi und Sophie und Christoph und Tobias und bei Beate und Sarah Solveig. Noch eine Solveig, die jetzt in unseren Kreis dazugestoßen ist. Also vielen Dank an euch. Sollte da jetzt jemand noch sich wundern, wieso er da nicht genannt wird oder sie. Das liegt daran, dass wir natürlich auch jetzt immer noch ein bisschen im Vorlauf produzieren. Also wir sitzen hier Anfang Mai zusammen, kurz nachdem wir im Dom waren in Brandenburg. Das habt ihr vielleicht mitbekommen. Und... Ist es soweit, dass wir ein bisschen, ja, es ist der Einbruch in das heilige Jahr. Zumindest aus Sicht der Aufklärer wäre das ganz klar, so endlich ist das heilige Jahr vorbei.
Solveig
00:05:18
Ja, wir haben es beendet.
Daniel
00:05:19
Maria ist endgültig in den Himmel entschunden und der Papst ist irrelevant für diese Herrschaften wahrscheinlich. Aber womöglich haben sich ja auch viele Dinge gar nicht so stark verändert. Und ja, die Aufklärung scheint ja auch so ein bisschen zu, einen heiligen Nimbus, bekommen zu haben, was die moderne Rezeption angeht. Ich bin jetzt sehr gespannt, was du uns da zu sagen hast, was Herr Kant vielleicht noch andere Dinge gesagt hat, außer seiner berühmtesten Definition, was Aufklärung bedeutet.
Solveig
00:05:51
Genau, also es geht heute um Aufklärung, da ich aber zugegebenermaßen die nicht gerne lese. Und ich glaube auch viele Menschen wirklich sich das nicht anhören möchten, was Immanuel Kant so für Gedanken hat, beziehungsweise die Zitate, wir werden, ich habe ein paar Zitate mitgebracht.
Daniel
00:06:11
Die drücken sich halt auch immer so umständlich aus.
Solveig
00:06:12
Genau, die drücken sich alle so aus und das ist so ein bisschen schwierig. Deswegen habe ich so den Fokus ein bisschen verschoben. Wir reden natürlich über die Aufklärung, aber ihr wolltet es ja so haben. Wir reden über die Dinge, die mich daran stören. Beziehungsweise vielleicht auch so ein bisschen, was war die Aufklärung, was wollte sie und was ist von ihr uns geblieben? Welches Erbe haben wir heute noch von ihr in unseren Köpfen? Also darum wird es jetzt gehen. Das heißt, der erste Teil beschäftigt sich tatsächlich mit der Aufklärung aus dem 18. Jahrhundert. Es werden ein paar Namen fallen, was deren Ziele so waren, was so Strömungen waren. Aber dann wird es doch recht schnell. In andere Gefilde gehen. Also für die, die sich jetzt wirklich harte Fakten und Aufklärung müssen das vielleicht doch anderswo suchen. Also, wie gesagt.
Daniel
00:06:57
Du musst dich das nochmal zusammenstellen und bisherigen Episoden.
Solveig
00:07:00
Naja, das machen wir schon, aber wer wirklich jetzt Hardcore-Analysen von den Gedanken von Voltaire und Immanuel Kant und dafür.
Daniel
00:07:08
Sind wir nicht zuständig.
Solveig
00:07:09
Genau, das wird hier nicht passieren. Nur, dass das vorab schon mal gesagt ist. Dann habe ich dich das vorhin schon zum Eingang gefragt, denn natürlich hast du das sehr, sehr schön, den ersten Satz von ihm zitiert. Ich habe aber noch mehr mitgebracht.
Daniel
00:07:19
Okay.
Solveig
00:07:20
Und deswegen ist jetzt die Frage, möchtest du Immanuel Kant sein?
Daniel
00:07:23
Unbedingt.
Solveig
00:07:24
Dann kannst du jetzt die erste halbe Seite einfach mal.
Daniel
00:07:27
Alles auf einmal.
Solveig
00:07:28
Ja, so in Abständen, dass man vielleicht zwischendurch drüber reden kann. Es sind ja Absätze drin. Mit passender Intonation natürlich.
Daniel
00:07:37
Ich weiß nicht, wie Kant gesprochen hat.
Solveig
00:07:38
Wie stellst du dir denn vor, wie Kant gesprochen hat?
Daniel
00:07:40
Mit ostpreußischem Dialekt. Ist ja da aus Königsberg nicht rausgekommen. Vielleicht muss man sagen, Also wir sind im 18. Jahrhundert, wäre das vielleicht nicht so ganz zuordnen.
Solveig
00:07:49
Ja, ich habe auch die Jahreszahl.
Daniel
00:07:51
Unbedingt, genau. Also der Text, den Zauberberg mir gerade hier rüber gereicht hat, der ist unterschrieben mit 30. September 1784. Und es ist dieser berühmte Text, von dem ich zugegebenermaßen, also vielleicht hätte ich den zweiten Satz auswendig noch so halb sinngemäß hingekriegt, aber den Rest, der ist mir auch gar nicht mehr so präsent.
Solveig
00:08:10
Also das ist so ein quasi, so ein Zeitungsartikel mehr oder weniger gewesen, auf die Frage hin, ja was ist denn Aufklärung, ist das eben dieser berühmte Text, das kommt auch sofort als PDF und so weiter, wenn man reingeht, was ist Aufklärung, kommt das und das ist so quasi seine Erklärung.
Daniel
00:08:28
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus einer selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere Aude, habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen, ist also der Wahlspruch der Aufklärung. Das ist schon fast biblische Ausmaß, hat das mittlerweile angenommen. Das ist auch wirklich jetzt hier Kantwur mal so halbwegs auf den Punkt.
Solveig
00:09:11
Es wird nicht besser.
Daniel
00:09:13
Aber in dem Absatzcheck, möchtest du da jetzt schon drüber sprechen oder soll ich lieber noch ein bisschen was weitergeben?
Solveig
00:09:17
Ja, also später, er kommt jetzt noch mit Beispielen. Also das könntest du vielleicht nochmal mit reinnehmen.
Daniel
00:09:22
Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung freigesprochen, dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben. Und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt und so weiter, so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann. Andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen. Dass der bei weitem größte Teil der Menschen, darunter das ganze schöne Geschlecht, den Schritt zur Mündigkeit, außer dem, dass er beschwerlich ist, auch für sehr gefährlich halte, dafür sorgen schon jene Vormünder, die die Oberaufsicht über sie gütigst auf sich genommen haben. Wenn denn nun gefragt wird, leben wir jetzt in einem aufgeklärten Zeitalter? So ist die Antwort, nein. Aber wohl in einem Zeitalter der Aufklärung, dass die Menschen, wie die Sachen jetzt stehen, im Ganzen genommen, schon imstande wären oder darin auch nur gesetzt werden könnten, in Religionsdingen sich ihres eigenen Verstandes ohne Leitung eines anderen sicher und gut zu bedienen. Daran fehlt noch sehr viel. Allein, dass jetzt ihnen doch das Feld geöffnet wird, sich dahin frei zu bearbeiten und die Hindernisse der allgemeinen Aufklärung oder des Ausgangs aus ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit allmählich weniger werden, davon haben wir doch deutliche Anzeigen. In diesem Betracht ist dieses Zeitalter das Zeitalter der Aufklärung oder das Jahrhundert Friedrichs.
Solveig
00:11:05
Mhm.
Daniel
00:11:06
Hohohoho. Ist ja schön.
Solveig
00:11:08
Eine kleine Preußenboy.
Daniel
00:11:10
Preußische König.
Solveig
00:11:11
Müssen wir nochmal mit reinbringen.
Daniel
00:11:13
Ja, der ist ja finanziell abhängig vom preußischen König. Das ist schon okay, dass er den da nochmal als leuchtendes Beispiel mit anführt.
Solveig
00:11:21
Einen aufgeklärten Herrscher.
Daniel
00:11:23
Aber besonders das schöne Geschlecht lässt sich immer noch bevormunden. Von den Pfaffen wahrscheinlich.
Solveig
00:11:27
Ja, nee, ich habe da auch bei ihm tatsächlich so den Gedanken, dass er das ankrittelt, dass man Frauen nicht für sich selbst entscheiden lässt. Also dass man ihn in ihrer Erziehung auch schon beibringt, du als Frau kannst diese Dinge nicht, weil du eine Frau bist. Also es wirkt so ein bisschen, dass er sich da gegen das zeitgenössische Frauenbild, zu dem kommen wir gleich auch noch, sich ein bisschen gegenstellt. Zumindest zu diesem Zeitpunkt noch. Wie gesagt, 1784 ist auch noch so ein bisschen, es ist eher so mittlere Zeit für ihn. Also er schreibt schon in den 60ern, er schreibt noch Anfang der 1800, also von 1800. Also 1784, wo jetzt dieser Text entstanden ist, da ist er so mitten in seiner Schaffensfarbe quasi. Also was sind denn jetzt die Ursachen, beziehungsweise was ist eigentlich das Ziel? Also nochmal, die Aufklärung möchte was für den Menschen?
Daniel
00:12:16
Die Aufklärung möchte erreichen, dass ich ja im Grunde meine Entscheidung selbst treffe, auf Basis dessen, was mein Verstand, nachdem ich eine Situation beurteile, für einen Schluss zieht. Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen. Also frag nicht den Arzt. Frag Gogen. Ich weiß es nicht, aber okay.
Solveig
00:12:36
Denk selber nach.
Daniel
00:12:37
Lies kein Buch, überleg selbst. Finde ich jetzt drastische Maßnahmen, aber natürlich so der Grundgedanke, Mensch, du hast doch da einen Verstand, dann denk doch einfach mal selber nach, bevor du jemand anderen fragst. Und das ist halt vielleicht unbequem, es ist vielleicht einfacher, jemand anderen zu fragen. Das scheint so der Vorwurf zu sein, den er seinen Zeitgenossen macht, dass sie sich zu sehr auf andere verlassen. Die werden es schon wissen. Und die wissen ja halt alles und deswegen haben die auch recht wahrscheinlich. Und dann tue ich halt das. Und da sagt er, nee, bitte denk einfach kurz mal selber nach über die Dinge. Also hab keine Angst, könnte man auch sagen. Du könntest auch drauf kommen auf den Punkt.
Solveig
00:13:14
Ich würde es gar nicht mal mit Verstand oder mit Denken beklemmen, sondern eher Verantwortung. Übernimm Verantwortung für dein eigenes Leben. Das kommt für mich da mehr raus. Das klingt für mich auch so modern, das könnte man auch heute sagen. Bitte übernimm selber Verantwortung. Sag nicht, aber mein Arzt hat gesagt, ich soll zehn Liter Gurkenwasser am Tag trinken. Ja, aber denk doch mal selber drüber nach.
Daniel
00:13:35
Was eher der Heilpraktiker.
Solveig
00:13:38
Oder ich habe im Internet gehört, dass die Erde flach ist. Ja, aber denk doch mal selber an, wie logisch das ist. Ja, aber der hat das erzählt und deswegen ist das so. Also das kommt für mich so ein bisschen, er übernimmt Verantwortung für dein eigenes Leben. Und das erklärt er hier mit dem Denken. Und wie gesagt, das finde ich gar nicht mal so schlecht.
Daniel
00:13:58
Nö, ich habe jetzt auch nichts Anstößiges gefunden. Ganz interessant fand ich noch, leben wir in einem aufgeklärten Zeitalter? Nein, in einem Zeitalter der Aufklärung. Also wir sind quasi auf dem Weg vielleicht dahin. Ich würde wahrscheinlich sagen, zumindest heute in Europa würden wir behaupten, wir leben in einem aufgeklärten Zeitalter. Das wäre jetzt interessant, ob Kant das heute auch so beurteilt hat.
Solveig
00:14:18
Also ich würde sagen, nein.
Daniel
00:14:20
Also ich würde sagen.
Solveig
00:14:20
Kant würde immer noch das Gleiche sagen, weil deswegen meine ich es ja, das ist so modern, weil auch heute die Beispiele, die ich gerade gebracht habe, waren moderne Beispiele. Also ich glaube, das ist auch einfach so menschliche Natur gerne mal, weil er ja auch sagt, es ist halt faul und feige. Ja, aber es ist halt auch bequem zu machen. Ja, aber mein Chef hat mir das gesagt, ich muss das so tun. Also habe ich das gemacht. Ich denke, hast du selber nicht drüber nachgedacht? Nee, oder bei Behörden, ja, aber die Vorschrift sagt das und das. Ja, die passt hier nicht. Ja, aber diese Vorschrift sagt das. Man kann sich dahinter auch verstecken und sich selbst aus der Verantwortung ziehen. Und deswegen, wie gesagt, finde ich das immer noch sehr, sehr modern. Das ist also im Grunde, wenn man googelt, was zur Aufklärung kommt, dieser Text. Deswegen habe ich den auch zum Einstieg genommen. Jetzt sind wir natürlich direkt in Medias Res. Vielleicht gehen wir einmal einen Schritt zurück und gucken uns den Begriff eigentlich an. Warum Aufklärung? Diese Aufklärung kennen wir vielleicht aus dem Schulunterricht mit Sexualaufklärung.
Daniel
00:15:20
Weil es vorher so dunkel war.
Solveig
00:15:21
Weil es vorher so dunkel war.
Daniel
00:15:22
Weil die Kirche das alles vernebelt hat.
Solveig
00:15:24
Genau.
Daniel
00:15:25
Und weil die Mittelalter alle nur dem Pfaffen hinterhergelaufen sind.
Solveig
00:15:28
Den weibischen.
Daniel
00:15:29
Und endlich kommt das Denken und mit dem Denken die Erleuchtung.
Solveig
00:15:33
Genau.
Daniel
00:15:33
Und deswegen scheinen da auch immer Lampen.
Solveig
00:15:36
Ja, aber Aufklärung hat ja nichts mit Licht erstmal zu tun.
Daniel
00:15:38
Das ist immer das Lichtsymbol in den ganzen Darstellungen.
Solveig
00:15:41
Ja, aber Aufklärung hat ja, das benutzen wir ja auch noch. Wann hat es sich denn aufgeklart?
Daniel
00:15:46
Achso, ja.
Solveig
00:15:48
Also erstmal wirklich, wir sind einfach bei dem Wort, es ist halt ein Wetterphänomen. Der Himmel klärt auf, die Aufklärung des Himmels, die Wolken verziehen sich, die finsteren Gewitterwolken und jetzt kommt eben das Sonnenlicht auf uns und wir sind warm und hell. Genau wie so. Also das impliziert eben das, was du schon gesagt hast, davor war Finsternis, jetzt haben wir das Licht und wir sind….
Daniel
00:16:14
Die Wolken haben quasi die.
Solveig
00:16:16
Wahrheit verdunkelt. Genau. Und dadurch, dass wir Menschen einfach tagaktiv sind, ist für uns das Licht eben gut und das Dunkle schlecht. Wir sehen im Dunkle nicht so gut, also haben wir dann Angst. Und deswegen ist, ich glaube, das ist wirklich so eine anthropologische Konstante, das Dunkle ist uns nicht geheuer. Wir mögen das Dunkle nicht und deswegen ist das einfach kulturhistorisch immer schon negativ besetzt gewesen. Außer es ist so eine romantische, schöne Nacht.
Daniel
00:16:42
Oder Mond scheint.
Solveig
00:16:43
Oder Mond scheint.
Daniel
00:16:44
Aber das ist ja auch ein Licht.
Solveig
00:16:44
Oder Kerzen, wo es heimelig und schön ist, aber die dunkle, finstere Nacht, die böse Nacht. Und das ist im Grunde, schafft es ein binäres Weltbild. Also es gibt das Gute, das ist jetzt, das kommt jetzt und davor war das Schlechte, das geht jetzt. Und da hast du schon angesprochen, also wir haben dann die Zeit davor, das ist eben das Mittelalter, das ist jetzt das finstere, böse, schlechte Mittelalter, das hat den Himmel mit seinen religiösen Wahnvorstellungen, seinem Aberglauben, den Himmel verfinstert, aber durch die logische Vernunft und das rationale Denken, das wir jetzt haben, konnten wir all diese Finsternis vertreiben und jetzt kommt das Licht der vorherigen Zeit, der Antike zu uns zurück.
Daniel
00:17:34
Überspringt die den Humanismus einfach? Also Luther und so, der wird doch dann nachher schon, das ist schon so der erste Schritt eigentlich.
Solveig
00:17:39
Genau, da kommen wir auch noch zu. Aber im Grunde lassen die den weg.
Daniel
00:17:45
Das ist auch noch Mittelalter eigentlich. Der war auch noch zu religiös.
Solveig
00:17:48
Genau, also eigentlich geht es erst später los. Da vielleicht nochmal bei dem Begriff zu bleiben, bevor wir dann eben zu den Humanisten und so weiter kommen. Diese Vorstellung, ich hatte es schon angesprochen, dadurch, dass wir tagaktiv sind, ist Licht eben immer positiv besetzt. Da kannst du in jede Religion gucken, Da kannst du in jede Kultur gucken. Licht ist immer gut. Und wir haben es auch schon im Alten Testament, dass der Messias mit Licht angekündigt wird, mit Hisarja, die, die im Finstern wandeln, denen scheint ein helles Licht.
Daniel
00:18:17
Das hört man auch noch gerne mal in der Osternacht. In der Finsternis leuchtet das Licht der Osterkerze.
Solveig
00:18:23
Was hat Jesus gesagt?
Daniel
00:18:24
Oder Weihnachten.
Solveig
00:18:25
Jesus sagt, ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der, wie auch immer. Also das Lichtmetaphorik benutzt wird. Auch der Papst benutzt Lichtmetaphorik, wenn er gegen Heretiker schreibt, dann sagt er, das sind die verdunkeln, die Augen der Menschen, die sind finster, die sind laut, die sind böse. Also das ist jetzt nicht unbedingt erfunden von der Aufklärung, aber es wird so quasi deren Imagekampagne im Grunde. Wie du es gesagt hast, es gibt unfassbar viele Drucke, das hat natürlich auch damit zu tun, dass das jetzt auch so das neue Medium ist und da hast du den aufgeklärten Himmel, der von den Wolken aufklärt und das Licht kommt hindurch, wir haben den Lichtschein, wir haben irgendwie Sonne, Mond und Sterne überall. Wird so die Dunkelheit vertrieben, das ist so deren Bild. Also wir haben jetzt darüber gesprochen, was sind so die Symbole der Aufklärung, wo kommt dieses Wort überhaupt her. Ach so genau, das ist vielleicht auch so ein Punkt, das heißt ja nur im Deutschen Aufklärung, im Englischen oder auch im Französischen ist es dann eben, also im Englischen Enlightenment oder im Französischen Illumination oder im Russischen hatte ich auch nachgeguckt, ist es auch Erleuchtung. Also da ist es dann die Aufhellung oder eben noch viel plastischer, das Licht kommt hinein. Bei uns ist es einfach so das abstrakte Wetterphänomen. Und wofür steht denn die Aufklärung? Also was schreibt man ihr denn zu? Weswegen sind wir denn so heiß auf die? Warum ist die so gut zu uns gewesen?
Daniel
00:19:49
Motten zum Licht fliegen, egal wer das Licht anmacht am Ende.
Solveig
00:19:55
Ja, aber was hat denn die Aufklärung uns gebracht?
Daniel
00:19:57
Die Menschenrechte, die Demokratie, die Gleichberechtigung.
Solveig
00:20:02
Und was hat sie beendet?
Daniel
00:20:04
Die Vorherrschaft durch die Kirche, die Kleingläubigkeit.
Solveig
00:20:10
Naja, beziehungsweise was verbindet denn das? Was hatte man denn vor der Demokratie? Da will ich jetzt so ein bisschen nennen.
Daniel
00:20:17
Die Monarchie?
Solveig
00:20:18
Und die wurde legitimiert durch was?
Daniel
00:20:20
Durch die Kirche oder den Glauben durch das Gottesgenadentum.
Solveig
00:20:25
Ja, genau. Das ist, was ich wollte.
Daniel
00:20:26
Aber es gab doch auch Monarchen, die eben wie der schon zitierte Friedrich gesagt haben. Also sie selber haben es nicht gesagt. Denen wird auch zugeschrieben, dass sie die aufgeklärten Monarchen waren.
Solveig
00:20:38
Die haben dann, wie gesagt, die haben das dann über andere Dinge gemacht. Aber im Grunde ist ja das Weltsystem, im Mittelalter haben wir die Ständeordnung. Das ist so der Punkt. Also man sagt, jeder Mensch ist aus einem Grund von Gott an den Ort gesetzt worden, an dem er ist. Und der König ist eben König oder ist als Königssohn dann geboren worden oder als Mitglied der Königsfamilie geboren worden, weil Gott diese Person zum Herrschen bestimmt hat. Also es ist die Politik und Glaube sind intrinsisch miteinander verknüpft, es lässt sich nicht trennen und das wird jetzt durch die Aufklärung in Frage gestellt, weil man sich eben wirklich damit auseinandersetzt, gibt es tatsächlich einen Gott, lässt sich Gott nachweisen? Wenn ja, wie wirkt der auf uns, unsere Leben ein? Und wenn man dann eben in Frage stellt, ob es einen Gott gibt, dann muss man natürlich automatisch in Frage stellen, ob es ein Gottesgnadentum gibt und ob jemand wirklich von einer göttlichen Instanz zum Herrschen bestimmt sein kann oder vielleicht einfach nur Glück in der Familienlotterie hatte. So, also das ist so ein wichtiges Thema, das dann eben mit dem sich auseinandergesetzt wird. Und dann hattest du schon gesagt, wir haben dann das Durchsetzen von demokratischen Ideen, Und eben die Ständeordnung, die abgelehnt wird, auch das Zunftwesen wird beispielsweise abgelehnt, weil man eben sagt, diese organisatorischen Dinge, die unsere Gesellschaft formen, das ist alles nicht dem Geist des Verstandes zugänglich.
Daniel
00:22:06
Zunft, muss man vielleicht noch sagen, das ist ja so diese mittelalterliche Organisationsform, vor allem der Handwerke. Je nachdem mit welchem Material man es zu tun hatte, hat man sich da in Zünften zusammengeschlossen und letztlich darüber bestimmt, wer hier eigentlich einen Laden aufmachen darf, wer hier mit seiner Hände Arbeit Geld verdienen darf. Und man könnte auch sagen, das ist so eine Handwerksmafia, die so einen Ort kontrolliert hat und sich dann aber auch gekümmert hat, wenn es mal jemandem schlecht ging aus ihren Reihen.
Solveig
00:22:33
Ich würde es jetzt nicht mit Mafia gleichsetzen, sondern eher vielleicht auch mit so einer Art von Gewerkschaft.
Daniel
00:22:37
Eine Marktkontrolle.
Solveig
00:22:39
Ja, die haben die Preise festgesetzt und die haben die Qualität festgesetzt, dass du wirklich auch das gelernt haben musst und nicht einfach irgendwie an den Ort kommst.
Daniel
00:22:48
Handwerkskammer.
Solveig
00:22:49
Ja, es ist im Grunde, daraus haben sich ja, hat sich das auch entwickelt. Nur das Problem bei den Zünften war es halt, du musstest eine bestimmte Herkunft haben, du musstest am besten eben aus diesen Zunftfamilien geboren sein und Zünfte waren nicht offen, dass man eben wie bei einer Gewerkschaft heute… Und einfach beitreten kann, dann hätten sie sich glaube ich nicht daran gestört, sondern dass das eben auch wieder geburtsrechtlich zum Teil bestimmt war. Und deswegen wird das dann eben auch später abgeschafft, weil man sagt, das ist dem Individuum, das ist nicht fair. Haben sie ja auch gesagt. So, und da kommen wir jetzt dann zur wirklichen Aufklärung. Was war da so los? Ich habe es überschrieben mit Emanuel Kant und seine Beuys.
Daniel
00:23:30
So nennen wir aber nicht die Folge.
Solveig
00:23:31
Nein, wir nennen die Folge. Das kannst du dir selber überlegen. Aber es kommen immer mal wieder Zwischenüberschriften, vielleicht damit dann auch der Ton deutlich wird, was jetzt auf euch zukommt. Also wie gesagt, Immanuel Kant und seine Beuys. Im Grunde, ich versuche das jetzt auch runterzubrechen, weil wie gesagt, ich wollte da jetzt auch nicht so viele Stunden in diesen Büchern verbringen, aber es gibt so zwei Hauptströmungen dieser Aufklärung und die geht eben im Grunde schon in der Mitte des 17. Jahrhunderts los, beziehungsweise da kommen wir noch schon dazu, dass die eigentlich schon viel früher losgeht, aber gemeinhin wird eben gesagt. Mit René Descartes geht die Aufklärung los. Es ist eben so Mitte des 17. Jahrhunderts fängt er an, so seine Schriften zu publizieren und der begründet in dem Sinne den Rationalismus. Da ist im Ratio drin, also der Verstand, die Vernunft vor allem und das wird von ihm so als das höchste Gut erklärt, mit dem man so aus dieser klerikalen Blase quasi aus diesem Weltbild ausbrechen kann. Das sagt er so nicht, aber das ist so ein bisschen so der Weg hinaus in dem Sinne. Dass er eben so diese Ideen vertritt, man kann nichts, was einem irgendwie so in der Welt begegnet, als wahr, als wirklich Realität wahrnehmen. Alle Ideen, die so zu einem getragen werden, darf man nicht einfach so akzeptieren, sondern nur, wenn ich da selber drüber nachgedacht habe, aus meinem Verstand heraus, dann kann wirklich absolute Wahrheit entstehen. Also diese Hinterfragung kann es wirklich Gott geben, nur weil ein Priester mir sagt, dass es Gott gibt. habe ich da in meinem Verstand irgendwie Gedanken für. Weil man eben so ein bisschen im Rationalismus davon ausgeht, dass alles, was wir Menschen wissen, schon in unseren Gehirnen drin ist und wir nur durch das lange Nachdenken quasi da drauf kommen. Und es gibt dann ja auch diesen sehr berühmten Satz von ihm, dieses cogito ergo sum. Also woher weiß ich, dass es die Welt gibt? Woher weiß ich, dass es mich gibt?
Daniel
00:25:37
Weil ich denke.
Solveig
00:25:38
Weil ich darüber nachdenke. Weil ich denke, mir diese Frage stelle, dadurch weiß ich, dass ich existiere, weil ich ja denke. Also das jetzt, wie gesagt, das ist jetzt sehr runtergebrochen, weil man will ja jetzt hier auch in einer Folge durchkommen. Ich habe gesagt, wie lange die Folge sein soll. Genau, ich wollte gerade sagen, so eine Stunde und halb, das wird hier länger, aber in einer Folge. Und dann so Gottfried Wilhelm Leibniz ist dann so einer, der diese Ideen im Rationalismus weiter trägt. Das ist ja auch so ein großer... Deutscher Denker, deswegen habe ich den hier mit reingebracht. Und man fängt hier eben, also man trennt zwischen Verstand und Sinneswahrnehmungen so ein bisschen. Und da bin ich mir auch nicht so richtig sicher, ob ich es richtig verstanden habe, weil so wie ich es verstanden habe, hat es irgendwie keinen Sinn für mich ergeben. Aber man geht eben davon aus, nach dem Motto, all meine Sinneswahrnehmung darf ich nicht so vertrauen, außer ich habe wirklich lange drüber nachgedacht. Und da bin ich so jemand, der regelmäßig unter Angstzuständen leistet, weil mein Gehirn anfängt, mir Horrorszenarien vorzuspielen, bin ich mir nicht so sicher, ob das eine gute Idee ist, dass ich allein auf das hören sollte, was mein Verstand mir sagt. Deswegen weiß ich nicht. Na gut, also das ist so die eine Richtung. Und parallel dazu und auch so ein bisschen im Kontrast dazu und als Gegenbewegung dazu haben wir den Empirismus. Und der sagt im Grunde das Gegenteil. Du darfst im Grunde nicht auf nichts vertrauen, was dein Gehirn dir sagt, sondern nur auf die Dinge, die du wirklich mit deinen Sinnen wahrnehmen kannst. Weil die sagen, nein, der Mensch ist bei der Geburt komplett leer, das Gehirn ist komplett leer und alles, was der Mensch so über sein Leben wahrnimmt mit all seinen Sinnen, das kommt in den Verstand und wird dort bearbeitet. Also im Grunde darfst du deinem Gehirn nicht trauen, nur was du anfassen kannst. Und da bin ich jetzt irgendwie mehr dabei, weil ich eben auch immer so den Gedanken habe, so Realität ist Wahrnehmung. Also so wie ich meine Welt wahrnehme, ist sie für mich real, aber du nimmst sie vielleicht ganz anders wahr und dadurch ist deine Welt eben eine andere.
Daniel
00:27:44
Weil mein Gehirn mir irgendwas anderes vorstellt.
Solveig
00:27:46
Nein, weil du andere Dinge siehst. Also ich denke, ich habe dann immer so dieses Beispiel im Kopf, so stell dir vor, wir sind hier mit jemand anderem, wir haben hier einen Gast, Und du gehst kurz aufs Klo und ich hau dem, während du auf dem Klo bist, voll aufs Maul.
Daniel
00:28:01
Wieso das denn?
Solveig
00:28:02
Weiß ich nicht, weil ich eine böse Frau bin. Und dann kommst du wieder und jetzt habe ich nicht so doll gehauen, dass da keine Spuren sind. Der ist einfach nur völlig schockierend.
Daniel
00:28:12
Der heult einfach nur rum.
Solveig
00:28:13
Ja. Und dann kommst du rein und denkst, warum heulst du denn? Du sagst, wer hat mich gehauen?
Daniel
00:28:18
Das ist ein Scheiß, was macht die doch nicht.
Solveig
00:28:19
Genau. Und dann guckst du mich an und ich sag, ich habe mich nicht gemacht. Der unterstellt mir hier was. So, was ist jetzt deine Realität? Was ist jetzt real passiert und dann für ihn ist natürlich ich saß hier und hab mich gehauen und ich hab den voll gehauen aber für dich, du musst halt auf das wieder gehen, was, deine Sinn ist, was deine Wahrnehmung von mir ist, was die Wahrnehmung von dem ist und da musst du halt abwägen was das so also so richtig mit dem Imperium kommt.
Daniel
00:28:47
Mir so vor, könnte weder mein Verstand mir so richtig helfen, noch kann ich irgendwie ihn angucken, wenn ich da keinen blauen Fleck gehabt.
Solveig
00:28:54
Genau.
Daniel
00:28:54
Das ist jetzt Verhör führen und dann am Ende doch aus dem Bauch entscheiden.
Solveig
00:28:58
Ja, also so Empirismus, aber aus dem Empirismus entwickelt sich im Grunde die moderne Methode, die wissenschaftliche Methode, dass ich mir Dinge angucke, dass ich Experimente mache und dann eben prüfe, was passiert. So nach dem Motto, ich halte meine Hand in kochendes Wasser und bin verbrüht. Das ist dann tatsächlich, was ich wissenschaftlich nachweisen kann. Das heißes Wasser nicht gut für meine Hand ist.
Daniel
00:29:24
Da sollte man dann schon darauf vertrauen, dass das schon mal jemand überprüft hat.
Solveig
00:29:28
Ja, aber man kann das wirklich sinnlich wahrnehmen, also... Ja, das sind dann eben so Männer wie Francis Bacon, die diesen Gedanken haben oder auch Thomas Hobbes, das ist der mit dem Leviathan. Und da ist auch ganz interessant, das entwickelt sich vornehmlich auch so im 16. 17. Jahrhundert im Zusammenhang mit der puritanischen Bewegung. Also wir sehen hier auch schon wieder so eine Verbindung zwischen aufklärerischen Ideen und dem Protestantismus. Das finde ich auch, das bleibt auch so ein bisschen. Also wie stark man hier auch so miteinander gegen die Katholiken ist. Und dann aus diesem Empirismus in England, also wie gesagt, der entwickelt sich in England, haben wir dann den Centralism. Der entwickelt sich vornehmlich in Schottland von David Hume und der sagt im Grunde ganz einfach runtergebrochen, alles was wir erleben sind nur Sinneseindrücke. Also im Grunde das Beispiel, was ich dir eben gegeben habe, passt sogar noch viel besser zu dem Centralism, dass man sagt, es gibt eigentlich keine Trennung zwischen Verstand, wie beim Rationalismus und Sinne, es ist alles nur Wahrnehmung. Und da kommt jetzt eben Immanuel Kant ins Spiel. Der versucht das auch so ein bisschen wie David Hume zusammenzubringen, dass man sagt, naja, im Grunde der Rationalismus im Extremen ist quatschig und der Empirismus im Ganzen ist quatschig, sondern wir müssen die irgendwie zusammenbringen. Eben Kritik der reinen Vernunft, nennt er ja sein Buch, um zu sagen, nee, eigentlich so eine schöne Mischung aus beidem ist, glaube ich, das Ziel. Wie so häufig. Man trifft sich in der Mitte und da ist es dann. Am besten.
Daniel
00:31:09
Wie machen wir das denn? Weißt du das?
Solveig
00:31:12
Ja, also er sagt dann eben, Gedanken ohne Inhalt sind leer. Also da nur zu sitzen und sagen, ich denke gerade, also das Denken ist voll toll. Also wie ich hier jetzt sitze und denke, ja. Oder darüber nachzudenken, wie denn das Leben in Asien sein könnte, ist halt doof. Aber eben nur zu sagen.
Daniel
00:31:32
Also ich brauche schon ein paar Fakten.
Solveig
00:31:33
Genau, alles was ich halt, oder ich brauche nicht nur Fakten, sondern vielleicht hilft mir auch, da hinzufahren und es mir anzugucken. Weil da war Emanuel Kant jetzt auch nicht unbedingt ein Fan von. Aber ich sollte mir wenigstens mal ein Buch durchlesen von jemandem, der da war. Und die Empirismen sagen, nein, das Buch lesen hilft dir nicht, du musst das fühlen. Du musst wirklich da gewesen sein. Und er sagt eben, nein, vielleicht so bei dem Beispiel zu bleiben, es ist okay, ein Buch von jemandem zu lesen, der da war.
Daniel
00:32:01
Dann hast du auch einen Eindruck. Zumindest hat man da schon was mehr zum drüber nachdenken.
Solveig
00:32:06
Genau, dann bringt auch das Nachdenken was. Genau, also sein ganzes Zitat ist, Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind. Also alles einfach nur anzutatschen, ohne dem irgendwie einen Namen zu geben, das führt uns auch nirgendwo hin. Und dieses Heirat der beiden Strömungen ist dann so ein bisschen kannt. Und aus diesem Diskurs, der ja schon seit dem 17. Jahrhundert geführt wird, entwickelt sich dann eben dieser Gedanke, Also zum einen wird Verstand und Körper getrennt, wobei das ist jetzt auch nicht so neu, das haben wir ja auch im Mittelalter schon, dass man zwischen Seele und Körper trennt. Das hat man jetzt einfach nur in anderen Namen.
Daniel
00:32:41
Der sündige Leib, den muss man besiegen.
Solveig
00:32:43
Ja, oder beziehungsweise wir haben die unsterbliche Seele und wir haben den vergänglichen Körper, das muss man ja nicht mal mit Sünde und... Erlösung vorbeibringen, sondern man sagt, wir haben eben, also dass man sich bewusst ist, dass da irgendwie hinter unseren Augen irgendwie nochmal etwas extra ist. Das wusste man auch schon im Mittelalter. Auf jeden Fall dadurch eben diese Trennung zwischen Verstand und Körper und gleichzeitig eben die Hinterfragung von Gott. Gibt es ihn wirklich? Wenn ja, wie können wir ihn nachweisen? Wir können ihn gar nicht nachweisen. Gibt es ihn dann vielleicht gar nicht? Also so diese Gedanken. Also im Grunde, es wird nur Dinge als wahr erachtet, die wir tatsächlich auch real erfahren können. Das ist eben dieser Empirismus, der Empirismus, der da eine Rolle spielt. Und genau, und dadurch entwickeln sich dann diese Methoden, wie können wir Dinge erfahren und ihre Materialität untersuchen und sie einordnen. Und das ist ja im Grunde die naturwissenschaftliche Methode, die da entsteht. Und da kommen wir dann, das war es dann auch schon im Grunde der theoretische Abschluss. Wir gehen jetzt nämlich weiter, denn die nächste Überschrift ist, eine Welt will geordnet werden. Denn schon Descartes schrieb. Weil er davon überzeugt war, dass allein der Mensch sich selbstbewusst ist und eben Tiere nicht. Also nur der Mensch kann selber nachdenken. Und deswegen hat er den schon zum Herrscher und Besitzer der Natur erklärt. Also den Maître et Posseur de la Nature. Und dadurch erklärt sich natürlich eine gewisse Haltung des Menschen gegenüber der Natur, die jetzt doch auch so Fahrt gewinnt. Und ergo die spätere Industrialisierung und Ausbeutung der Natur von allen Rohstoffen, die sie so hergibt. Und mit diesen Gedanken, der Mensch ist eben der Herr der Welt und der Natur, haben wir dann eben auch diesen Gedanken der Emanzipation des Menschen von Gott. Also auch im Mittelalter hat man die Vorstellung, dass Gott den Menschen eben auf die Welt gebracht hat und gesagt hat, mach sie dir untertan. Aber er ist ja weiterhin von Gott geführt und ist weiterhin abhängig von dem Willen Gottes und den Heilsplänen Gottes und bewegt sich deswegen in bestimmten Bahnen. Und jetzt sagt man, nein, es gibt ja Gott, höchstwahrscheinlich nicht, noch haben wir nicht beweisen können. Also ist der Mensch einfach selbstherrlich der Welt gegenüber und darf auf ihr so schalten und walten, wie er das eben braucht. Also wir haben jetzt nicht mehr so eine moralische Instanz vielleicht, dass man sagt, aber Gott hat diese Welt geschaffen und alle Wesen sind von Gott. Kann man jetzt sagen, nein, alle Wesen sind zum Wohle uns, der Menschheit. Und da kommen wir jetzt eben zu den Enzyklopädien, denn im Zuge der Aufsetzung setzt eine umfangreiche Kategorisierung der Natur ein. Also die kennst du ja auch, dass die jetzt raus in die Welt gehen und Steine sammeln und Schmetterlinge sammeln, Kröten sammeln und weiß ich nicht. Und dann haben wir diese schönen Pinnkästen, wo die dann alle festgemacht werden und kategorisiert werden und diese ganzen schönen Teile. So die Naturkulturmuseen. Genau, also all das entsteht jetzt. Pflanzen werden kategorisiert, Steine, Tiere, Orte. Und es entsteht dieser Grundgedanke von Allgemeinbildung, also dass jeder Mensch Bildung benötigt. Und dieser Gedanke auch, dass Bildung Menschen zu besseren Menschen macht. Also Bildung gab es auch davor, aber da hatte die eigentlich immer einen Grund. Also du bist Herrscher, also hast du in den und den Dingen ausgebildet zu werden. Oder du bist Kleriker, deswegen musst du diese Dinge lernen. Du bist eine Frau und vielleicht auch eine adelige Frau, deswegen hast du diese Dinge zu lernen. Also das war immer so ein bisschen so eine berufsbegleitende Ausbildung. Und jetzt sagt man, nein, das ist für den menschlichen Verstand, der muss geformt werden und deswegen gibt es Allgemeinbildung, was jeder Mensch zu wissen hat.
Daniel
00:36:54
Jeder Mensch tatsächlich.
Solveig
00:36:55
Ja, sprechen wir ja noch über den Menschen.
Daniel
00:36:58
Kommen wir noch zu den Einschränkungen.
Solveig
00:36:59
Wer als Mensch zählt. Und das Problem jetzt ist, dass man nicht bei den Pflanzen und den Steinen und den Tieren aufhört, sondern auch die Menschen kategorisiert. Und da sind wirklich alle Menschen mit gemein. Und da wird jetzt dann nämlich zum einen über die Natürlichkeit des Menschen gesprochen. Also was ist der Mensch von Natur aus? Was ist sein natürlicher Zustand? Und wie weit wirken sich gesellschaftliche Regeln auf die Natürlichkeit des Menschen ein? Da haben wir ja auch schon mal über Rousseau gesprochen, der dann eben auch, also er hat das nicht geschrieben, aber man verbindet das immer so ein bisschen mit ihm, dieser Ausruf zurück zur Natur. Das ist natürlich auch so eine Auseinandersetzung mit der, ja vor allem mit der höfischen Kultur, mit der französischen höfischen Kultur. Also Ludwig XIV. ist da natürlich immer so ein gerne gekämpfter Feind.
Daniel
00:37:56
Weil er so verkünstelt ist.
Solveig
00:37:57
Weil er so verkünstelt ist. Es gibt dann auch so Darstellungen, so Zeichnungen von höfischer Kleidung. Das sind dann ja der Mann mit Perücke und Puder und dem Jussocor und die Frau daneben mit dem hochgepuderten Haar, mit dem Pannierkleid. Das ist noch kein Korsett, aber... Dem Schnürmieder und daneben haben sie dann so ein Bild von Adam und Eva quasi, also ein nackter Mann und eine nackte Frau. Das ist die Natürlichkeit und das ist die Gesellschaft.
Daniel
00:38:26
Sie haben sich dann später in der Revolution nur diesen Mussela-Stoff übergezogen, der dann allen so nackt vorkam, weil man die Körperform, vor allem bei den Damen.
Solveig
00:38:37
So ein bisschen erahnen.
Daniel
00:38:38
Doch deutlich mehr erahnen konnte als in den Ballonkleidern.
Solveig
00:38:42
Das geht auch so mit der antiken Rezeption zurück, weil diese Kleider natürlich auch sehr antikisierend sind.
Daniel
00:38:48
Sie sind halt auch wie die Statuen, die man ausgegraben hat.
Solveig
00:38:50
Genau. Also man will eigentlich so irgendwie weg von der Natur, aber auch irgendwie, also nee, weg von dem Gekünstelten hin zur Natur. Aber auf der anderen Seite ist man ja trotzdem der Meinung, wir kontrollieren die Natur. Also deswegen, ich hatte das in der Schule damals, haben sie uns dann auch so erklärt, ja wir haben diese französischen Gärten, die so stark strukturiert sind und diese Hecken, die da so in Form sind und so. und dann kommt der englische Garten, wo man die Natur so wachsen lässt.
Daniel
00:39:15
Das ist ein Quatsch.
Solveig
00:39:16
Aber andersrum ergibt es ja mehr Sinn.
Daniel
00:39:19
Nee, aber der englische Garten ist ja genauso gewollt. Das ist nur eine andere Form, die da populär sind.
Solveig
00:39:26
Beziehungsweise da bist du dann ja Herr der Natur. Du sagst, wo der Baum wächst, aber der Baum wächst dann so, wie er wachsen möchte.
Daniel
00:39:34
Dann schneiden wir wieder so zurecht, damit unsere Sichtachse gewahrt bleibt.
Solveig
00:39:36
Aber es ist schon dieses Verkünstelte, Das ist so dieses Informenpressen, da sagt man, nein, wir müssen natürlich bleiben. Das heißt also, auch hier findet wieder eine Trennung stand. Also wir haben dieses, diese Binarität zieht sich einfach weiterhin durch und jetzt wird eben zwischen Verstand und Körper getrennt. Also das wurde schon und jetzt wird nochmal zwischen Natur und Kultur getrennt. Das ist auch so ein bisschen, da sind wir dann bei Körper und Verstand. Also Natur ist der Körper und der Verstand ist die Kultur. Und da wird jetzt dann eben gesagt, also die Gesellschaft, die Kultur formt, aber bei Ludwig XIV und so zu viel. Aber eigentlich ist es gut. Also wir haben es zwar bei Ludwig XIV noch gerade kritisiert, aber eigentlich ist es gut. Nur die muss halt anders sein.
Daniel
00:40:23
Mehr Griechisch.
Solveig
00:40:24
Mehr Griechisch, genau. Und deswegen, also Gesellschaft und Kultur sind schon gut, wenn die so ist, wie wir das so gut finden, nicht wie Ludwig der Vierzehnt. Deswegen kommt dann diese Vorstellung, eben Kultur und Gesellschaft formt den Menschen und sie soll ihn eben richtig formen. Da kommen wir jetzt eben, wie du schon angesprochen hast, zur Antike. Die kommt jetzt natürlich komplett durch. Wir kommen da später nochmal durch, aber das ist eben halt auch so ein Riesenthema. Diese antiken Rezeption, das hatte ich eben schon angesprochen, überhaupt diese Vorstellung, dass es ja drei Zeitalter gibt. Die Antike, das Mittelalter und die Neuzeit. Mittelalter ist halt, weil es in der Mitte ist. Zwischen der guten Zeit und der guten Zeit ist halt die schlechte Zeit dazwischen.
Daniel
00:41:10
Müsst du auch mal langsam einen neuen Namen eigentlich überlegen dafür.
Solveig
00:41:13
Also nur deswegen ist das überhaupt. Auf jeden Fall auch schon in der Antike, die ja jetzt wie gesagt sehr stark rezipiert wird, haben wir diese Vorstellungen, dass es eben gute Kulturen quasi gibt und nicht so gute Kulturen.
Daniel
00:41:29
Abbaren.
Solveig
00:41:30
Genau. Das ist bei Herodot, der führt das ein. Also ich glaube nicht, dass Herodot das selber erfunden hat, aber er ist die älteste Quelle, in der wir das haben. Und er trennt eben zwischen den guten, zivilisierten Griechen und zwischen den wilden, unzivilisierten Barbaren. Und das ist immer mein Joke. Ich habe viele Führungen dazu gemacht. Und jetzt einmal an dich. Was sind Barbaren?
Daniel
00:41:56
Wir sind die Barbaren.
Solveig
00:41:57
Was meint das Wort Barbar?
Daniel
00:41:59
Das weiß ich gar nicht. Die Bärtigen?
Solveig
00:42:01
Ja, fast. Beziehungsweise, ich frage mal, so mache ich das auch immer. Was stellst du dir vor, wenn du an Barbaren denkst? Was für ein Bild erscheint in deinem Kopf?
Daniel
00:42:08
So große, kräftige, blonde Zähne.
Solveig
00:42:13
Und wie sind die so angezogen?
Daniel
00:42:15
Die haben so Fell-Sachen an meistens. Und dann wahrscheinlich so ein Helm mit Hörnern auf dem Kopf. Oder eine Keule in der Hand, je nachdem.
Solveig
00:42:23
Wie benehmen die sich so?
Daniel
00:42:25
Wild. Was heißt die? Die gehen durch den Wald, hauen das Wildschwein auf den Kopf. Dann verzehren sie es wahrscheinlich roh. Ja, okay. Und bringen ihrer Frau das Fell nach Hause.
Solveig
00:42:35
Damit sie ihnen weiterhin noch mehr Fellkleidung machen.
Daniel
00:42:36
Genau, genau.
Solveig
00:42:40
Oder sie wickeln sich einfach direkt unverarbeitet, blutend um ihr blondes Haar.
Daniel
00:42:46
Und dann kommt da plötzlich so eine griechische Schönheit vorbei. Wirres Zeug.
Solveig
00:42:51
Das ist der Punkt. Baba meint auf Griechisch Blabla. Also im Grunde einfach nur der Quatsch, was ich nicht verstehe.
Daniel
00:43:02
Also Deutsch. Also ja. Das ist ja auch eine Bezeichnung für die Sprache, für Nicht-Latein damals.
Solveig
00:43:10
Ja, für Nicht-Griechisch.
Daniel
00:43:11
Also jetzt bei dir, also bei uns wahrscheinlich. Als das Wort Deutsch kam, meine ich, das war dann so die Unterscheidung, das Volk spricht Deutsch und die Gebildeten spricht Latein.
Solveig
00:43:20
Ja, also und Babar ist eben tatsächlich Griechisch, meint alle, die nicht Griechisch sprechen. Herodot spricht auch nicht von den Deutschen.
Daniel
00:43:27
Er spricht von den Sküten beispielsweise.
Solveig
00:43:30
Und da geht es eben, also alle, die sich nicht Griechisch verhalten. Und das ist eben sehr schön, dieses Bild, was du gebracht hast mit dem Fell. Griechen tragen kein Fell, die tragen gesponnene Wolle. Also die Schafsproduktion, die haben sehr viele Schafe und die Wollproduktion ist bei denen, die tragen verarbeitete Wolle. Barbaren trinken auch immer. Die saufen auch. Und ein guter Grieche trinkt sein, also der säuft auch.
Daniel
00:43:56
Was ist mit dem griechischen Wein?
Solveig
00:43:57
Der vermischt mit Wasser. Also Griechen trinken den Wein nicht pur. Barbaren trinken Milch. Ist auch so ein Punkt.
Daniel
00:44:06
Das ist auch eine Beleidigung.
Solveig
00:44:07
Habe ich mir mal sagen lassen.
Daniel
00:44:08
Milchtrinker?
Solveig
00:44:08
Milchtrinker sind keine guten Griechen. Ja, dann die langen Haare, die unfrisierten Haare, diese zotteligen Haare. Das ist auch immer dieses Bild, was auch in den Historienfilmen immer kommt. Auch das, weil griechische Männer ja sehr viel Wert auf ihre Frisur gelegt haben. Die haben da ja wahnsinnig viel Zeit drauf verwendet.
Daniel
00:44:25
Im Barbershop.
Solveig
00:44:26
Ja, der Bart wurde gelegt. Also diese Kringellocken, die wir auch in der Kunst sehen, die sind mit Eisen gemacht worden.
Daniel
00:44:33
Das ist aber auch gefährlich. Ja gut. Mit so einem heißen Eisen direkt an meinem Kopf hantiert.
Solveig
00:44:39
Was glaubst du, wie Frauen in die Locken reinkriegen? Also dieser Punkt, genau. Also was ist gut? Und zivilisiert ist alles, was griechisch ist und alles, was nicht griechisch ist. Das sind eben die wilden Barbaren, die im Wald hausen, weil der gute Grieche lebt ja in der Stadt. Also die Griechen sind auch sehr, die lieben so Gegenbilder. Also auch die Amazonen beispielsweise sind so ein Gegenbild zu ihrer Gesellschaft. Also das alles sind immer so Gegenbilder und die Barbaren, die hausen halt im Wald auf Bäumen und haben irgendwelche.
Daniel
00:45:09
Das haben wir ja heute nicht mehr im Kopf.
Solveig
00:45:10
Gott sei Dank. Nein. Gegenbilder, Brunz, nein, gar nicht. Und das greifen jetzt eben die Aufklärer im Grunde auch auf, diese Idee von der Zivilisation und der Wildheit. Da sind wir jetzt wieder bei einem Gegenbild. Also wir waren jetzt bei der Kultur und der Natur. Und um jetzt aus der Natur Kultur quasi zu machen, also aus dem natürlichen Menschen, den kultivierten Menschen zu machen, müssen wir ihn zivilisieren. Durch Bildung, das ist so ein Punkt. Und was jetzt vermehrt entsteht, sind so institutionalisierte Gefängnisse. Das gibt es vorher so nicht. Also es gibt zwar immer diesen, ja wirft ihr in den Kerker oder so. Wir haben das auch bei den Kätzern. In die Festung. In die Festung, aber das ist eigentlich immer nur so eine Zwischenverwahrung, bis man entschieden hat, ob die Person unschuldig ist oder ob sie hingerichtet wird. Also diese 30 Jahre im Gefängnis sitzen und dann wieder hinaus resozialisiert worden zu sein, das gibt es vorher nicht so. Und man ist jetzt aber der Meinung, nein, der Mensch ist von sich aus gut und wir müssen ihm einfach nur die richtige, also die Kultur bringen und dann wird er auch das Gute wieder erkennen und deswegen gibt es jetzt.
Daniel
00:46:16
Und das macht man im Gefängnis.
Solveig
00:46:18
Im Gefängnis, wo er dann einfach 30 Jahre auf die leere Wand guckt und darüber nachdenken kann.
Daniel
00:46:23
Weil es dann auch eine Bibliothek gibt vielleicht.
Solveig
00:46:25
Ja, ich glaube, in den Gefängnissen gab es keine Bibliotheken.
Daniel
00:46:28
Oder später, das ist dann schon nach der Aufklärung, die Kirche wieder. Wenn er nur jeden Tag betet, dann wird er auch ein besserer Mensch.
Solveig
00:46:35
Das ist aber nicht im Sinne der Aufklärung.
Daniel
00:46:36
Das ist mir klar. Das ist dann wieder 19.
Solveig
00:46:39
Genau. Und was sich auch entwickelt sind, ich habe es jetzt in Anführungszeichen gesetzt, weil es auch mittlerweile eben eine Beleidigung ist, Ehrenanstalten. So wird das in der Zeit genannt. Auch die werden jetzt geschaffen, weil man auch da meint, die müssen auch nur richtig begebildet werden. Dann geht das. Vor allem da landen auch sehr viele einfach arme Menschen, die dann einfach... Wir machen dich zu einem guten Menschen, damit du nicht mehr arm bist, da waren wir ja auch schon mal. Also dieses Thema zieht sich so durch. Es werden dann, ja jetzt habe ich es mir leider nicht aufgeschrieben, das erste Irrenhaus ist dann der Narrenturm in Wien. Das wird glaube ich so in den 1760ern, wenn ich mich jetzt nicht irre, wird der gebaut. Und das ist auf der einen Seite vielleicht sogar für wirklich sehr schwer psychisch kranke Menschen hilfreich gewesen, weil sie dann dort irgendwie einen sicheren Raum hatten, wo sie vielleicht nicht beschimpft und verletzt wurden, wo man auf sie aufgepasst hat, wo sie Essen bekommen haben. Leider war das aber dann doch nur eine gute Idee vielleicht, weil die Realität dann doch ziemlich grausam war, dass sie dort eben wirklich in Ketten an die Wände gebunden wurden, dass sie keinerlei psychische Betreuung bekommen haben. Und dann, dass das auch dieser Narrenturm, aber auch andere eben dieser Anstalten, da konnte man Geld bezahlen und konnte man sich die angucken. Also es war im Grunde wie so ein Menschenzoo. Und das war natürlich.
Daniel
00:48:00
Es hat diesen… Das kommt nicht Immanuel Kant vorbei und liest dir sein Buch vor.
Solveig
00:48:03
Nee, nee. Und das ist dann natürlich so ein Punkt, das hat diesen Menschen, glaube ich, das hat alles nur noch schlimmer gemacht. Aber das kommt dann eben, weil man halt meint, mit Bildung und so Menschen kontrollieren zu können und zum Wohl zu führen. Und es gibt auch schon im 19. Jahrhundert Kritik, also sehr, sehr schnell Kritik an diesen irren Anstalten, weil man sagt, das hilft überhaupt nichts, das macht alles nur noch schlimmer. Dennoch wird bis Mitte des 20. Jahrhunderts werden psychisch Kranke mit Wasserkuren behandelt, in Anführungszeichen, oder mit Elektroschocks. Also das dauert dann doch ein bisschen, bis man auf den Trichter kommt, dass man vielleicht Therapie dem zuteil werden kann. Aber auch die Vorstellung, dass es Therapie gibt.
Daniel
00:48:44
Da muss ja erst der Sigmund seine Bücher schreiben.
Solveig
00:48:47
Da kommt man dann eben auch später hinzu. Aber dieser doch sehr, sehr grobe Umgang mit diesen psychisch kranken Menschen ist dann doch schon sehr schockierend. Und ich meine, wenn wir uns auch mal so Horrorliteratur oder Horrormedien angucken, diese Irrenanstalten sind ein beliebtes Setting von Horrorfilmen, von Videospielen mit Horrorelementen. Unsere Kultur erinnert sich an diese Epoche. Ja, das ist doch ziemlich einschneidend in Erinnerung geblieben. Also wenn du irgendwie ein gruseliges Setting schaffen möchtest, mit dem Gefühl, dass hier Gewalt angewendet wird gegenüber Menschen, die es nicht verdient haben, die dadurch nur noch schlimmer werden und gefährlicher werden, dann nimmst du die Irrenanstalt ins Setting.
Daniel
00:49:30
Aber weißt du, wieso das gebrochen ist? Also wenn doch ursprünglich die Idee war, wir bringen sie da hin, sie haben da einen sicheren Raum und dann füttern wir den Verstand mit Wissen und dann wird es besser. Zudem, wir ketten sie an und wir nehmen Eintritt von anderen Leuten, damit sie sich die angucken.
Solveig
00:49:47
Ich glaube, das hat damit zu tun, dass man da doch auch sehr schnell, also auch im Gefängnis mit harten Körperstrafen gearbeitet hat. Also, dass da nicht mehr nur der Verstand, sondern auch der Körper gemaßregelt werden muss. Und das haben wir ja auch in der Zeit, auch in der schulischen Erziehung, dass, gut, Rousseau sagt, bitte nicht, aber so richtig durchsetzen tut er sich da nicht. Also das Problem ist, glaube ich, auch, wir haben diese Aufklärer, die diese Bücher schreiben und wir haben die breite Masse, die das dann irgendwie umsetzt.
Daniel
00:50:16
Die wahrscheinlich schlicht überfordert war mit diesen Menschen.
Solveig
00:50:18
Ja, oder es vielleicht auch nicht so richtig nachvollziehend oder es vielleicht auch anders sieht und sagt so, ja, die sollen da mal ihre Bücher schreiben, ich weiß doch, was gut ist und ich weiß, was hilft. Und das hatte ich so, als ich so ein bisschen über Gefängnisse und eben so psychiatrische Anstalten gelesen habe, hatte ich so den Eindruck, dass die zwar da ihre Immanuel Kant in Königsberg irgendwas schreibt, aber wenn du da so ein Gefängnis leitest, glaube ich, wirst du da jetzt nicht sitzen und den Kant vorlesen. Also ich weiß es nicht. Und das ist ja auch so ein Thema, was auch Foucault dann ja groß bearbeitet hat, diese, ich weiß gar nicht, Macht und Herrschaft oder Macht.
Daniel
00:50:54
Was meinst du?
Solveig
00:50:55
Foucault hat auch so diese Bücher geschrieben.
Daniel
00:50:56
Verbrechen und Strafe.
Solveig
00:50:57
Genau. Und ich glaube, da geht er auch nochmal so drauf ein, eben dieser Drang, durch Kontrolle Menschen zu erziehen. Ich glaube, da in dem Buch spricht er auch über die Institutionalisierung von Gefängnissen.
Daniel
00:51:13
Überwachen und Straßen heißt das Buch.
Solveig
00:51:15
Überwachen und Straßen. Wenn wir jetzt unsere eigenen Leute schon zum Wohl gebracht haben durch die Bildung, dann müssen wir uns ja jetzt den anderen Leuten zuwenden. Und da kommen wir jetzt zu dem großen R, das im Raum steht. Rassismus.
Daniel
00:51:30
Ah, ich war noch bei Religion.
Solveig
00:51:32
Ja, okay. Das hat man ja jetzt abgeschafft. Denn das ist mittlerweile auch bekannt, dass der moderne Rassismus aus diesem Weltverständnis oder Naturverständnis der Aufklärer entstanden ist. Ich hatte das eben schon angesprochen mit Herodot, mit den Griechen und den anderen. Also Xenophobie hat es immer schon gegeben. Also die Angst vor dem Fremden, die Angst vor dem Anderen oder auch die Ablehnung gegenüber dem Anderen. Aber wenn wir uns das angucken bei Herodot oder auch überhaupt in der griechischen Kultur, auch noch in der römischen Kultur, wird die Andersartigkeit in der Kultur zum Ausdruck gebracht. Also du sprichst nicht Griechisch, also bist du was anderes. Du hast andere Götter, also bist du jemand anderes. Du frisierst dich anders, du kleidest dich anders, du isst anderes Essen, dann bist du jemand anderes.
Daniel
00:52:26
Dann bist du aber auch groß gewachsen, wahrscheinlich, oder? Die Germanen.
Solveig
00:52:30
So groß waren die jetzt auch nicht.
Daniel
00:52:31
Vergleich zu der Italien. Meinst du nicht, dass der Dings da, wie heißt der, Tacitus?
Solveig
00:52:36
Tacitus war auch nie da. Also ich weiß nicht, welcher Mann Tacitus gesehen hat, aber ich glaube die Einzelnen, die dann da waren.
Daniel
00:52:44
Die Kriegsgefangenen.
Solveig
00:52:45
Ja, beziehungsweise die Geiseln, die dann auch freiwillig dageblieben sind oder die Hilfstruppen, die dann freiwillig, die auch Römer geworden sind. Also das ist nämlich der Punkt. Xenophobie möchte ich gar nicht behaupten. Alle mochten sich in der Antike. Es gab überhaupt keine Diskriminierung. Nein, nein. Es gab ganz klar Diskriminierung von anderen Menschen. Aber wie gesagt, es wurde mit der Kultur begründet. So. Und das ist insoweit, gibt es da ja einen Weg raus. Ich lerne die Sprache, ich ziehe mich an wie die anderen, ich esse das Essen der anderen, ich nehme deren Götter an, dann geht es. Und das haben wir eben bei den Römern funktioniert das eben verhältnismäßig gut. Bei den Griechen nicht so, aber bei den Römern später sehr, sehr gut. Das sieht man an den Sklaven. Also wir haben ja, wenn du als Sklave hattest du die Möglichkeit freigelassen zu werden, das ist relativ oft passiert und du hattest dann als freigelassenen L hinter deinem Namen. Also du hast meistens irgendeinen Namen angenommen, hast dann noch den Namen deines, also den Familiennamen deines ehemaligen Herren angenommen und dann stand ein L dahinter für, ich glaube Libri oder Liberti, weil sie es jetzt nicht, also freigelassen haben. Und als Freigelassener hattest du bestimmte Rechte und bestimmte Rechte hattest du nicht. Beispielsweise durftest du keinen Kursus Honorum antreten, also durftest kein Amt bekommen. Ich glaube, die Kinder oder deine Enkelkinder, die durften das dann schon. Aber du hast als Freigelassener das Bürgerrecht bekommen. Also du warst zwar freigelassen, aber du warst Bürger und du hast dadurch Bürgerrechte gehabt. Und wie gesagt, ich glaube, die Kinder durften dann auch tatsächlich den Kursus Honorum machen. Ob die das geschafft haben, ist eine ganz andere Frage.
Daniel
00:54:28
Bis zum Konsul aufzusteigen.
Solveig
00:54:30
Glaube ich nicht, aber theoretisch hätten sie das Recht gehabt. Und das führt dann eben dazu, dass dann eine größere Vermischung stattfindet und man höchstwahrscheinlich dem Enkel oder dem Urenkel nicht mehr angesehen hat, dass der einen Sklaven in der Vergangenheit hatte, weil die dann integriert waren in die Familie. Die hatten das Bürgerrecht, die waren römische Bürger und durften auch so auftreten.
Daniel
00:54:56
Wahrscheinlich auch irgendwann vergessen.
Solveig
00:54:57
Ja, ich glaube.
Daniel
00:54:58
In der fünften Generation oder es verdrängt.
Solveig
00:55:00
Ich weiß nicht. Also wie gesagt, die Römer waren da auch sehr gut. Das ist so ein Ahnenkult und so. Ich meine, wenn man sich so englische High Society anguckt, auch im 19. Jahrhundert, so viktorianischen Zeit, die wissen dann alle, wer wessen Urgroßvater ist, wissen die im Kopf. Und ich glaube, damals war das auch so. Aber was sich jetzt eben verschiebt ist, dass jetzt, weil man ja nicht mehr auf die Kultur guckt als gesellschaftsformend oder menschenformend, sondern auf die Natur, wird jetzt nicht mehr die Sprache genommen oder die Religion oder Essensgewohnheiten, sondern es wird auf den Körper geguckt. Und da schaut man sich jetzt an, was haben wir denn da für Unterschiede?
Daniel
00:55:40
Das sieht ja ganz anders aus.
Solveig
00:55:41
Ja, und damit muss der ja auch anders sein. So, und da habe ich jetzt einfach mal ein paar Beispiele mitgebracht.
Daniel
00:55:48
Kommt Herr Kant nochmal.
Solveig
00:55:49
Ja, ich möchte einmal darauf hinweisen, ich habe Worte, rassistische Worte werde ich nicht aussprechen. Normalerweise bei Quellen bin ich der Meinung, man sollte sie so aussprechen, wie sie sind, um einfach auch zu zeigen, was diese Menschen gedacht haben. Hier fallen aber derart rassistische Wörter, das möchte ich nicht auf Band haben, dass ich dieses Wort ausspreche. Deswegen müsst ihr da jetzt...
Daniel
00:56:13
Deswegen soll ich das tun?
Solveig
00:56:14
Nein, deswegen habe ich es insgesamt hier entfernt. Ich denke, euch ist klar, welches Wort gemeint ist. Wie gesagt, an sich finde ich es wichtig, schon zum Ausdruck zu bringen, was diese Menschen gedacht haben. Aber an dieser Stelle tut es nicht Not. Und da haben wir jetzt, möchtest du Voltaire oder Kant sein?
Daniel
00:56:31
Ich war ja schon Kant.
Solveig
00:56:33
Möchtest du lieber Voltaire sein?
Daniel
00:56:35
Nee, ich kann auch Kant weiterlesen.
Solveig
00:56:37
Bei Kant haben wir nämlich wieder ein bisschen längere Zitate. Voltaire ist nun ganz kurzer zum Einstieg, damit ihr jetzt so ungefähr wisst, was jetzt auf euch zukommt. Die Rasse der N-Wort ist eine der von der Unserigen völlig verschiedene Menschenart, wie der des Spaniels sich von der Windhunde unterscheidet. Man kann sagen, dass ihre Intelligenz nicht einfach anders geartet ist als die Unserige. Sie ist ihr weit unterlegen. Das schreibt Voltaire 1755. Und vielleicht davon beeinflusst, vielleicht auch nicht schreibt Immanuel Kant.
Daniel
00:57:12
Der N kann diszipliniert und kultiviert, niemals aber echt zivilisiert werden. Er verfällt von selbst in die Wildheit. Amerikaner und können sich nicht selbst regieren, dienen also nur zu Sklaven.
Solveig
00:57:27
Es ist aus dem Buch Beobachtung über das Gefühl des Schönen und Erhabenen.
Daniel
00:57:33
Aha. In den heißen Ländern reift der Mensch in allen Stücken früher, erreicht aber nicht die Vollkommenheit der temperierten Zonen. Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der Rasse der Weißen. Die gelben Inder haben schon ein geringes Talent. Die sind tiefer und am tiefsten steht ein Teil der amerikanischen Völkerschaften.
Solveig
00:57:56
Also das letzte ist auch so ein sehr bekanntes Zitat, das in den letzten Jahren immer wieder rausgeholt wurde, um zu diskutieren, war Immanuel Kant jetzt Rassist oder nicht.
Daniel
00:58:05
Es hätte ihm vielleicht einfach gut getan, in dem Fall hinzufahren und anzugucken und zu fassen.
Solveig
00:58:09
Ja, das hätte Voltaire auch, glaube ich, gut getan. Wie gesagt, es gibt diese lange Diskussion, weil ja auch Kant sich dann später dafür ausspricht, nein, alle Menschen sind gleich und es ändert aber nichts, dass er solche Sachen ausgesprochen hat oder beziehungsweise niedergeschrieben hat und es geht mir auch nicht persönlich um Immanuel Kant. Ich habe mit dem nichts zu tun, ich bin mit dem nicht verwandt, ich kann mit ihm nicht reden. Ich führe das einfach nur an, um zu zeigen, welche Gedanken hier in dieser Zeit unterwegs sind. Also das ist nicht nur Emanuel Kant, das sind die alle. Auch Hegel schreibt das, dass die N-Wort nicht so toll sind und wilder sind und wir müssen, also die Weißen müssen sie beherrschen, weil sie eben die Besten und Schönsten und Tollsten sind. Und das ist eben dieser große Switch zwischen der Xenophobie, die es vorhergegeben hat und diesem eben modernen naturwissenschaftlich oder vermeintlich naturwissenschaftlich erklärtem Rassismus, denn hier kommt man ja nicht raus. Deswegen habe ich das eben so lange erklärt mit den Römern und ihrer Kultur, weil... Die Sprache kann man lernen. Die Haare kann ich mir so frisieren, wie die das alle machen. Aber meine Hautfarbe kann ich nicht lernen. Also das geht einfach nicht. Also du bist dann einfach da drinnen fest und kommst da nicht raus. Und das ist eben dann auch so der Punkt. Ja, die Sklaverei und den transatlantischen Dreieckshandel hat es auch davor schon gegeben. Muss ich das auch so ein bisschen vorsichtig sein? Also das ist auch eine fließende Entwicklung. Das ist nicht plötzlich im Emanuels Kopf da gewesen und jetzt so jetzt haben wir Rassismus, sondern das ist eine Entwicklung über Jahrzehnte. Man kann aber sehen, dass bei den Portugiesen und den Niederländern, die ja die ersten waren, die afrikanische Sklaven in die sogenannte neue Welt gebracht haben, am Anfang noch mit der Religion argumentiert haben, das sind keine Christen und deswegen können wir sie versklaven. Und dann hat sich diese Trennung entwickelt und so eine Biologie wurde herangezogen. Und auch diese Vorstellung von Weiß ist im Grunde eine Folge des Konstrukts von Schwarz. Also man hat in den USA die schwarzen Sklaven und man hat die Sklavenhalter, die ja aber international quasi sind, also Niederländer sind, Deutsche sind, Engländer sind etc. Und da wird sich dann quasi auf den kleinsten gemeinsamen Nenner fokussiert, auf die Hautfarbe, das heißt die Weißen sind die Sklavenhalter, die Schwarzen sind die Sklaven und da gibt es dann eben nicht mehr diese Möglichkeit des Aufstiegs, wie es in Rom der Fall war. Und deswegen bei vielen, es sind mittlerweile nicht mehr, aber man sieht einfach in den USA heute noch, wer vielleicht mit der Mayflower kam und wer mit dem Sklavenshift kam, weil man das einfach an anderen Faktoren, am Phänotyp festgemacht hat. Und das geht eben auf diese Vorstellungen der Natur zurück, dass wir an unserer Naturbeobachtung mit unserem Verstand arbeiten. Die Welt ordnen können. Und das macht man eben mit den Menschen. Also das ist schon so ein Punkt, der gerne bei der Aufklärungsrezeption weggelassen wird, dass das einfach Hand in Hand geht und sich gegenseitig beeinflusst. Natürlich kann man dann zur Frage stellen, na gut, die Portugiesen Niederländer hatten vorher schon angefangen mit der Versklavung, hätte es die Aufklärung gebraucht, wäre es ohne Aufklärung vielleicht auch dazu gekommen, aber man sieht einfach, hier ist man halt so eine unheilige Allianz eben eingegangen. Ich hatte es schon angesprochen, das Weiß wird eben auch konstruiert, die weiße Ethnie hat auch mit der antiken Rezeption wieder zu.
Daniel
01:01:46
Die sind alles so schön weiß, genau.
Solveig
01:01:49
Die Statuen. Ja, das ist nämlich so der Punkt. Wir haben Johann Joachim Winkelmann. Er hat in der Geschichte der Kunst des Altertums 1764, also wir sind voll in dieser Zeit drin, diesen schönen Satz geschrieben. Da nun die weiße Farbe diejenige ist, welche die mehreste Lichtstrahlen zurückschickt, so wird auch ein schöner Körper desto schöner sein, je weißer er ist.
Daniel
01:02:12
Ach.
Solveig
01:02:13
Ja. Der Winkelmann.
Daniel
01:02:15
Der hat sich halt gerne so weiße, muskulöse Götterstatuen angeguckt.
Solveig
01:02:21
Genau, und er hat auch lange Balladen und Oden auf die Schönheit des männlichen Torsos aus der Antike verpasst. Ich habe mir die durchgelesen.
Daniel
01:02:31
Ach so. Hast du das auch mitgebracht? Nee.
Solveig
01:02:34
Weil es kein….
Daniel
01:02:35
Nicht mal für den Nachklapp.
Solveig
01:02:36
Es wäre so lang gewesen. Ich habe es so nach einem schönen Satz, den man so rausziehen kann. Ich meine, ich fühle ihn. Ich habe den Barberini-Faun auch gesehen in der Glyptothek. Mein Leben. Es gab eine Zeit davor und es gibt eine Zeit danach.
Daniel
01:02:51
Da sprechen wir nach im Nachklapp drüber. Ich glaube, das führt jetzt zu weit.
Solveig
01:02:54
Auf jeden Fall.
Daniel
01:02:55
Also für alle, die ich genannt habe am Anfang, die uns bei Steady unterstützen, regelmäßig, die kriegen dann noch den was bitte?
Solveig
01:03:03
Den Barberini-Faun.
Daniel
01:03:04
Den Barberini-Faun. Ich bin sehr gespannt darauf. Nein, ich bin da nicht so kultiviert wie du.
Solveig
01:03:10
Das ist meine Welt verändert.
Daniel
01:03:13
Meine antiken Rezeption lässt deutlich zu wünschen.
Solveig
01:03:17
Ist vielleicht aber auch nicht so schlimm. Es bringt einen nur auf falsche Ideen. So, da kommen wir jetzt nämlich zu der Farbigkeit oder eben Nichtfarbigkeit antiker Skulpturen. Und daran hat sich bis heute, oder der dauert weiterhin an, dieser Kulturkampf, waren die Skulpturen jetzt bunt oder nicht?
Daniel
01:03:36
Wie?
Solveig
01:03:37
Ja.
Daniel
01:03:37
Aber ich dachte, ihr seid der Serie Rom. Weißen jetzt alle, wie bunt es war.
Solveig
01:03:42
Ja, das dachte ich auch, aber es mag dich vielleicht nicht überraschen, wer das in Frage stellt.
Daniel
01:03:48
Die, die das Kapitol so festgebaut haben?
Solveig
01:03:50
Ja, nein. Die? Auch die. Die, aber heutzutage meine ich jetzt eher.
Daniel
01:03:54
Die, die das Kapitol stürmen?
Solveig
01:03:56
Genau. Also wirklich Rechtsextreme, Rechtsradikale, die Neue Rechte oder Alt-Right.
Daniel
01:04:04
Wie es in den USA heißt. Die müssen immer nach Pompeji und sich die Häuser angucken.
Solveig
01:04:06
Die fahren doch nicht nach Pompeji. Die sitzen bei sich zu Hause. Auf jeden Fall, das ist wirklich krass, wie auch ArchäologInnen beleidigt werden und dort Drohungen erhalten, weil die Paper schreiben, dass das antike Statuen bunt waren von Rechtsextremen. Weil nein, die müssen weiß sein, weil daher ja auch ihr Weltbild kommt, der Überlegenheit der Weißen, also diese White Supremacy oder eben weiße Vorherrschaft, wird es auf Deutsch übersetzt, leitet sich wirklich davon ab, also du musst da mal, musst du nicht, aber wenn man, manchmal ist man dem ausgesetzt und sich so Artikel auch anguckt, so von der neuen Rechten, die hauen ständig die Laokon-Gruppe als Coverbild. Ihre politischen Ideen oder den Apoll von Belvedere. Also ständig irgendwelche römischen Statuen, um mir zu erzählen, wie toll die Griechen waren. Und man denkt sich, Mäuschen, das sind römische Kopien. Der weiße Marmor ist von den Römern benutzt worden. Die Griechen haben Bronze benutzt. Weil, gerade nur so, um ein bisschen mal was Nettes zu erzählen, weißt du, warum die Bronze benutzen? Das habe ich als letztes Stunde eine Weile her.
Daniel
01:05:21
Weil sie wissen, wie es geht.
Solveig
01:05:23
Auch, weil, wenn man, also ich habe, es gibt so Kopien, also da kommen wir jetzt auch zu, warum.
Daniel
01:05:28
Geht nicht so schnell kaputt?
Solveig
01:05:29
Nee, wenn man Bronze poliert, also wenn die frisch sind, dann erleuchten die ja dieses warme Gold, das sieht aus, also man hat Kopien, man hat Statuen nachgemacht. Um eben die Buntheit der Antike zu zeigen, da muss ich vielleicht nochmal erklären, das war jetzt bei mir schon im Kopf so drin. Es gibt so eine Ausstellung, das war so eine Wanderausstellung Bunte Götter. Da haben sie Antike Skulpturen repliziert aus Gips, glaube ich, das war auch deren Problem. Und die mit den Farbpigmenten quasi wiederhergestellt, die sie auf den Figuren nachweisen konnten. Das sah ein bisschen blöd aus. Und ich glaube, das lag daran, weil die Figuren aus Gips waren und Gips einfach Licht anders zurückwirft als Marmor. Und die haben auch nur die chemischen Farbpigmente benutzt, weil man die nachweisen konnte. Aber es ist bekannt, dass die eine Mischung aus chemischen Farbpigmenten und natürlichen Farbpigmenten benutzt haben. Das heißt, diese Statuen waren nicht in ihrer vollen Farbigkeit da, weil die Natur, die waren halt vergangen. Deswegen konnte man die nicht nachweisen. Aber es gab einem schon mal so einen guten Eindruck, wie das ursprünglich mal ausgesehen hat von der antiken Farbigkeit.
Daniel
01:06:42
Schockierend teilweise.
Solveig
01:06:43
Ja, aber wie gesagt.
Daniel
01:06:43
Aber das liegt dann vielleicht am Gips. Ja, ist richtig. Aber das heißt, die Bronze haben die auch bemalt?
Solveig
01:06:48
Ja, genau. Und da kommen wir jetzt nämlich zu. In diesem Zusammenhang haben sie nämlich, es gab so zwei Skulpturen. Die hat man irgendwie im Mittelmeer gefunden. Die waren beim Transport, war das Schiff gesunken. Und die waren noch relativ gut erhalten, dass sich das Pigment, oder irgendwie hatte sich das erhalten. Und die hatten man auch in diesem Zusammenhang wiederhergestellt. Und die waren entstanden auch eine Weile hier im Altenmuseum. Und das sah aus wie eingeölter menschlicher Haut. Das war so gut.
Daniel
01:07:15
Das hätte Herrn Winkelmann bestimmt auch gefahren.
Solveig
01:07:17
Bestimmt. Das hat auch mir gefahren. Aber wenn man sich das dann bewusst macht, warum die arbeiten im Bronze, weil das aussieht wie eingeölt. Und wenn man sich dann bewusst macht, dass die sich ja auch immer eingeölt haben bei Veranstaltungen. Ja klar. Und deswegen zeigen die, deswegen arbeiten die in Bronze. Wenn man sich dann bewusst wird, dass das Material natürlich einen Grund hat, der Grund, warum man ein bestimmtes Material verwendet, einen Grund hat. Das ist doch wahnsinnig. Auf jeden Fall, wie gesagt. Eben Rechtsextreme und all diese Menschen sind aber eben der festen Überzeugung, dass die Skulpturen alle weiß waren, dass die Griechen auch in weißem Marmor gearbeitet haben und verweigern eben auch die Existenz von Farbpigmenten an Marmorstatuen. Also es gibt eben viele, da haben wir glaube ich auch schon mal drüber gesprochen, viele, viele Skulpturen, wo man noch die Farbpigmente sieht. Und das hat auch der Winkelmann gesehen.
Daniel
01:08:11
Ja, weil die Barbaren doch später gekommen sind und das angemalt haben.
Solveig
01:08:16
Und man hat sie wirklich absichtlich in Säure gelegt, um diese bösen, falschen Faktimente zu entfernen.
Daniel
01:08:22
Damit der Winkelmann seine Weisheit ...
Solveig
01:08:24
Genau, weil wahre Schönheit ist weiß. Also man hat hier mutwillig, so viel zu Verstand und wissenschaftlicher Methode und so, mutwillig historische Fakten verändert, damit sie in das eigene Welt befassen. Also erzähl mir nichts von wegen Realität und ...
Daniel
01:08:43
Der Begründer der modernen Kunstgeschichte.
Solveig
01:08:46
Und Archäologie, glaube ich auch.
Daniel
01:08:47
Und Archäologie.
Solveig
01:08:48
So, also, dann sind wir jetzt auch bei Athen angekommen, bei den Griechen. Vielleicht da auch nochmal zu, das hatten wir anfangs schon angesprochen, noch hattest du mit dem Humanismus angesprochen.
Daniel
01:08:58
Ja, weil ich mich fragte, ob für die das Mittelalter bis 1700 geht.
Solveig
01:09:01
Bis zu ihnen quasi, bis zu ihnen, mit uns kommt das Licht. So, was wir aber sehen können, also das gesamte Mittelalter über ist römische Kultur rezipiert worden. Und es nimmt dann aber eben zum Ende des Mittelalters massiv zu mit dem Humanismus. So nennt man diese Zeit. Das ist ja im Grunde, also das passiert parallel mit der Renaissance. Das geht so Hand in Hand. Und bei Renaissance meint man dann eher, was so in der Kunst passiert. Also in der Malerei und der Architektur. Und Humanismus ist dann das, was mit den Schriften passiert. Was in den Bibliotheken quasi passiert.
Daniel
01:09:36
Dass man sich quasi fragt, wer ist der Mensch?
Solveig
01:09:38
Ja, oder dass man auch antike Texte liest und das auch.
Daniel
01:09:42
Also nicht zum ersten Mal, dass da jemand in antike Schriftstücke reinguckt.
Solveig
01:09:45
Also die Humanisten waren auch, die meinen, wir mit uns.
Daniel
01:09:47
Wir um 1500 beginnen jetzt das neue Zeit. Und Renaissance-Bauten haben wir da auch. Tempel imitiert.
Solveig
01:09:54
Genau, das ist so der Punkt. Also auch in der, das habe ich eben vergessen mit der Aufklärung, auch der Klassizismus, also diese Bauart ist jetzt ja wieder, wir machen jetzt Kapitol mit Säulen, korinthischen Säulen.
Daniel
01:10:05
Also alle der Kram, der um 1800 gebaut wird und so aussieht, wie angeblich im alten Rom alles aussah.
Solveig
01:10:11
In weiß.
Daniel
01:10:12
Oder auf der Akropolis.
Solveig
01:10:13
Deswegen ist das amerikanische Kapitol auch strahlend weiß. Auch wenn das Forum in Rom niemals weiß war. Aber eben da wieder zurück, also um 1500 fangen sie damit auch bewusst an und gerade auch das Römische Reich ist immer rezipiert worden. Also auch ein Barbarossa sieht sich in der Nachfolge eines Augustus.
Daniel
01:10:36
Deswegen nennt sie sich ja sogar Römisches Reich.
Solveig
01:10:38
Und er nennt sich ja auch Semper Augustus. Aber es wird so um 15,5 irgendwie auch trendig. Es ist so hip.
Daniel
01:10:47
Jetzt haben wir die echten Quellen wieder gefunden.
Solveig
01:10:49
Ja, beziehungsweise die echten Quellen.
Daniel
01:10:51
Oder die aus Byzanz da, die vertriebenen Griechen haben gesagt, ihr macht das hier falsch.
Solveig
01:10:55
Die haben das so ein bisschen mitgebracht, aber eigentlich haben sie trotzdem nur die Bücher aus den Klöstern gelesen, weil es war ja sonst nichts da. Und das ist eben so der Punkt. Also in den Klöstern ist, Rom hat weitergelebt, weil man die Bücher weitergeschrieben hat. Ist ja auch mit Tacitus, also wo ist die Germania gefunden worden? In einem Kloster, weil jemand 1100 irgendwas das abgeschrieben hat. Sonst hätten wir den Text nicht mehr. Aber also, wie gesagt, antikes Wissen ist immer rezipiert worden, aber vor allem eben in den Klöstern, in den Bibliotheken, wo man sie vielleicht auch einfach nur abgeschrieben hat, weil das Buch halt mittlerweile... Nicht mehr so gut ist. Und jetzt wird es eben hip, vor allem in Italien, auch von Fürsten und deren Familien, diese Texte wieder zu lesen. Und es wird hip, sich antike Mythen an die Wände zu malen. Und das greift dann so auf ganz Europa über und sie sammeln jetzt diese antiken Texte und lassen sich die abschreiben und schicken sich gegenseitig Abschriften zu. Und hast du schon den Xenophon gelesen und hier den Dings und Dionysos und Hüdüte. Also bauen sich ihre eigenen Bibliotheken und schreiben sich dann gegenseitig, was für geile Bibliotheken sie haben. Also das ist so. Im Grunde ist es ein Trend gewesen. Das ist eben nochmal so der Punkt, den ich nochmal deutlich machen möchte. Dieses antike Wissen, das sie in der Renaissance wiederfinden, war nie verloren. Wer ist wirklich verloren gewesen? Hätten sie es nicht finden können.
Daniel
01:12:12
Wobei, muss man vielleicht dazu ergänzen, die Vorstellung, die man so hat, jetzt haben wir die Antike, haben wir da noch. Ich glaube jetzt, die offizielle Zahl kenne ich wieder nicht, was es so an Schätzungen gibt. Aber ich glaube, das, was wir heute an antiken Texten kennen, dank Humanisten und denen, die in Korwei schon alles angeschrieben haben vorher, ist ja so ein Prozent oder so höchstens.
Solveig
01:12:31
Ganz, ganz wenig.
Daniel
01:12:32
Weil die reden eigentlich ständig von Büchern, wo wir keine Ahnung haben, was das für Bücher sind, die einfach heute nicht mehr existieren. Und deswegen kann man das so schätzen, dass eigentlich so einfach der allergrößte Teil antiker Literatur und antiken Wissens nicht mehr da ist.
Solveig
01:12:46
Oder man hat dann Fragmente, also ein Buch ist nur in Fragmenten da und das ist, weil einer hat ihn 300 Jahre später zitiert nach dem Motto, ja aber schon, Epikurus schreibt Satz 1, Satz 2, Satz 3 und dann, okay, wir haben diese drei Sätze von Epikurus. So, also natürlich ist es sehr, sehr viel weg, aber wir haben die Dinge, die wir haben, eben nur, weil sie konstant auch durchs Mittelalter hindurch rezipiert wurden und erhalten wurden. Und das ist dann eben auch so dieser, das habe ich auch mal bei YouTube gesehen und ich dachte mir einfach nur, was, du Dulli, so ein Video über den großen Verlust, welches Wissen wir beim Brand der Bibliothek von Alexandria verloren haben. Viel, wirklich viel. Vor allem auch Originale, weil die Bibliothek von Alexandria hatte so einen kleinen Tick. Die haben alle Bücher, die veröffentlicht wurden, haben sie gesagt, ihr schickt die uns. Dann wurde die in die Bibliothek von Alexandria eingezogen. Also du musstest es quasi schicken. Dann haben die das abgeschrieben und die haben dir die Kopie geschickt. Und dein Original haben sie behalten.
Daniel
01:13:49
Ach, das ist ja immer richtig krass. Beim ersten Teil dachte ich, das ist so wie die Deutsche Nationalbibliothek.
Solveig
01:13:54
Nö, du kriegst dann die Kopie zurück. Und das muss wirklich auch ein Riesending gewesen sein, da ist wahnsinnig viel und die Bibliothek ist ja auch mehrmals angezündet worden und da war das halt irgendwie so ein YouTube-Video, ja diese Dampfmaschine und das hatten die wirklich so rekonstruiert, also das ist auch Wahnsinn, wie viel ja mit Bronze und Dampf die schon konnten. Also es gibt ja diese Geschichte, ich glaube bei Polybius wird das erzählt, dieser sizilische Tyrann, der sich dieses, das hatten wir glaube ich bei der Battery-Folge schon mal erzählt oder ich hatte es nur gedacht, weil er sich das wahrscheinlich daherleitet, der hat sich angeblich so einen Riesen, so einen Ochsen aus Bronze anfertigen lassen. Und da soll er dann irgendwelche Leute, weil er war ja ein Tyrann, die ihn nicht mochten, hat er da reingeworfen und dann ist da irgendwie, ist dieser, Ochse aufgeheizt worden, weil man ihn irgendwie überglühendes Feuer oder so gestellt hat und dann haben natürlich die Menschen da drin vor Schmerz gestöhnt und das klang dann so, als ob dieser Ochse halt brüllen würde.
Daniel
01:14:55
Oh mein Gott.
Solveig
01:14:56
Und das ist so die Geschichte, da geht man davon aus, das hat so die eiserne Jungfrau beeinflusst.
Daniel
01:15:01
Diese Vorstellung.
Solveig
01:15:02
So und da, also solche Geschichten gibt es immer wieder.
Daniel
01:15:06
Weshalb man… Der YouTuber sagt, das war nicht so schlimm mit der Bibliothek oder du sagst, das war vielleicht übertrieben.
Solveig
01:15:12
Also er sagte halt, da bin ich jetzt ein bisschen abgekommen, er meinte halt, wir haben so viel Wissen verloren. In der Bibliothek von Alexandria war ganz viel Wissen über die Natur und Naturwissenschaften drin und wir werden schon viel, viel weiter in unserer technischen Entwicklung, wenn es das alles noch gäbe. Weil guckt mal, in der Bibliothek von Alexandria war Wissen über so eine Dampfmaschine.
Daniel
01:15:32
Dampfmaschine.
Solveig
01:15:33
Und die hatten sie jetzt irgendwie rekonstruiert.
Daniel
01:15:35
Und woher weiß er das?
Solveig
01:15:36
Ja, genau. Woher weißt du, Trottel, das? Wenn es das nicht mehr gibt. Ja, weil irgendjemand höchstwahrscheinlich im Mittelalter das aufgeschrieben hat. Das ist immer eine lustige Geschichte.
Daniel
01:15:49
Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.
Solveig
01:15:52
Aber wir haben all dieses Wissen verloren. Schaut, was da drin ist.
Daniel
01:15:55
Aber das steht doch im Internet.
Solveig
01:15:56
Ja, also da bin ich, dachte ich, du Dulli, denk doch mal bitte mit, woher weißt du das? Aber das ist dann halt eben das fortschrittsfeindliche, finstere Mittelalter. Die hätten die auch angezündet in ihrem religiösen Wahn. Also es wird salonfähig, zu Tisch beim Fürsten über Herodot zu reden, während man vorher, weiß ich nicht, was anderes gemacht hat. Macht man das jetzt. Also das ist so der Gedanke. Und jetzt kommt das halt wieder. Also wie gesagt, das haben die Humanisten salonfähig und schick gemacht Und darauf aufbauend hat dann auch René Descartes und all die anderen so weiter gedacht. Und jetzt gucken sie natürlich nicht nur auf die antiken Skulpturen aus Marmor, sondern sie gucken halt auch nochmal in diese Texte rein und lieben es. Klassische Autoren zu lesen. Sie leben es so sehr. Vor allem die Attischen. Das sind auch die einzigen, die man so hat. Das ist auch so ein Problem.
Daniel
01:16:53
Was sind die Attischen?
Solveig
01:16:54
Das ist auch der Athen. Die Athener Texte, das ist halt wirklich ein Problem. Die meisten Texte sind aus Athen. Wir haben eigentlich keine Texte aus Sparta.
Daniel
01:17:05
Das heißt dann in den Texten wahrscheinlich auch die anderen Griechen sind eigentlich auch Mist.
Solveig
01:17:08
Ja, das ist nämlich der Punkt. Also die Athener und die Sparta die führen ja Krieg. und wir haben im Grunde nur antispartanische Propaganda und wir haben keine Texte von den Spartanern. Das heißt, alles, was wir über die Spartaner wissen, müssen wir irgendwie aus dieser antispartanischen Propaganda ausdrücken. Und wenn man dann bedenkt, dass die Griechen ja gerne in Gegenbildern denken, wird es halt schwierig. Aber die werden jetzt vor allem gelesen, weil Athen ist geil, Griechen sind noch viel besser, Freiheit, Demokratie haben ja schon die Athener gehabt.
Daniel
01:17:38
Für einen kleinen Teil.
Solveig
01:17:39
Ja, und da kommen wir dann nämlich zur amerikanischen Umhaltlichkeitserklärung, die natürlich in diesem Geiste verfasst wurde. Das ist natürlich der große Satz. All men are by nature equally free and independent and have certain inherent rights. Also alle Menschen sind gleich. Von Natur. Und frei.
Daniel
01:18:03
Und haben in sich.
Solveig
01:18:04
Und in sich bestimmte Rechte. Erblich, körperlich. So, da haben wir schon das Wort Men. Und das ist natürlich, wenn man jetzt Athen rezipiert, nicht überraschend, dass man vielleicht nur den Men Rechte geben möchte.
Daniel
01:18:22
Aber heißt das doch Mensch?
Solveig
01:18:24
Ja, genau. Das erzählen die uns heute. Das stimmt nicht. Das ist damals nicht und da kommen wir jetzt auch zu. Wir gehen noch mal kurz nach Athen zurück und gehen dann, was dieser Begriff mit Men meint. Denn wir haben die amerikanische Unabhängigkeitserklärung basierend auf den Vorstellungen von Demokratie und Freiheit, die man eben aus der Rezeption unter anderem auch von athenischen Texten hat. Und sagt, alle Männer sind von Natur aus frei und gleich. Und da sind wir aber im Grunde, und das wird heute auch immer noch angeführt, wenn man eben sagt, ja, aber wie könnt ihr Sklaven halten? So, wie könnt ihr Frauen das Wahlrecht nicht geben? Ja, weil das meint hier Ständegesellschaft. Die Unabhängigkeitserklärung richtet sich ja gegen England. Das heißt, wir als Amerikaner haben von Natur aus das gleiche Recht wie die Engländer, deswegen sind wir keine Kolonien mehr, sondern wir sind unabhängig. Wir sind Demokraten, wir sind nicht in einer Ständegesellschaft organisiert. Alle Menschen sind gleich, das heißt, es gibt keinen König, es gibt keine Stände, es gibt keinen Adel, keinen Drittenstand. Wir alle sind unabhängig.
Daniel
01:19:23
Und das heißt, Herr Jefferson hat eben kein Problem, wenn er diese Unabhängigkeitsunterklärung unterschreibt. Jetzt sind wir alle Menschen gleich und gleichzeitig arbeiten bei ihm zu Hause die Versklavten.
Solveig
01:19:34
Ja, auch der Plantage. Ich weiß nicht, was sie bei ihm angebaut haben. Also das ist eben so dieser große Punkt, der gerne, weil das nicht im Kontext gelesen wird, dann kommt, ja, natürlich ist das fies und natürlich ist das scheiße, aber tatsächlich für die war das vollkommen logisch. Und ich glaube auch für die Engländer, die haben auch schon gewusst, was damit gemeint ist. Und da kommen wir jetzt eben nicht dazu, weil wenn die nämlich attische Texte rezipieren, auch da waren nicht alle Menschen gleich. So, überraschenderweise auch nur wohlhabende Männer aus der Gegend.
Daniel
01:20:09
Und aus der richtigen Familie wahrscheinlich. Oder war die Abstammung nicht so?
Solveig
01:20:13
Ja, aber das meint ja im Grunde die aus der richtigen Gegend.
Daniel
01:20:15
Nee, weil du meintest, bei den Römern nachher kannst du zwar den Aufstieg, aber erstmal bist du doch limitiert noch.
Solveig
01:20:21
Genau, aber wir sind jetzt ja noch in Athen. Bei den Römern ist das anders noch später nochmal, also ein bisschen. Aber in Athen ist das wirklich krass geregelt. Also wir haben Mithöken, wir haben Frauen und wir haben Sklaven, die zählen alle nicht zum Volk. Und da sind wir dann auch wieder bei der Unabhängigkeitserklärung in den USA. Denn wie gesagt, wir haben den Demos, das meint eben das Volk. In Athen, aber auch jede andere Stadt in Griechenland hat diesen Demos. Beziehungsweise in Sparta nicht, da gibt es Könige, das funktioniert anders. Aber alle, die eben Demokratie implementiert haben, Demos meint eben das Volk. Und das sind eben nur die Bürger und Bürger kannst du eben nur sein in Athen, wenn du in Athen geboren bist, also in einer athenische Familie geboren bist, wir waren schon immer hier, wenn du ein Mann bist, Und wenn du frei bist, das heißt Sklaven sind keine Bürger, mit Töken sind keine Bürger, erkläre ich sofort, und Frauen sind keine Bürger. Das heißt, die haben keine Rechte, die dürfen sich auch vor Gericht nicht selbst vertreten, sondern das macht dann der Bürger für sie. Und mit Töken meint Ansiedler, das können auch andere Griechen sein, wobei Sklaven können auch andere Griechen sein, die haben sich gegenseitig regelmäßig versklavt. Das sind also im Grunde freie Männer, die in einer anderen Stadt geboren sind und dann nach Athen gekommen sind, aus welchen Gründen auch immer, weil der korinthische Weinhändler sich gesagt hat, ich habe hier eine Business-Idee. Warum er auch immer das tun sollte.
Daniel
01:21:53
Und es gab noch keine Zunft, die daran hinkommt.
Solveig
01:21:55
So, das heißt, dann ist der Korinther eben in Athen ein Ansiedler, ein Methöke, wodurch er eben kein, also vielleicht hat er in Korinth noch sein Bürgerrecht, aber in Athen hat er kein Bürgerrecht, das heißt, er kann nicht Teil des Demos werden, er muss eine Sondersteuer zahlen und wenn es zu einem Rechtsstreit kommt, muss er auch einen Bürger bitten, den für ihn zu führen. Genau, und da gibt es ein schönes Zitat vom Pseudo-Xenophon, dem es in Athen scheinbar ein bisschen zu locker war, denn der schreibt, die Sklaven und Mithöken in Athen nehmen sich heraus, was sie wollen. Man kann sie nicht einfach schlagen und in der Straße treten sie einem nicht aus dem Weg.
Daniel
01:22:35
Er hätte eine schlägte Laune gehabt.
Solveig
01:22:37
Dem hat die Reise schon aber nicht gewonnen.
Daniel
01:22:39
Also ich würde ihm aus dem Weg treten.
Solveig
01:22:42
Ja, da gibt es ja auch diese Deutung, weil Bürger auf Vasen werden immer mit so einem langen Stock dargestellt. Also die haben verschiedene Attribute und dazu gehört so ein langer, dünner Stock.
Daniel
01:22:53
Okay.
Solveig
01:22:54
So eine Art E-Stock.
Daniel
01:22:55
Also die anderen schlagen zwischendurch.
Solveig
01:22:56
Ja, so ein bisschen. Also so wurde mir das zumindest mal erklärt, dass das eine These ist, dass du als Bürger Leuten so mit diesem Stock auf den Hacken hauen kannst. Das tut halt echt weh. Und dann springen die so weg und dann kannst du ungehindert durch die Straßen laufen.
Daniel
01:23:09
Das sieht aber auch jemand ausgedacht, oder? Oder gibt es da eine Beschreibung von?
Solveig
01:23:12
Du, wie gesagt, das ist eine These. Also das habe ich so mal erzählt bekommen. Aber das fand ich irgendwie ganz neckisch. Das würde erklären, weil diese Gehstöcke sind so fein und lang, dass sie nicht wirklich zum Gehen funktionieren. Also das ist wirklich mehr so, Leute aus dem Weg zu hauen. Dafür funktionieren die.
Daniel
01:23:29
Okay.
Solveig
01:23:29
So, und zu den Frauen komme ich jetzt tatsächlich.
Daniel
01:23:33
Achso.
Solveig
01:23:34
Das ist, glaube ich, auch sehr bekannt, dass gerade in der athenischen Kultur Frauen sehr stark abgewertet werden. Also das ist auch so ein Unterschied zu Sparta. Aber wie gesagt, ich bin mir da nicht so sicher, ob die spartanischen Frauen wirklich es so viel anders und besser hatten, wie es gerne im Land steht.
Daniel
01:23:51
Weil nur die Athener Männer sich aufgeregt haben, darüber wie sie es angeblich in Sparta wollten.
Solveig
01:23:55
Ja, und dann war diese Weiberherrschaft und so. Das könnte auch in dem Zusammenhang das so gewesen sein. Aber eben in Athen, ich hatte es schon angesprochen, Frauen zählen nicht, sie haben kein Bürgerrecht. Frauen werden auch sehr früh verheiratet an deutlich ältere Männer. Es ist üblich, dass 30-Jährige, 13-Jährige heiraten, damit die sie noch erziehen können. Also der Mann führt die Frau dann auch und formt sie so hin, wie er sie benötigt.
Daniel
01:24:22
Das scheint der Onkel Leopold auch zu besehen.
Solveig
01:24:24
Ja, genau. Also das ist auch insgesamt in so einem Ungleichgewicht einfach, dass Frauen sehr früh eben an ältere Herren, also älter in dem Sinn, 30 ist für mich jetzt nicht mehr älter, aber deutlich älter.
Daniel
01:24:38
Für eine 13-jährige Schon.
Solveig
01:24:39
Genau, das war der Punkt, den ich machen wollte. Damit sie dann eben angeleitet werden von ihrem Ehemann, wie sie zu sein haben. Und was ich immer nicht so richtig mir so sicher bin, ist, wie weit die athenische Frau wirklich so eingeschränkt war und wie weit sie dazu in der antiken Rezeption gemacht wurde. Weil wenn man sich das so anguckt, gerade so in der Wissenschaft, im 19. Jahrhundert waren die gerne dabei, ihre eigenen Weltbilder so auf die Vergangenheit zu projizieren. Und gerade das viktorianische England ist mit seinem Umgang und seiner Wahrnehmung von Frauen sehr nah an dem, was die Athener so schreiben. Und da bin ich mir dann immer nicht so ganz sicher, wenn ich so Texte lese, ob man da das viktorianische Frauenbild rezipiert unterbewusst oder ob es wirklich das attische Frauenbild ist. Es kann natürlich sein, dass die sich da gegenseitig inspiriert haben. Also ich bin mir nicht so sicher, was da Henne und Ei ist. Ist das viktorianische Frauenbild so, weil man athenische Quellen gelesen hat oder ist das athenische Frauenbild so, weil Viktorianer ihre Weltbilder drauf projiziert. Das ist so ein bisschen kritisch, bin ich mir immer nicht so sicher. Aber wir haben doch durchaus Autoren, die auch viel rezipiert werden, die sich ganz klar äußern, was Frauen so sind. Und da haben wir jetzt einmal Aristoteles. Möchtest du Aristoteles?
Daniel
01:26:02
Ja, frauenfeindliche Sachen. Lese ich doch gerne. Der Charakter des Weibchen ist nämlich durchgängig sanfter. Sie lassen sich leichter zähmen, eher anfassen und sind gelehriger. So haben zum Beispiel die lakonischen Hündinnen bessere Anlagen als die Männchen. Alle Weibchen sind weniger mutig als die Männchen, mit Ausnahme des Löwen und Leoparden. Deren Weibchen für tapfer gelten. Bei den übrigen Tieren sind die Weibchen feiger, bösartiger, verschlagener, voreiliger und eifriger auf die Ernährung ihrer Jungen bedacht, die Männchen hingegen heftiger, wilder, offener und weniger hinterlistig. So ist die Frau mitleidiger und mehr zu Tränen geneigt als der Mann, ferner, neidischer und missmutiger, schmähsüchtiger und zänkischer. Außerdem ist sie mutloser, verzagter, schamloser, mehr zur Lüge geneigt. Betrügerischer und nachtragender. Dagegen ist der Mann, wie gesagt, mehr zum Helfen geneigt und tapferer als das Weibchen.
Solveig
01:27:08
Wir können aber kurz hier, es geht noch gleich weiter.
Daniel
01:27:10
Ich freue mich schon jetzt drauf.
Solveig
01:27:12
Einmal kurz innehalten, also dass Aristoteles hier ganz klar weiß, wer der Gute und wer der Schlechte ist oder der Gutwertige und wer der Minderwertige ist, ist, glaube ich, klar geworden. Aber wie erklärt er das?
Daniel
01:27:25
Zwischen den Zeilen.
Solveig
01:27:26
Was ist so sein Gedankengang? Das finde ich hier ganz spannend.
Daniel
01:27:29
Das ist ja von den Tiervergleichen ausgeht.
Solveig
01:27:31
Ja. Also wir sind hier wieder bei der Natur. Er beobachtet die Natur. Also das können wir mal im Kopf behalten. Da kommen wir nämlich nochmal zu.
Daniel
01:27:40
Aber jetzt kommt er, seine Ausnahmen hat er jetzt aber, erklärt er die noch? Wie es dazu kommt, dass das bei Löwen und Leoparden dann doch irgendwie anders ist?
Solveig
01:27:47
Ja, das ist halt die Ausnahme. Weißt du doch, die Ausnahme macht die Regeln.
Daniel
01:27:51
Wie nämlich von Verkrüppelten, manchmal wieder Verkrüppelte abstammen. Manchmal nicht Verkrüppelte. So entsteht aus einem Weibchen manchmal wieder ein Weibchen, manchmal aber auch nicht, sondern ein Männchen. Ein Weibchen ist wie ein verkrüppeltes Männchen. Und der Monatsfluss ist Same, nur nicht reiner Same. Denn nur eines fehlt ihm, die Lebensquelle. Denn diese Lebensquelle bringt erst der männliche Same mit. Jetzt ist es Maria Josef.
Solveig
01:28:18
Ja, und damit sind wir wo?
Daniel
01:28:20
Bei dem, wie heißt er denn noch?
Solveig
01:28:24
Ewald.
Daniel
01:28:24
Bei dem Ewald, genau. Ja, mein Lieblingsaufklärer.
Solveig
01:28:28
Wir sind nicht nur bei Ewald, wir sind bei vielen Leuten.
Daniel
01:28:32
Auch von wegen hier, die Frau ist nur Hülle und der männliche Same, der bringt eigentlich erst alles dahin.
Solveig
01:28:38
Die Frau ist nur Gefäß und sie ist vor allem auch ein missgebildetes Gefäß.
Daniel
01:28:42
Das war das auch Ewald?
Solveig
01:28:44
Nein.
Daniel
01:28:45
Ich habe schon mal sowas gelesen.
Solveig
01:28:47
Ja, aber nicht bei Ewald.
Daniel
01:28:49
Wir haben doch schon darüber diskutiert, dass du eigentlich keine richtige Frau bist und dass du eigentlich missgestaltet bist, weil du da bestimmte Kriterien aus diesen Ideen nicht erfüllst.
Solveig
01:28:58
Stimmt, weil ich Bildung habe. Der hat das noch nicht so mit dem ... Also vielleicht hat er das auch ... Aber ist auch egal.
Daniel
01:29:05
Kommt mir so bekannt vor.
Solveig
01:29:06
Ja, weil das halt in der Zeit rezipiert wird, weil das normgebend wird, dass Frauen eben nur Gefäße sind, missgebildete Männer sind und dadurch eben natürlich ... Laut Aristoteles, die Vorherrschaft des Mannes benötigen. Die können alleine nicht.
Daniel
01:29:24
Ja, außer sind Löwin.
Solveig
01:29:26
Ja, aber das sind Tiere.
Daniel
01:29:28
Frauen, die weinen. Ich frag mich nur, wo die Beispiele geblieben sind.
Solveig
01:29:32
Ja, ich habe das natürlich jetzt hier zusammen.
Daniel
01:29:33
Nein, ich nehme mal bei der Aristoteles, dass er das noch erklärt. Wenn er doch die Natur zum Vorbild nimmt und da gibt es in der Natur andere Beispiele.
Solveig
01:29:42
Bei den lakonischen Hünden ist es ja auch anders. Aber grundsätzlich ist es so. So, das heißt, wir haben eine sehr starke Abwertung der Frau, wie gesagt, sie ist tatsächlich, also die sind sehr, also Aristoteles zumindest ist sehr hart in seiner Sprache und ich vermute nicht nur, dass das nur Aristoteles war, wie gesagt, verkrüppelte, fehlgebildete Männchen und deswegen nicht Herren ihres Körpers und nur Gefäße, die gefüllt werden müssen, weil alleine können sie es ja nicht. Und gleichzeitig, gerade in Athen, haben wir, da haben wir auch schon mal drüber gesprochen, mit Achilles heißt er, Achilles und Patroklos, haben wir diese Idealisierung oder auch Institutionalisierung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen zwischen Männern. Für die, die jetzt die Achilles-Folge nicht gehört haben, fasse ich es jetzt einmal nochmal schnell zusammen. Also es handelt sich um die Päderastie, also die Knabenliebe. Und dabei handelt es sich um Beziehungen da ist auch nicht klar, ob die sexuell sein müssen es ist offen, man darf, wenn man möchte aber es ist mehr als nur Sexualität zwischen den. Beziehungspartnern ja es geht auch mehr darum, dass der ältere den Knaben eben so anleitet ein Mentor ist und ihn so in die Gesellschaft einführt, denn zum einen die Päderastrie darf nur zwischen Bürgern bestehen Also ist das vielleicht auch so ein bisschen, ich zeige dir mal, wie es so läuft hier, ich bringe dir die Regeln der Gesellschaft mit und wenn du Lust hast... Dann kann man das auch sexuell gestalten. Also es gibt da kein Tabu.
Daniel
01:31:16
Wenn du zehnjährige knallt. Oder wie alt waren sie?
Solveig
01:31:19
Zwölf bis 18. Also zwischen zwölf und 18-Jährigen.
Daniel
01:31:23
Ich dachte, wir dürfen keinen Bartwuchs haben. War das nicht so ein Kriterium?
Solveig
01:31:26
Ja, aber ich hatte jetzt nochmal die Zahl ist so zwölf bis 18. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es eine athenische Quelle gibt, wo drin steht so bis zwölf bis 18. Aber so ungefähr in der Adoleszenz.
Daniel
01:31:38
Über bestimmte Gesetzestafeln.
Solveig
01:31:40
Also in der Adoleszenz, sagt man eben, ist das erlaubt. Und es ist eben auch ganz klar, der Jüngere ist passiv und der Ältere ist aktiv. Da sind wir auch wieder bei den Griechen, die da auch sehr eben in Gegenbildern denken und da auch sehr strikt sind. Und andersrum darf es nicht sein, weil wie gesagt, der Jüngere ist ja hierarchisch untersteht dem Älteren. Und der Jüngere ist dann der Eromenos, der Geliebte, da sehen wir schon die passive Form. Und der ältere Partner ist der Erastes, der Liebende, also der Aktive. Und es ist wie gesagt nicht so klar, ob das immer zu sexuellen Handlungen kam, da Penetration als im Grunde eine Form von Demütigung oder Unterwerfung wahrgenommen wurde, die nur Frauen zukommen darf. Deswegen ist es dann eben nicht so klar wenn das ja eben auch Bürger sind ob die wirklich dann die Penetration erfahren haben oder nicht deswegen ist das alles nicht so klar, aber das fand ich eben auch sehr spannend und auch sehr aussagekräftig, dass eben gesagt wird also die Penetration ist der aktive Part und wenn du passiv bist, ist es im Grunde schon eine Abwertung Frauen können ja zumindest aus der Sicht der Männer ausschließlich passiv sein, Sinne der Penetration. Deswegen sind sie halt automatisch am unteren Ende.
Daniel
01:33:08
Unterworfen.
Solveig
01:33:09
Ganz klar. Dafür gemacht, weil der Eromenos hat ja die körperlichen Mittel.
Daniel
01:33:14
Zum Nachgeben gemacht.
Solveig
01:33:16
Genau.
Daniel
01:33:16
Wie Herr Eweald das damals.
Solveig
01:33:19
Wenn der Eromenos erwachsen ist, wird er ja aktiv, weil er den Körperteil hat, um zu penetrieren.
Daniel
01:33:25
Ja, ich glaube, es ist deutlich geworden. Weiß ich nicht.
Solveig
01:33:28
Frauen kennen es halt nicht, weil ihnen das Körperteil wird. So, und deswegen, um das zusammenzubringen, eben diese Beziehungen enden, sobald der Eromenos als volljährig anerkannt wird, soll auch irgendwie mal zu gewissen Problemen geführt haben. Also es gibt so das Gerücht, dass der, jetzt habe ich vergessen, wie er hieß, Athen hatte eine Tyrannei und der, der die Macht übernommen hat, der Tyrann wurde, der heißt irgendwas mit H, Helipaden oder Helipatet, irgendwie sowas. Soll angeblich eine, soll der Eromenos von Sokrates gewesen sein? Wenn das überhaupt zeitlich passt. Er hatte auf jeden Fall zu irgendeinem Philosophen so eine Eromenos-Beziehung, musste die dann beenden, als er erwachsen wurde. Er wollte die aber nicht beenden. Sie haben gemeint, ihr müsst jetzt aufhören. Und das hat ihm gar nicht gefallen. Und deswegen hat er dann die Tyrannei begründet, um diese Regeln loszuwerden. Keine Ahnung, ob das stimmt. Ich glaube nicht. Aber irgendwie finde ich das nettisch.
Daniel
01:34:27
Homosexuelle Diktatur.
Solveig
01:34:28
Ich will aber! So, also, jetzt nochmal so ein Zwischenfazit. Wir haben eine hochbinäre Welt, die in der Aufklärung geschaffen wird. Also natürlich gab es vorher auch schon Ideen von Gut und Böse und Gläubig und Nichtgläubig und diese Dinge. Aber ich glaube, es ist deutlich geworden, wie stark das zugenommen hat. Also wir haben die Trennung zwischen Tier und Mensch. Wir haben die Trennung zwischen Natur und Kultur, zwischen Körperverstand. Dann kommt noch Kinderwachsenheit dazu. Das habe ich jetzt weggelassen, das ist so Rousseau. Schwarz-Weiß haben wir jetzt drüber gesprochen. Frau-Mann. Und wenn man mal darauf achtet, wird ziemlich klar, was so der Frau zugeordnet ist und was dem Mann zugeordnet ist. Die Frau wird mit dem Gefühl verbunden, mit dem Tier, mit dem Kind, mit der Natur. Also sie ist zwar sehr natürlich und sehr gefühlsbetont, aber dadurch halt nicht so nah an der Selbstbestimmung und einem Verstand wie der Mann, der eben gleichgesetzt wird mit dem Verstand, dem Menschen, dem Erwachsenen und der Kultur. Also das ist alles maskulin und all das andere, Gefühle, Tiere, Kinder, Natur, das ist alles feminin.
Daniel
01:35:39
Frauen und Gedöns.
Solveig
01:35:40
Frauen und Gedöns. Das merkt man ja heute auch noch so. Also Dinge, die mit Natur oder irgendwie mit dem Körper zu tun haben, das ist alles weiblich. So Kleidung und Mode und Blumen und so ein Scheiß.
Daniel
01:35:54
Das ist alles Frauenscheiß.
Solveig
01:35:56
So, das heißt also, dieses Weltbild, das in der Aufklärung geschaffen wird, ist hochbinär und kategorisiert viel, viel stärker als vorher. Und da möchte ich einmal den Begriff des androzentristischen Weltbildes einbringen. Androzentristisch.
Daniel
01:36:15
Das Männer-Welt.
Solveig
01:36:16
Genau, Männer-zentristische Welt. Denn, ich weiß nicht, das ist vielleicht schon ein bisschen durchgekommen, ich benutze das Wort nicht gerne und ich habe auch so ein bisschen Probleme damit, mit dem Wort Patriarchat, wie es auch aktuell so in der feministischen Debatte benutzt wird, wir leben in einem Patriarchat und nennennennenn. Weil ich so sage, nein, Patriarchat meint ein Herrschaftszustand. Und es gibt auf dieser Welt Patriarchate, aber wir in Deutschland leben in einer Demokratie. Und diese Demokratie ist androzentristisch geprägt. Und deswegen haben wir die Themen, die uns belasten. Denn eben, wie gesagt, Patriarchat meint eine große Herrschaft des Vaters. Das heißt, ich als Frau, unverheiratete Frau, habe, wenn ich in einem Patriarchat lebe, würde das bedeuten, dass mein Vater all meine Rechtsentscheidungen zu treffen hat. Also er unterschreibt meinen Mietvertrag, er unterschreibt meinen Arbeitsvertrag, wenn ich überhaupt arbeiten darf, wenn er das überhaupt richtig findet.
Daniel
01:37:17
Hätte dein Vater bis 1977 auch in der Bundesrepublik getan wahrscheinlich.
Solveig
01:37:21
Ja, zum Teil, genau. Er würde ich vor Gericht müssen, müsste er mich vertreten. Ich dürfte keine Anzeige aufgeben, das müsste er machen. Solange ich nicht verheiratet bin, übernimmt das mein Vater. Sobald ich verheiratet bin, würde das mein Ehemann nehmen. Also ich bin keine eigenständige Rechtsperson. Das ist ja nicht der Fall. Wie gesagt, mittlerweile ist das der Fall. Ja, wir haben das in Schritten uns erkämpfen müssen. Das will ich überhaupt nicht abstreiten. Ich darf einen Führerschein machen. Ich darf ein Konto eröffnen. Und ich darf arbeiten, wenn ich das möchte.
Daniel
01:37:55
Und vielleicht schaffst du es sogar, das gleiche Gehalt zu kriegen.
Solveig
01:37:58
Vielleicht schaffe ich es sogar. Naja, im TVÖD.
Daniel
01:38:01
Ja, also öffentlicher Dienst hilft euch.
Solveig
01:38:03
Im öffentlichen Dienst hilft das. Da kriege ich das gleiche Gehalt. Es hat auch Vorteile, im öffentlichen Dienst tätig zu sein. Und das ist ja im Deutschland von 2025 nicht der Fall. Ich bin nicht von meinem Vater abhängig, ich bin nicht von meinem Ehemann abhängig. Ich bin eine eigenständige Rechtsperson. Deswegen finde ich diesen Begriff, wenn wir über Zustände innerhalb der EU sprechen, nicht praktikabel. Sagen wir es so, weil Menschen, die gegen Feminismus sind, das dann immer gerne kommen und sagen, ja, aber du kannst doch wählen, du darfst doch arbeiten. Deswegen finde ich da den Begriff des Androzentrismus deutlich passender. Weil man da eben sagt, das ist auch nicht mein Begriff, der ist auch schon lange in der Verwendung, dass man sagt, unsere Welt ist mit dem Mann im Zentrum geschaffen. Das ist so ein bisschen abgeleitet vom kopernikanischen, helizentrischen Bild, dass man sagt, die Sonne ist im Zentrum unseres Sonnensystems und die Planeten kreisen so drumherum. geht man da eben und sagt, im Zentrum unseres Weltbildes steht der Mann. Und zwar der hellhäutige weiße Mann, der Cis-Mann, also der Cis ist, der hetero ist und der noch protestantische Christ ist.
Daniel
01:39:13
Am besten. Am besten.
Solveig
01:39:15
Im Grunde das, was man in den USA unter WASP zusammenfasst. Also White, Anglo-Saxon, Protestant. Und Mann und hetero und Cis. Dann bist du so das Zentrum unserer Welt. Darauf baut all unsere gesellschaftlichen Normen aus und alles andere davon ist eine Abweichung. Also eine Frau wäre quasi so der Merkur, der so drumherum dreht. Wenn du jüdisch bist, bist du wieder auch ein anderer Planet davon. Und je mehr du von dieser Norm abweichst, je nachdem, Trans ist glaube ich sogar noch weiter, das zählt doppelt. Das ist im Grunde so der Gedanke von Intersektionalität, dass man hier so ein bisschen sichtbar machen kann. Also jede Abweichung bringt dich quasi weiter weg vom Zentrum und sorgt dafür, dass du weniger gesehen wirst, dass du weniger beachtet wirst, dass du als Ärgernis….
Daniel
01:40:11
Aber da wäre jetzt schon die Frage, wie will man alle ins Zentrum bringen?
Solveig
01:40:14
Ja.
Daniel
01:40:15
Wahrscheinlich wird doch dann einfach nur irgendein Platz getauscht, so wie bei der kopernikanischen Zeitenwende.
Solveig
01:40:21
Naja, im Grunde meine Hoffnung ist ja, indem man sich das einfach bewusst wird, Dass man dann merkt, oh, okay, also das ist ja was.
Daniel
01:40:29
Die Kreise sprengt.
Solveig
01:40:29
Ja, dass man halt einfach sagt, okay, irgendwie ist das doch doof. Und das ist ja das, was dann eben auch Menschen meinen mit Privilegien. Also das kann man im Grunde so deinen Abstand zum Zentrum. Mach dir einfach bewusst, dass du im Zentrum bist und dass dein Leben natürlich trotzdem schwierig sein kann. Aber es kommt halt nicht noch zusätzlicher Kram dazu. Und deswegen finde ich diesen Begriff eben besser als den Begriff des Patriarchats. Weil ich finde, gerade mit dem Hinblick aus der Aufklärung, dass eben das sehr, sehr schön zusammenbringt, wo das eigentlich auch herkommt. Das ist, glaube ich, auch noch sehr, sehr wichtig, sich das bewusst zu machen. So. Und jetzt hattest du ja eben schon angesprochen, wir sind noch nicht fertig, das wird hier ewig lang dauern.
Daniel
01:41:09
Es wird doch nicht länger.
Solveig
01:41:11
Bestimmt. So, aber ich bin jetzt auch schon so im, nein, ich habe noch zwei Punkte.
Daniel
01:41:16
Du musst aber nicht hetzen.
Solveig
01:41:17
Nein, nein, ich wollte nur vorwarten.
Daniel
01:41:19
Du hast gerade das Gefühl, du bist jetzt hier schneller in deinem Sprechen. Du kannst da dir die Zeit nehmen, die du gerne möchtest. Die nehmen wir uns jetzt auch. Weil viele haben, das ist die Hälfte ihrer Bahnfahrt hinter sich.
Solveig
01:41:29
Eben, ihr habt drauf gewartet. Wir haben es jetzt etabliert mit dem Konklave. Wir machen das jetzt.
Daniel
01:41:34
Wir unterteilen hier nichts mehr.
Solveig
01:41:35
Nee. So, also mit dem All men are created equal. Hast du es ja schon angesprochen. Aber es meint doch alle Menschen.
Daniel
01:41:44
Also der Wortsinn, weiß ich nicht. Wird doch immer gesagt, man heißt Mensch. Ja, das wird so gesagt. Und Uomo oder Womini auf Italienisch ist doch auch Menschen.
Solveig
01:41:52
Ja, aber es ist ja auch Homo. Ja, Homo, das ist ja das Lateinische. Das ist ja nicht Mensch, also ja, aber Human haben, das ist ja das Englische of Human. Also man hätte da auch all humans are created equal schreiben können. Man hat aber Men geschrieben. Und das war, bin ich fest von überzeugt, eine aktive Entscheidung, die man dort getroffen hat. Denn wir hatten es ja eben schon angesprochen, du hattest es schon am Eingang gesagt, die Aufklärung ist verbunden mit den Menschenrechten. Wo werden die niedergeschrieben und verkündet.
Daniel
01:42:24
In Paris? Weil da gerade Revolution ist und man sich auch noch nicht von dem König trennen möchte, aber dafür sorgen möchte, dass es ein System gibt, in dem auch der König sich einordnen muss. Und wo alle politisch die gleichen Rechte haben.
Solveig
01:42:39
Und das hat auch einen Namen. Auf Deutsch wird es eben mit der Erklärung der Menschenrechte übersetzt. Aber im Französischen ist es die Déclaration des droits de l'homme et du citoyen.
Daniel
01:42:50
Und der Bürgerrecht. Menschen und Bürgerrechte.
Solveig
01:42:53
Und da haben wir auch wieder den LOM, was eben, heißt auf Französisch.
Daniel
01:43:00
Jetzt nach dem Wortstamm, was wir gerade abgeleitet haben, italienisch und human, wäre es aber menschlich.
Solveig
01:43:05
Das ist korrekt. Das ist mir auch damals in der Schule so erklärt worden, das meint alle Menschen. Wenn das wirklich alle Menschen meint, und diese Deklaration ist am 26. August 1789 erlassen worden, also da gab es Ludwig den 16. noch und man hatte noch gedacht, man bringt das zusammen. Warum schreibt dann am 5. September 1791 eine junge Dame, so jung war sie nicht mehr, aber nach heutigen Vorstellungen war sie jung, die Déclaration des droits de la femme et des citoyens, also auf Deutsch die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin. Wenn es doch die Menschen alle meint, warum muss es denn dann eine Ergänzung geben, zweieinhalb Jahre später?
Daniel
01:43:49
Warum gibt es diese Ergänzung im Grundgesetz? Oder Frau Dr. Selbert meinte, wir schreiben es nochmal extra rein, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind.
Solveig
01:44:00
Ja, vielleicht, weil es vorher nicht so klar drin stand. Weil es vielleicht auch in der Zeit klar war, dass damit nicht alle Menschen gemeint sind. Und die Dame, die das geschrieben hat, die ist sehr bekannt. Die steht auch in jedem Geschichtsbuch drin. Das ist die Olympe de Gauche. Und Olympe de Gauche wird 1748 als Marie Gousse geboren. Wird dann sehr jung verheiratet, ist da nicht so glücklich drin in der Ehe. Aber der stirbt auch relativ schnell. Er war auch wieder älter als sie. Also das war sie dann relativ schnell auch wieder von ihm befreit. Und als Witsch ist man ja auch privilegierter. Also sie zieht dann als Witwe 1768 nach Paris. Also da ist sie 20. Also sehr jung, verwitscht wird. Und in Paris fasst sie dann auch sehr schnell als Theaterautorin Fuß. Also sie verfasst eben Theaterstücke unter dem Pseudonym im Olymp de Gauche. Weil, also Olymp ist der Name ihrer Mutter und de Gauche ist so eine französische Version ihres Nachnamens. Auch ihre Schwester hat diesen Namen übernommen. Also das ist so eine quasi Zusammensetzung aus Familiennamen. Und was sie früh auszeichnet oder ihre Arbeiten, frühen Arbeiten auch auszeichnet, ist, dass sie eine sehr strenge Verfechterin des Abolitionismus ist. Auf Deutsch kann man es irgendwie, also im Englischen kann ich es besser aussprechen, das ist Abolitionism, das ist die Beendigung der Sklaverei. Und sie verfasst dann eben auch Theaterstücke, wo man sich damit auseinandersetzt und den Schicksalen der schwarzen Sklaven in den USA auseinandersetzt. Und es mag dich überraschen, aber das gefällt den Leuten gar nicht, dass sie als Frau sich mit solch hochpolitischen Themen auseinandersetzt und da auch noch Geld mitverdient. Also das gehört sich nicht.
Daniel
01:45:49
Da hat sie ein Synonym nebenan.
Solveig
01:45:51
Ja, hat sie ja schon. Also sie wird trotzdem kritisiert. Olympe de Gauche äußert man sich, dass sie das als Frau. Sie hätte ein maskulines Pseudonym nehmen können.
Daniel
01:46:00
Ja, Pseudonym.
Solveig
01:46:01
Also George Sand benutzt das ja auch. Aber da wollte sie sich dann nicht einschrecken lassen. Und wie gesagt, dann eben bei einigen Jahren, also knapp zwei Jahre nach der Erklärung der Menschenrechte hat sie jetzt ihre Ergänzung. Denn da die Frau ja als Ergänzung des Mannes wahrgenommen wird, ergänzt sie jetzt auch nochmal die Frauenrechte. Und da habe ich jetzt nicht alle, aber es gibt so sehr berühmte Artikel aus dieser Deklaration. Da gibt es eben Artikel 10. Niemand darf wegen seiner Überzeugung, auch wenn sie grundsätzlicher Art sind, belangt werden. Die Frau hat das Recht, das Schafott zu besteigen. Sie muss gleichermaßen das Recht haben, die Tribüne zu besteigen. Artikel 13. Für den Unterhalt der Staatsmacht und für die Ausgaben der Verwaltung sind die Beiträge von Frau und Mann gleich. Sie ist beteiligt an allen frohen Diensten und mühseligen Arbeiten. Sie muss deshalb gleichermaßen beteiligt sein an der Verteilung der Posten, der Anstellung, der Aufträge, der Würden und der Gewerbe. Oder Artikel 17, Eigentum kommt allen Geschlechtern zu, gemeinsam oder getrennt. Niemand kann seiner als eines wahren Erbteils der Natur beraubt werden. Also da merkt man eben deutlich, was eben für Frauen nicht vorgesehen war. Also Frauen haben durch diese Menschenrechte kein Recht auf Eigentum bekommen, kein Recht auf politische Partizipation oder überhaupt ein Anrecht darauf, politische Posten zu bekommen.
Daniel
01:47:24
Ich finde aber auch schön, dass sie so ein klassisches Beispiel bringt, womit ja die Amerikaner sich dann unabhängig erklären. Da gibt es auch diese Phrase von wegen, no taxation without representation. Also wer besteuert uns nicht, ohne dass wir repräsentiert werden und das nimmt sie ja auch her. Wir müssen Frohendienste leisten, wie ihr, also lasst uns auch mitbestimmen.
Solveig
01:47:43
Genau, also wird davon auch 100% inspiriert gewesen sein. Diese Texte waren ja einfach überall bekannt. Und was ich eben so krass finde, ist, wenn man dann eben zur Aufklärung liest, dann kommt dann immer, ja, und man hat sich ja auch für die Frauenrechte eingesetzt. Eine Olympe de Gauche hat ja die Frauenrechte eingesetzt. Ja, sie hat sich dafür eingesetzt. Diese Rechte sind niemals realitär geworden. Also das ist niemals umgesetzt worden. Irgendwann, ich glaube, in den 1970ern oder so hat man das in Frankreich irgendwie nochmal gesagt. Also irgendwie hat man es da erst übernommen und festgesetzt. Und was, da hatten wir auch schon mal drüber gesprochen, zwei Jahre später, am 3. November 1793 wird sie hingerichtet, wegen unter anderem diesen Äußerungen. Also man hat ihr dann auch noch gesagt, also vorgeworfen, sie wäre mit den Girondisten zu eng, mit den Monarchisten, all das, aber ein Punkt war, dass sie hier die Frauenrechte nicht so erkämpfen soll. Also von wegen, ja, aber man hat doch Frauenrechte. Nee, ja, also weil die Frauen sich dafür eingesetzt haben, weil ihre Rechte eben nicht beachtet wurden. Und wir haben eben eine Olympique Gouche, die im Geiste der Aufklärung sagt, ich habe das gleiche Recht wie ihr. Also da kann man schon sagen, sie ist genauso beeinflusst davon. Aber es wird ihr nicht zugestanden. Sie wird sogar noch hingerichtet deswegen. Und das ist so eine Unfairness, die irgendwie immer ignoriert wird. Ja, wer hat das doch eure Olympique Gouche? Jetzt halt das Maul. Oder dann habe ich noch ein Zitat gefunden vom Präsident der Pariser Kommune, Pierre-Gaspar Choumet, der sich knapp zwei Wochen nach ihrer Hinrichtung über sie äußert, die unverschämte Olympique Gauche, die als erste Frau politische Frauenclubs gründete, die die Sorgen ihres Zuhauses aufgab, um sich in die Angelegenheiten der Republik einzumischen und deren Kopf unter der rächenden Klinge des Gesetzes fiel.
Daniel
01:49:33
Oh, wie schön, die rächende Klinge des Gesetzes. Ja, aber das ist ja jetzt alles keine Überraschung mehr, denn wir haben ja aus den diversen anderen Folgen, die vielleicht noch nicht alle gehört haben zugegebenermaßen, gelernt, aber du hast es ja vorher noch aufgelistet, welche Gegensatzpaare da zusammenpassen und da nun mal die Frau auf der Seite der Natur steht. Und offensichtlich ihre Natur dazu gemacht wurde, Kinder zu gebären und es ihnen ein gutes Zuhause zu bieten, hat sie sich einfach hier mal auf die falsche Seite geschlichen.
Solveig
01:50:01
Sie hat sich gegen ihre Natur gestellt. Genau, und da war nämlich der Ewald ein Monster, weil die Frau sich gegen die Natur stellt, wenn sie Bildung… Monströs.
Daniel
01:50:10
Genau. Deswegen war das mit der Verstümmelung und so.
Solveig
01:50:12
Ja, genau.
Daniel
01:50:13
Unvollkommen.
Solveig
01:50:15
Weil sie nicht das für ihr Körper geschaffen wurde von der Natur. So, und das ist so die französische Version. Dann kann man sagen, na gut, dann ist Lom vielleicht, aber gegen Men habe ich ja jetzt noch nichts gefragt. Ja, in England haben wir Mary Wollstonecraft, so die Vorreiterin der, ja im Grunde der Suffragette-Bewegung, die kurz, so knapp elf Jahre nach Olymp de Gauche geboren ist, also so grob die gleiche Generation. 1759 in London und sie stammt aus sehr einfachen Verhältnissen und gründet mit 19 Jahren schon und zusammen mit ihren Schwestern und einer Kindheitsfreundin eine private Schule für Mädchen, wo sie dann auch bis 1786, nicht lange, aber da unterrichtet sie dann auch Mädchen. Also man merkt schon, sie hat eine gewisse hohe Bildung, wenn sie eine Schule gründen kann. Und das ist so dieser typische, wir haben ja auch schon mal ausführlich über Frauenbewegungen gesprochen, dass die immer den Weg über die Bildung suchen. Also wir müssen Mädchen bilden, wir müssen uns selbst bilden, dann können wir irgendwie mitmachen. Auch sehr aufklärisch gedacht, durch die Bildung kommen wir zum Heil. Und sie schreibt dann eben auch 1787 ihr Werk Thoughts on the Education of Daughters, so ein bisschen so eine Antwort auf Rousseau, da hatten wir auch eben schon mal mit Emil, wo Rousseau ja sagt, der Junge hat Bildung zu erfahren und sein Geist muss geformt werden und die Frau ist dann dafür da, um dem Emil das Leben schön zu machen, dafür zu sorgen, dass seine Wäsche gewaschen ist und dass er sich geliebt fühlt. Und da antwortet sie im Grunde drauf und sagt, nee, Töchter sollten Bildung erhalten. Sind wir dann da, wo wir im 13. Jahrhundert schon waren, da haben wir schon kirchliche Autoren, die sagen, also adelige Mädchen zumindest sollten auch Bildung bekommen, also so viel dazu. Auf jeden Fall, sie hatte eben an dieser Schule gearbeitet, war aber dann auch parallel als Gouvernante angestellt und das hat ihr dann sofort den Job gekostet. Und sie hat dann 1790 ihr Buch geschrieben, A Vindication of the Rights of Men, also so eine Etablierung der Menschen, also Rechte der Männer. Und da heißt sie eben die Entwicklung in der französischen Revolution gut, sagt, es ist richtig toll, was da passiert, Republik ist toll, Rechte für Menschen, super, ganz, ganz toll. Und sie schreibt dann auch, das Geburtsrecht des Menschen, um Ihnen, Sir, eine kurze Definition dieses umstrittenen Rechts zu geben, ist ein solches Maß an bürgerlicher und religiöser Freiheit, dass mit der Freiheit jedes anderen Individuums, mit dem er in einem Gesellschaftsvertrag verbunden ist, in dem Fortbestand dieses Vertrags vereinbar ist.
Daniel
01:52:57
War jetzt ein bisschen zu kompliziert gerade? Kannst du nochmal mit deinen Worten?
Solveig
01:53:01
Das sind halt diese Aufklärer, die Texte machen keinen Spaß. Im Grunde ist es das, also deine Freiheit reicht bis dahin, bis die Rechte eines anderen anfangen.
Daniel
01:53:09
Oh, gut. Finde ich gut.
Solveig
01:53:11
Ja.
Daniel
01:53:12
Okay.
Solveig
01:53:13
Und dann folgt 1792 ihr Text A Vendication of the Rights of Women. Also sowohl im Französischen wie im Englischen haben wir Autorinnen, die sich hinsetzen und meinen, ja, wir sollten die Frau schon nochmal mitdenken. Deswegen halte ich von diesem Satz, ja, damit sind ja alle gemeint. Nichts, weil offensichtlich ja das Bedürfnis bestand, das nochmal zu ergänzen. Sowohl im Englischen wie im Französischen. Und in der Zwischenzeit war Mary Wollstonecraft nach Frankreich gereist, hatte sich das alles mal persönlich angeguckt, also Empirismus betrieben und fand es zum Teil gut und zum Teil nicht so gut, was da passiert ist und schreibt dann dieses Werk A Vindication of the Rights of Women an Charles-Maurice de Talleyrand, weil sie gehofft hat, dass er vielleicht sich für das Frauenwahlrecht in Frankreich einsetzen könnte. Sollte er das tun? Weiß ich auch nicht, aber das war ihre Hoffnung. Also das ganze Werk, also sie richtet so die Vorräte so an ihn und hat höchstwahrscheinlich eben auch Olympe de Gauche-Text rezipiert. Sie war in Frankreich, vielleicht hat man untereinander irgendwie doch auch irgendwie Kontakt gehabt. Und sie schreibt dann eben auch, wenn Frauen jedoch von der Teilnahme an den natürlichen Menschenrechten ausgeschlossen werden sollen, Ohne dass sie eine Stimme haben, müssen sie zunächst beweisen, dass es ihnen an Vernunft mangelt, um den Vorwurf der Ungerechtigkeit und Inkonsequenz abzuwehren. Andernfalls wird dieser Fehler in ihrer neuen Verfassung, der ersten auf Vernunft gegründeten Verfassung, immer zeigen, dass der Mann sich in gewisser Weise wie ein Tyrann verhalten muss und die Tyrannei wird, in welchem Teil der Gesellschaft sie auch immer ihre unverschämte Front erhebt, immer die Moral untergraben. Solange ihr den Frauen nicht politische Mitsprache gebt, seid ihr nicht besser als die Tyrannen, gegen die ihr euch gerade auflehnt.
Daniel
01:55:08
Da hat der Talleyrand sich bestimmt gefreut über die Post.
Solveig
01:55:11
Der hat das, glaube ich, gar nicht gelesen. Wahrscheinlich. Der hat das einfach weitergegeben. Und dann schreibt sie, weil es ist ein sehr langer Text, ich habe so ein paar Zeilen so rausgenommen, die ich so ganz... Dann schreibt sie weiter an anderer Stelle. mein eigenes Geschlecht wird es mir hoffentlich verzeihen, wenn ich sie wie vernünftige Wesen behandle, anstatt ihre bezaubernden Reize zu schmeicheln und sie zu betrachten, als befänden sie sich in einem Zustand ewiger Kindheit, unfähig alleine zu stehen. Ich möchte aufrichtig darauf hinweisen, worin wahre Würde und menschliches Glück bestehen. Ich möchte Frauen dazu bewegen, sich um Stärke zu bemühen, sowohl geistig als auch körperlich, und sie davon überzeugen, dass sanfte Worte im Findsamkeit des Herzens, Zartheit des Gefühls und erlesener Geschmack fast gleichbedeutend mit Beinahmen der Schwäche sind und das Wesen, die nur Gegenstand des Mitleids und der Art von Liebe sind, die als ihre Schwester bezeichnet wurde, bald zu Objekten der Verachtung wäre. Also nochmal eine Ansage an die Frauen. Hört auf, euch wie kleine Kinder behandeln zu lassen und euch vom Ewald irgendeinen Quatsch erzählen zu lassen, sondern benehmt euch mal bitte wie erwachsene Menschen und übernehmt mal Verantwortung für euch selbst.
Daniel
01:56:23
Das ist quasi Kant-reloaded.
Solveig
01:56:25
Genau, den hat sie glaube ich auch sehr stark gelesen. Also sie ist ja ganz klar in diesen aufklärerischen Ideen drin. Und dann der letzte, den ich noch mitgebracht habe. Mit der Forderung nach den Rechten, für die Frauen gemeinsam mit Männern kämpfen sollten, habe ich nicht versucht, ihre Fehler zu mildern, sondern zu beweisen, dass sie die natürliche Folge ihrer Erziehung und ihrer gesellschaftlichen Stellung sind. Wenn dem so ist, ist es vernünftig anzunehmen, dass sie ihren Charakter ändern und ihre Laster und Torheiten korrigieren werden, wenn ihnen körperliche, moralische und gesellschaftliche Freiheit gewährt wird. Also wenn Frauen gleichen Möglichkeiten bekommen, was Bildung angeht, was Arbeit angeht, dann sind die genauso fähig, Politik auszuüben wie Männer. Also das ist im Grunde genau das Gegenteil, was wir eben beim Ewald malen.
Daniel
01:57:13
Laut einer Frau.
Solveig
01:57:14
Laut einer Frau, ja gut. Aber sie vertritt ja die gleichen Ideen. Aber wie du schon sagst, laut einer Frau. Das heißt, man hat ihr nicht so wirklich zugehört. Denn, also Mary Wilson-Craft ist sehr involviert in all diese Geschehnisse. Und während sie so ihre Texte schreibt, lernt sie den Amerikaner Gilbert Imlay kennen. Und findet den auch ganz nett. Geht mit dem auch eine Beziehung ein. Und hat auch eine Tochter mit ihm zusammen. Aber sie heiratet nicht.
Daniel
01:57:42
Der Amerikaner findet das okay?
Solveig
01:57:44
Ja, der Amerikaner fand das sogar okay. Also es gibt eben keine Hochzeit, aber die sind irgendwann mal in den USA, vielleicht um seine Familie zu besuchen oder so. Und dort wird sie als seine Ehefrau registriert. Also sie wird dann irgendwie auch als Amerikaner registriert.
Daniel
01:57:59
Sie geht in das Hotel und sagt, das ist meine Frau.
Solveig
01:58:01
Ja, genau. Aber auch rechtlich, also mit einem rechtlichen Papier.
Daniel
01:58:03
Ach so, okay.
Solveig
01:58:04
Also deswegen vermute ich, dass vielleicht sie gar nicht heiraten wollte, weil sie ja so in ihren Ideen ist und sagt, ich bin jetzt hier nicht verheiratet. Du nimmst mir nicht meine Rechte weg. Also sie heiratet ihn nicht, ist aber wahnsinnig, scheint sehr intensiv mit ihm diese Beziehung gefühlt zu haben. Denn er geht irgendwann mal fremd. Es ist ihm passiert. Er konnte doch nicht anders. Die andere Frau war einfach, naja. Auf jeden Fall, als sie davon erfährt, versucht sie sich zu unaliven, also sich das Leben zu nehmen.
Daniel
01:58:37
Ach so.
Solveig
01:58:39
Und wird daran gehindert. und dann wird die Beziehung beendet und dann versucht sie nochmal sich zu töten, dass auch das, nicht. Also ihr geht es auch nicht so gut. Also es scheint dann auch so, dass sie vielleicht auch depressiv war. Also vielleicht, wenn man mit all diesen Themen sich auseinandersetzt, kann ich es irgendwie auch verstehen, dass man vielleicht nicht so...
Daniel
01:58:59
Trotzdem, es gibt immer einen anderen Weg.
Solveig
01:59:00
Ja, genau.
Daniel
01:59:01
Man findet auch Hilfe, wenn man solche Gedanken hat.
Solveig
01:59:04
Genau, aber wie gesagt, sie scheint da nicht in einem guten Zustand gewesen zu sein. Sie lernt dann einen anderen Mann kennen, nämlich William Godwin und den heiratet sie dann auch. Und 1797 hat sie dann auch eine Tochter mit ihm, also für sie die zweite Tochter, für ihn die erste Tochter und das ist die spätere Mary Shelley, die Frankenstein geschrieben hat, den ersten, Science-Fiction-Roman der Menschheit. Wird ihr gerne abgesprochen.
Daniel
01:59:31
Vielleicht, wir wissen nicht, was in den 99% antiker Literatur alles enthalten.
Solveig
01:59:35
Aber da Odysseus auch nicht zu Fantasy-Romanen gezählt wird. Also und sie hat dann also es gibt Komplikationen bei der Geburt, die Plazenta löst sich nicht richtig ab, dadurch kommt es zu einer Infektion, an der sie dann elf Tage später stirbt, an einer Sepsis. Und ihr Ehemann William Godwin, oder Godwin, ich bin mir nicht so sicher, wie gut sie ihn fand, das ist scheinbar nicht so klar, aber er war auf jeden Fall ganz begeistert von ihr, also vielleicht haben die auch eine Beziehung geführt, die auf, Liebe beruhte, ist ja in der Zeit nicht immer üblich, aber er war auf jeden Fall wahnsinnig, verloren und in Trauer verloren und schreibt dann an einem Freund über sie. Ich bin fest davon überzeugt, dass es auf der Welt niemanden gibt, der ihr ebenbürtig wäre. Ich weiß aus Erfahrung, dass wir dazu geschaffen sind, einander glücklich zu machen. Ich habe nicht die geringste Erwartung, jemals wieder glücklich zu sein. Also ihn hat das scheinbar sehr getroffen. Und er schreibt dann ein Jahr später ein Werk, um seine verstorbene Frau und ihr Wirken und ihre politische Arbeit zu würdigen, schreibt er das Werk Memoirs of the Author of a Vindication of the Rights of Women.
Daniel
02:00:42
Mhm.
Solveig
02:00:44
Und da, man geht davon aus, dass er das gut gemeint hat, dass er das wirklich aus der Tiefe seines Herzens einfach ein authentisches Bild von seiner Frau schaffen wollte. Aber man darf eben nicht vergessen, dass wir 1798 sind und er wirklich offen und ohne Vorbehalt darüber schreibt, dass sie ein uneheliches Kind hat, dass sie mehrere Selbstmordversuche hinter sich hatte. Und das löst einen absoluten Skandal aus. Also das, damit hat er im Grunde mehr geschadet als geholfen, was er glaube ich wirklich nicht erreichen wollte. Er wollte eigentlich wirklich so ein Denkmal ihr setzen, so trotz all diesen Schwierigkeiten hat sie gekämpft und war so eine tolle Frau. Aber die Gesellschaft sieht im Grunde, die hat so viele Schwierigkeiten, dann kann sie keine gute Frau gewesen sein. Was war sie denn für eine Mutter? Und das führt eben dazu, dass sie aufgrund dieses vermeintlich liederlichen Lebenswandels nicht mehr rezipiert wird. Das fasst man nicht mehr an, darüber redet man nicht und das kann man auch gar nicht ernst nehmen. Schaut sie euch an, die hysterischen Frauen, da wussten wir doch alles. Das bestätigt im Grunde dieses Bild von der hysterischen Frau. Und ja, im Grunde die nächsten 100 Jahre wird sie nicht rezipiert, außer vielleicht wirklich in diesen sehr. Aktiven oder dann später sich auch formierenden Frauenrechts Aktivistinnengruppen, die ja aber auch gesellschaftlich jetzt nicht unbedingt ernst genommen werden. Die lesen sie, aber gesellschaftlich ist sie persona non grata. Und das ändert sich dann eben auch erst, Im Grunde in dem Zeitraum, wo das Suffragett-Movement wirklich Ende des 19. Jahrhunderts Fahrt gewinnt und man die wirklich anfängt auch ernster zu nehmen, da wird sie dann auch wieder rezipiert. Und dann merkt man im 20. Jahrhundert, das ist ja wahnsinnig schlau gewesen, was sie geschrieben hat. Eine Frau der Aufklärung, eine Vorreiterin der Frauenrechte. Ja, nur leider in der Aufklärung hat niemand sie gelesen und geschweige denn ernst genommen. Das ist so wie mit Olympe de Gauche, das ist ja schön, dass wir das im Nachgang merken, wie toll die waren, aber ihre Zeitgenossen haben das nicht getan und deswegen kann man nicht sagen, die Aufklärung hat sich für Frauenrechte eingesetzt, wenn diese Frauen gesellschaftlich stigmatisiert oder sogar hingerichtet werden. Und das denke ich immer so, muss man doch mitbedenken. Bediene dich deines eigenen Verstandes. Aber gut. So, jetzt der letzte Punkt. Damit sind wir jetzt auch in der aktuellen politischen Situation gelandet, die schon ja doch vor einer Weile begonnen hat. Ich hatte es vorhin schon angesprochen mit den Rechtsextremen, die die Weisheit der römischen Skulpturen nutzen. Und das ist so eine, ja, also diese neue Rechte hat sich ja so in den 2010ern formiert. Unter anderem beeinflusst, würde ich mal behaupten, durch auch YouTube-Kanäle. So, und da sind wir jetzt bei den Skeptics von YouTube gelandet.
Daniel
02:03:46
Aber ist da nicht eine, also die erste so neue Rechte, die ich im Kopf habe, gerade wenn es um Amerika geht, das ist doch hier, wie heißt sie, Sarah Palin?
Solveig
02:03:55
Ja, aber die aktuelle, also dieses Alt-Right-Movement, das meine ich jetzt, das wird halt im Deutschen mal mit neue Rechte, also mit diesen Alt-Rights, das ist dann hier, wie heißt der, dieser Dispenser-Movement. Ich weiß nicht, wie der mit Vornamen heißt. Oder der Breitbart hier, der mal Berater von Trump in seiner ersten Administration war. Die, das ist so ein Sud, der sich unter anderem eben auf diesen eigenen Webseiten wie Breitbart oder so formiert hat. Oder auch hier Alex Jones, der diesen Radiosender hat. Fox ist da auch natürlich sehr begehrt. Und dann gab es, oder gibt es heute noch, ich habe das nachgeguckt, die haben alle noch ihre Accounts. Aber eben diese Skeptics, das war auch so eine Gedankengruppe oder Schule im Grunde, die auf YouTube so Kanäle haben, wo sie uns die Welt erklären. Das war dann eben, wie einer war dann Naturwissenschaftler und hat dann irgendwie ein paar Experimente immer so gemacht und das ging dann so in den 2010ern mit Gamergate los, weiß nicht, ob dir das ein Begriff ist, das war so ein großer Aufschrei. Dass es so Männer gab, die gerne Videospiele gespielt haben und die dann weibliche Journalisten, die zu Videospielen berichtet haben, angegangen sind, die sexuell belästigt haben. Dann erzählt haben, nein, ihr seid fake, ihr macht das nur, um männliche Aufmerksamkeit zu bekommen und die sexuell wirklich unangenehm war. Und das hat so Licht auf diese Bubble geworfen. In diesem Zusammenhang sind dann diese Skeptics weg, mehr oder weniger von ihren ich lese Polybius und erzähle irgendwas zu, diese Journalistin ist das Böse und die wollen unsere Kultur zerstören. Und einer von denen, der da sehr berühmt wurde, war Ben Shapiro Der ist jetzt auch mittlerweile, da hat er sich auch so ein Journalisten-News-Media-Outlet da aufgebaut. Und der hat diesen Satz geprägt in seinem Videopodcast Facts don't care about your feelings.
Daniel
02:06:01
Interessante Aussage.
Solveig
02:06:02
Das finde ich interessant. Und das war für mich so, okay, der hat so viel Aufklärer gelesen. Also auch da wieder diese binäre Trennung zwischen Fakten und Gefühlen. Und Fakten sind überlegen den Gefühlen. Und da sind wir im Grunde wieder beim Verstand und den Gefühlen. Und der ist dann eben auch sehr stark, tut er glaube ich heute noch, ich habe den jetzt nicht mehr so verfolgt, eben dann auf diese sogenannten SJWs gegangen, diese Social Justice Warriors und hat dann eben so, die sind immer so laut und so gefühlvoll und die sind gegen die Wissenschaft und die Fakten sind doch die und die. Wo ich dann immer denke, okay, auch ein Gefühl ist ein Fakt. Also das eine schließt das andere nicht aus. Aber man merkt diese ganz klare aufklärerische Binarität wieder, die so durchkam. Und das war auch bei den anderen YouTubern, ich nenne die jetzt nicht, weil ich nicht möchte, dass man die auch nur aus Interesse anklickt. Noch mehr Klicks. Dass die noch mehr Klicks kriegen mit ihrem Hass, den sie so vermitteln. Aber das war eben ganz, ganz klar wieder dieses, ja, von Natur aus Frauen sind doch ... Auch unfassbar rassistisch und White Supremacy, also wirklich die Weißen und Kultur und Zivilisation und alle Begriffe, wo ich so mittlerweile denken, sollten wir wirklich von Zivilisation als was Gutem ausgehen? Nee, ja, die Weißen haben doch zivilisiert und all diesen ganzen Schlons haben die so bei YouTube rausgekommen.
Daniel
02:07:32
Den Aufklärungsschlons.
Solveig
02:07:33
Genau. Und was mir dann so auffällt ist, das sind alles eine ganz spezifische Gruppe, Nämlich weiße Männer aus der Mittelschicht mit einem gewissen akademischen Background. Ich würde nicht behaupten, dass die wirklich an der Uni waren, beziehungsweise nicht Geisteswissenschaften studiert haben. Also die, die wirklich einen Background hatten, wo sie darüber gesprochen haben, war das halt STEM, also irgendwie Physik oder Chemie oder so. Und bei den anderen hatte ich mehr so den Eindruck, das sind irgendwie, die kommen so aus der Arbeiterschicht und haben sich das so selbst erarbeitet. Nicht, dass das schlimm ist. Ich will das jetzt nicht abwerten, nur man merkt eben, das ist so eine bestimmte Gruppe, die sind alle sehr ähnlich. Und dann denkt man so, ja, was war denn das für eine Gruppe damals bei der Aufklärung? Wer hat die vor allem vorangetrieben? Und dann denke ich mir, ja auch weiße Männer, die aus der Mittelschicht kamen, in dem Sinne, dass sie nicht aus dem Adel kamen und auch meistens so aus dem mittleren Bürgertum kamen, also nicht aus dem wohlhabenden Bürgertum, sondern eher so Priester oder Pfarrer oder so waren, mit einem akademischen Background. Und so, das sind die gleichen, im Grunde die gleichen Leute.
Daniel
02:08:50
Und sehr lange allerdings durch monarchische Finanzierung.
Solveig
02:08:54
Ja, das stimmt dann auch. Na ja, YouTube ist auch egal. Auf jeden Fall, so hatte ich so das Gefühl, also wahrscheinlich, wenn man im Detail hinguckt, merkt man, ja, aber das passt nicht. Aber das war so das gleiche Feeling, was ich so bekommen habe, wenn ich mir die angucke. Und das macht dann natürlich auch Sinn, warum die die Aufklärung so feiern, weil damals das Bürgertum ja durch diese Ideen der Aufklärung, durch die Ideen der Demokratie, durch die Abschaffung des Gottesgnadentums, der Ständegesellschaft, des Zunftwesens, Macht bekommen haben, die sind an die Macht gekommen, die haben die wirtschaftliche Macht erhalten und natürlich sind das deren so geistige und vielleicht auch körperlich in weitestem Sinne gefasst Erben, die am stärksten davon profitieren, dass diese Ideen weiter bestehen. Da sind wir dann wieder beim Androzentrismus, das sind die, die da im Zentrum stehen und ihre Macht erhalten wollen und dadurch Gruppen, die diese Macht vielleicht mit beanspruchen seien das Frauen oder POCs oder queere Menschen wegbeißen, und lächerlich machen und klein halten, weil sonst müssten sie ja Macht abgeben. Und ja nicht nur das, es ist ja ein Weltbild. Also es geht ja eben nicht nur wie ein Patriarchat um Macht, sondern es geht ja um ein ganzes Weltbild, das ja zerstört wird.
Daniel
02:10:09
Ja, das ist glaube ich das Schlimmere, weil es, ich meine, die meisten von denen haben ja keine reale Macht in dem Sinne, dass sie irgendein Amt haben und über andere herrschen. Aber das, was sie halt, was in Frage steht, ist die Welt, in der ich mich wohlfühle, in der ich quasi eine der Hauptpersonen bin, auch wenn ich vielleicht ein Niemand bin, weil ich kein Geld habe und in einer scheiß Gegend lebe oder so, aber ich bin die Person, deren Land das ist. Jetzt kommen da plötzlich andere. Bei uns wäre es quasi, wie hat es eine Nachbarin gesagt, invasive Menschen.
Solveig
02:10:43
Genau, invasive.
Daniel
02:10:44
Und die machen quasi die Welt kaputt, die mir vertraut ist, in der ich einer der Haupt, natürlich bin ich ein kleines Licht im Zweifel, aber ich bin immer noch Teil derer, die hier zu Hause sind.
Solveig
02:10:57
Und ich hätte die Möglichkeit, Teil oder Bedeutung zu bekommen. Und das ist, glaube ich, deswegen finde ich auch, ist so, so wichtig, diesen Patriarchatsbegriff hier nicht zu verwenden, sondern wirklich von einem Weltbild zu sprechen. Weil das ist, glaube ich, wirklich, das hatte ja schon Platon mit seinem Höhlengleichnis. Also in dem Moment, wo ich das Weltbild eines anderen Menschen angreife, rastet der aus. Und das ist ja auch verständlich. Wenn alles, was in meinem Kopf ist, Wenn ich mir klar machen muss, das ist alles nicht wahr, das ist nur Schatten an der Wand. Ja, scheiße.
Daniel
02:11:31
Was ja gar nicht mal bedeuten würde, dass ich in der anderen Welt, die sich da vielleicht bildet und die mir weniger vertraut scheint und in der es da irgendwie neue Überzeugungen gibt, die ich nicht teile oder die ich nicht verstehe, worum es da geht im Zweifel. Aber trotzdem würde man sich wahrscheinlich bei den meisten an ihrer eigenen Position und der Art, wie sie ihr Leben gestalten, überhaupt nichts ändern. Also in der Regel nimmt ja niemandem ein was weg. Nur ich muss halt dazu kommen, irgendwie plötzlich andere Menschen und andere Bilder und Ideen neben mir zu erdulden. Wenn ich es nicht schaffe, das zu akzeptieren, dann wenigstens erdulden. Aber das ist irgendwie auch für viele zu viel.
Solveig
02:12:11
Ja, da sind wir dann wieder bei Marx, bei dem auch, aber bei Kant. Verantwortung, übernehme Verantwortung. Nee, aber die anderen haben doch geschrieben, dass ich der Beste und Tollste bin und jetzt kommen die und erzählen mir, dass das nicht stimmt. Nein, die müssen falsch sein. Genau da, die, die meinen, sie würden die Ideen der Aufklärung weitertragen, tun genau nicht das, was die Aufklärung will. Mann! So und was dann halt auch so, ja ich fand es halt historisch interessant, es ist ziemlich gefährlich und bedrohlich auf der anderen Seite, dass diese Menschen, ich hatte schon angesprochen, SJWs wurden die erst bezeichnet, also Social Justice Warriors, da wurde denen auch immer unterstellt, das hat sich eben aus Gamergate entwickelt, halt Frauen, die sich in der Öffentlichkeit präsentieren, tun das nur für Aufmerksamkeit, für maskuline Aufmerksamkeit. Klar, auch eine Olympie Gauche wollte eigentlich nur, dass Männer sie bemerken. Und dann werden die als Soyboys, also als Soja-Jungs, weil man irgendwie behauptet hat, wenn du zu viel Soja isst, dann würde Männerkörper zu viel Östrogen produzieren und dann würden sie verweibelt. Dann die Beta-Männer im Vergleich zu den Alpha-Männern. Auch das ist nochmal so ein ganz eigenes Problem. Und ein Begriff, der eine Zeit benutzt wurde in den 2010ern, vor allem jetzt aber nicht mehr, war der Begriff der Cultural Marxists. Und das fand ich sehr bezeichnend. Weil, ich weiß gar nicht, ob du mit dem Begriff hast, schon was anfangen kannst.
Daniel
02:13:48
Ein kultureller Marxist?
Solveig
02:13:49
Ein Kulturmarxist.
Daniel
02:13:51
Kulturmarxismus? Es kommt mir schon ein bisschen bekannt vor. Ich fühle mich aber nicht in der Lage, das jetzt zu definieren.
Solveig
02:13:58
Genau, deswegen habe ich hier nochmal so einen kleinen Abschnitt.
Daniel
02:14:01
Was fragst du mich dann?
Solveig
02:14:02
Ja, ich dachte vielleicht, bringe ich dich mal ein bisschen mit hinein wieder.
Daniel
02:14:06
Ich war doch gerade dabei.
Solveig
02:14:07
Das stimmt. Kulturmarxisten und die Frankfurter Schule. Weil das war nämlich so ein großer, erklärter Feind dieser bestimmten YouTuber, die ich jetzt so im Kopf habe. Die haben immer auf die Culture Marxist in the Frankfurt School geschippt.
Daniel
02:14:21
Ach, die kennen sowas?
Solveig
02:14:22
Ja, da war ich auch überrascht. Aber die kennen sowas, in Anführungszeichen.
Daniel
02:14:26
Okay, na gut, ich kenne auch nur den Begriff und so ein paar, die dazugehören.
Solveig
02:14:28
Genau. Und also erstmal zur Frankfurter Schule und dann erkläre ich, wie sich daraus dieser Kultur Marxist entwickelt hat. Also wir haben in den Jahren zwischen 1939 und 1944 die Philosophen Theodor W. Adorno und Max Horkheimer, die miteinander reden und Gespräche führen und aus diesen Gesprächen entsteht das Buch die Dialektik der Aufklärung. Das große Werk, das so ein bisschen auch dann wegbereiter für die 68er-Bewegung wurde. Dialektik habe ich mir extra nochmal aufgeschrieben, musste ich auch nochmal nachgucken, man hat es so im Kopf und weiß so, was es heißt, aber ich dachte, du fragst mich bestimmt, was Dialektik heißt. Also es meint einfach nur Hinterfragung oder kritische Auseinandersetzung. Also wir setzen uns kritisch mit der Aufklärung auseinander. Also das, was wir jetzt auch machen, ist im Grunde auch.
Daniel
02:15:27
Aber es ist nicht diese Ursprungsidee mit These, Antithese und Synthese und so.
Solveig
02:15:31
Genau, also wirklich so eine wissenschaftliche, kritische Auseinandersetzung. Und das, wie gesagt, ist so der Wegbereiter auch der aktuellen Debatte um die Aufklärung und das, was wir hier machen. Im Geiste von Adorno und Horkheimer. Und eigentlich hat, es wird ja immer gesagt, die beiden haben das publiziert, aber eigentlich hat die Ehefrau von Adorno, Grete Adorno, das Buch wirklich verfasst, weil sie diese Gespräche mitgetippt hat. Und daraus ist dann das Buch entstanden.
Daniel
02:16:01
Wird aber nicht als Co-Autorin genannt?
Solveig
02:16:03
Nein. Natürlich nicht. Ist ja auch nicht so wichtig. Und diese beiden Männer gelten eben als wichtige Teile dieser Frankfurter Schule, wobei das einfach auch nur meint, das ist eine Gruppe von Philosophen, die alle am Institut für Sozialforschung der Johann Wolfgang Goethe Universität in Frankfurt am Main gearbeitet haben, gelehrt haben oder da irgendwie mal waren und miteinander gesprochen haben. Also es ist eine geistige Schule, keine echte Schule.
Daniel
02:16:32
Alle die Adorno danach zitieren.
Solveig
02:16:34
Genau, also die sind so miteinander und aber es ist jetzt nicht, dass es da einen Ort gab und die waren alle in dieser, das ist eine Schule gewesen. Manchmal habe ich bei denen, diesen YouTubern so Ja.
Daniel
02:16:45
Okay, so stellt man sich das auf. Wie bei Malerei. Also der Rembrandt und seine Schöler.
Solveig
02:16:49
Genau, oder die Düsseldorfer Schule oder so. Man hat halt bei den gleichen Leuten gelernt.
Daniel
02:16:53
Aber es gibt dann so eine Tendenz bei bestimmten Leuten, die das dann aufnehmen, ihre eigenen Teile zupacken.
Solveig
02:16:59
Genau. Und dann man sich dann wundert, was hat der mit der Frankfurt, warum der Frankfurt School. Okay, so. Es mag jetzt nicht überraschen, dieses Institut wurde 1933 geschlossen. Und viele, die dort eben gelehrt haben, geforscht haben, sind ins Ausland emigriert. Dazu gehören auch Adorno und Horkheimer. Weil die beiden kehren dann in den 1950ern aus diesem selbstgewählten Exil zurück. Ich glaube, die waren beide in den USA. Und ich hatte es schon angesprochen mit ihren Ideen, wo beeinflussen sie dann auch die Theorien der 68er-Bewegung, weil sie eben durch dieses Buch viele Dinge so hinterfragen, die als Fakt und Natur gelten. Und sie prägen dann eben auch diese Idee der kritischen Theorie, das ist auch so in diesem Zusammenhang. Und weil sie eben genau sagen, also wir müssen mal das Bürgertum und seine Ideen des 20. Jahrhunderts mal hinterfragen, ob das alles wirklich so geil war. Und wirklich so in diesem Fortschrittsgedanken, je mehr sich die Menschheit entwickelt, technologisch, umso besser und schöner und toller wird alles. Und ist der Mensch wirklich inhärent gut oder gibt es da nicht vielleicht doch noch so ein paar Probleme, über die wir vielleicht mal reden sollten. Und sie rezipieren dann eben auch andere ja, sozialkritischen Leute, unter anderem eben auch Marx. Also sie gehen da eben sehr auch ökonomisch dran. Sie gucken jetzt nicht mehr nur auf die Ideen dieser Menschen, sondern auch auf die ökonomischen Faktoren. Also du kannst einer Person, die, am Ende des Monats nicht mehr weiß, wie sie ihr Essen bezahlen soll, kann sie jetzt noch so viel Kant vorlesen. Ich glaube, das wird jetzt sein Leben nicht verbessern. Dass man das vielleicht mal mitdenkt. Was dann eben drinsteht in der Dialektik der Aufklärung. Seit je hat Aufklärung im unfassendsten Sinn fortschreitend des Denkens das Ziel verfolgt, von den Menschen die Furcht zu nehmen und sie als Herren einzusetzen. Aber die vollends aufgeklärte Erde strahlt im Zeichen triumphalen Unheils. Das Programm der Aufklärung war die Entzauberung der Welt. Wie gesagt, dieses Buch ist während des Zweiten Weltkriegs entstanden. Beide Männer mussten ihre Heimat verlassen, mussten in die USA emigrieren. Beide Männer haben jüdische Wurzeln. Horkheimer stammt aus einer jüdischen Familie. Adornos Vater war jüdisch. Also das hat natürlich auch einen Grund, warum die emigrieren. Und das hat, glaube ich, auch einen Grund, warum diese YouTuber, gerade mit denen sein, Nein, so Probleme. Also da nochmal, also das und dann nochmal zu diesem Punkt, so die Entzauberung der Welt, das werfen sie dann eben auch der Aufklärung oder den Aufklärern vor, dass man eigentlich ja vorhatte, die Welt zu organisieren und die Mythen zu entzaubern, dass Menschen eben nicht mehr an höhere Mächte glauben und nicht mehr an eine große Idee glauben, sondern nur an diese Dinge, die sie greifen können und die sie verändern können. Aber das ist ja gescheitert, denn im Zuge der Aufklärung sind ja neue Mythen entstanden. Das habe ich jetzt gerade hier in den letzten Stunden einmal rezipiert, welche Mythen so entstanden. Und im 20. Jahrhundert sind mit dem Faschismus natürlich noch mehr Mythen hinzugekommen, die auf den Mythen basierten, die eben vorher entstanden sind. Und da war das dann eben genau, dass man hinterfragt, sind wir wirklich inhärent gut? Kann man wirklich mit dem Lesen von Kant die Welt verbessern? Oder sollte man doch nicht vielleicht andere Dinge tun? Und gerade auch mit den Erfahrungen des Holocaust ist das eben so eine Sache, ob das Fortschritt wirklich immer nur gut ist.
Daniel
02:20:34
Was nicht Adorno, der meinte, man kann ja keine Gedichte mehr schreiben?
Solveig
02:20:37
Und da kommt jetzt dann eben dieser Begriff der Kulturmarxisten oder der Kulturmarxist, also Adorno und Horkheimer und Habermas und alle, die das so rezipieren, das sind Kulturmarxist, weil die haben ja Marx gelesen.
Daniel
02:20:51
Achso, okay.
Solveig
02:20:55
Und das wurde eben als Beleidigung verwendet gegen diese Menschen, die sich gegen Rassismus einsetzen, also für Feminismus, gegen Sexismus, diese Cultural Marxist. Und das ist so ein, ja eben wie gesagt, es beruht auf diesem Idee, ja darauf, dass diese vermeintlichen Gegner Marx rezipiert haben, dass das ja vornehmlich auch links politisch orientierte Menschen sind, die auch selbst vielleicht Marx mal lesen.
Daniel
02:21:23
Ja, das kommt wahrscheinlich mit der Assoziation Marx, das heißt wir wollen, das soll die Gleichheit aller, dass wir... Also Sozialismus und das aber eben auch kulturell. Alle sind gleich, die gleichen Rechte, aber die Natur sagt ja was anderes. Wir sind ja eben nicht gleich.
Solveig
02:21:38
Und es wird dann eben auch unterstellt, diesen Menschen, die sich eben dagegen einsetzen, sie würden einen Kulturkampf starten. Und die Linken, also the left, wird dann immer gesagt, the left möchte eben mit diesem Kulturkampf die guten alten Werte zerstören, wie Moral, Familie, Nation und Christentum. Das wollen sie alle mit diesem ganzen Gedöns, diesem Frauengedöns zerstören. Also auch diese typische eben genau sozialistische McCarthyism Vorstellung, der Sozialismus möchte uns Amerika wegnehmen. Also das ist eben ganz klar auch eine Verschwörungstheorie, so die wollen unsere Welt zerstören, die wollen uns ins Unheil bringen und dieser Begriff ist dann relativ schnell verschwunden, als sich auf YouTube eher so linksorientierte oder teils auch sehr linksorientierte Personen damit begonnen haben, damit auseinanderzusetzen und in dem Zusammenhang bin ich auch überhaupt erst darauf gekommen. Also ich habe die jetzt nicht verfolgt, sondern ich habe YouTuber wie ContraPoints oder HBumberguy 2018 das erste Mal geguckt und die haben sich damit auseinandergesetzt. Dadurch bin ich damit in Kontakt gekommen. Und die haben dann eben aufgezeigt, so Leute, dieser Begriff, den ihr benutzt, der klingt ziemlich stark nach Kulturbolschewismus. Und Kulturbolschewismus ist ein NS-Begriff, den die Nationalsozialisten benutzt haben, um alles, was so aus Russland kam. die zerstören unsere, genau das, also die zerstören unsere Heimat und unser Volk und all diese. Und dadurch ist dann dieser Begriff sehr, sehr schnell weggefallen. Dann haben sie nur noch SJW genannt und so wie sie es aussprachen, die SJWs.
Daniel
02:23:19
Weiß ich jetzt nicht.
Solveig
02:23:20
Ob das Absicht war. Da sie aber auch insgesamt sehr antisemitische Tropes verwenden in ihrer Verschwörungstheorie, würde es mich nicht wundern, wenn das absichtlich so genannt wurde. Deswegen auch die Feindseligkeit gegen die Frankfurter Schule, weil da sind wir dann wieder in dieser typischen Verschwörungstheorie die Juden. The Left meint dann die Juden, auch da sind wir wieder im NS mit dem Kulturbolschewismus, wurde auch behauptet, das würden die Juden alles tun. Und jetzt spricht man weitestgehend eher von woke, das ist jetzt auch mittlerweile bei uns angekommen, dieser Begriff woke ist eigentlich ein Begriff aus der afroamerikanischen, Bürgerrechtsbewegung, der lässt sich schon in 1930ern finden und meint im Grunde einfach nur jemand, der ein Bewusstsein hat, dass es Rassismus gibt, dass es Sexismus gibt, dass es andere Formen von Diskriminierung gibt und dass man das eben nicht mehr haben möchte also im Grunde die Aufsprennung des androzentristischen Weltbildes und das sind natürlich für diese Leute die Todfeinde und die sagen jetzt nicht mehr Kulturmarxisten sie sagen Vogue, aber gemeint ist immer noch dasselbe, das ist immer noch diese Verschwörungstheorie die Linke wollen uns unsere Heimat wegnehmen, durch Kultur dass da jetzt schwarze Frauen mit dem Film auftauchen das ist nicht in Ordnung es kommt drauf an.
Daniel
02:24:39
Welche Rolle sie spielen.
Solveig
02:24:40
Wahrscheinlich und da merkt man auch, wenn man denen zuhört, es sind mittlerweile, wie gesagt Die ursprünglichen von 2016, 2018 sind immer noch da. Es sind mittlerweile neue dazugekommen. Das sind dann vornehmlich Leute, die die Filmbranche analysieren und erzählen, wie Vogue Disney ist und unsere Kultur zerstört wird und unsere Kindheit mit den Läuferfilmungen von Schneewittchen zerstört ist und alles schlimm. Und dass sie jetzt eine schwarze Frau casten, obwohl die ursprüngliche Person ein weißer Mann war, ist ein Zeichen für den Untergang des Abendlandes. So, also das ist so, das gibt es weiterhin, das wird weiterhin vorangetrieben und es wird immer wieder, jetzt vielleicht nicht unbedingt in diesen Filmkritiken, aber du merkst einfach, je länger du denen zuhörst, dass die auch dieses Weltbild haben. So die Natürlichkeit von Geschlechtern, die Natürlichkeit von Rassen, die Natürlichkeit, also diese ganzen Konstrukte, die in der Aufklärung aufkamen, sind bei denen weiterhin drin und werden durch Medienanalysen oder was weiß ich, einfach perpetuiert. Und das finde ich schon schwierig, also sehr, sehr problematisch und vor allem jeder Hinweis darauf wird von denen mit absoluter Gehörigkeit. Gewalt begegnet, also mit absoluter Aggression, du kriegst Morddrohungen, du kriegst die schlimmsten Beleidigungen, nur weil du denen darauf hinweist, dass das Weltbild, das sie haben, menschengemacht ist und dadurch veränderbar ist. Und das ist für mich eben so wichtig, warum man aufhören muss, die Aufklärung als diese heilsige Idee zu feiern und zu sagen, ja seitdem sind wir alle frei und gleich und schön, weil es ist ziemlich scheiße geworden nach der Aufklärung. Also unsere Welt ist richtig scheiße geworden.
Daniel
02:26:36
Man könnte sagen durch, teilweise durch die Aufklärung.
Solveig
02:26:40
Der Aufklärung Hand in Hand, ist ziemlich viel Mist gewesen. Also wenn ich mir so angucke, ja, auch im Mittelalter war vielleicht nicht alles geil, aber danach war es echt richtig scheiße. Und das ist so, deswegen finde ich es so, so wichtig, dass man das wirklich da mal Kant folgt und wirklich mal sich seiner eigenen Vernunft und sich bewusst macht, dass das alles nicht geil war. Das ist ja auch der Punkt, also Adorno und Horkheimer, zumindest wie ich sie verstanden habe, kritisieren ja die Aufklärung nicht. Sondern sie meinen, im Grunde wie ich das auch sehe, sie ist halt einfach falsch verstanden worden. Es hat sich in die falsche Richtung entwickelt. Anstatt sich von Heilsmythen zu entfernen, hat man das einfach ersetzt und jetzt gesagt, ja, dann ist das jetzt unser neuer Erlöser und Gott. Und da wirklich mal sich bewusst zu machen, nee, das war eine gute Idee. Und wenn wir das wirklich weiter so machen, funktioniert das auch. Das ist ja auch so der Punkt. Im Grunde will ja niemand die Aufklärung abschaffen, sondern man will einfach nur, dass sie wirklich zu dem steht, was sie versprochen hat. Dass alle Menschen die Rechte kriegen. Dass Frauen Rechte haben, dass eben Schwarze und POC Menschenrechte die gleichen Rechte bekommen, dass queere Menschen die gleichen Rechte bekommen. Also alle in dieses Zentralbild reinkommen, weil sie das versprochen haben vor 200 Jahren. Und sie haben es nicht eingehalten.
Daniel
02:28:08
Du hast doch gesagt, sie haben sehr bewusst Männer reingeschrieben. Also da ist kein Versprechen eigentlich dabei. Das war Festlegung dessen, was man zu dem Zeitpunkt sich erstritten hatte als weißer, männlicher Migrant in den USA. Also sagen wir mal so, wir nehmen den Kant vom Eingang. Zitat, habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen. Wir sagen, ja, auch Kant, dummerweise seine Stadt nie verlassen und sich mal andere Teile der Welt angeguckt und hat nachher komische Sachen noch dazu geschrieben. Aber wir bleiben den Kant, der sagt, der hat eine starke Aufforderung da drin. Nimm deinen Verstand und versuch die Welt zu begreifen, so wie es dir irgendwie möglich ist. Und womöglich da noch mehr draus zu machen. Und dass wir auf dem Weg sind. Dass wir eben nicht in einer aufgeklärten Gesellschaft leben. Leider auch 300 Jahre später nicht. Oder 200, was auch immer wie viel. Und ja, wir sind auch auf dem Weg hin zu der von dir schon beschriebenen aufgeklärten Stand. uns eigentlich nach wie vor befinden. Also immer noch kein Weg. Und in dem Namen der Aufklärung, die immer so gefeiert wird, wurden kurz nachdem sie ihren Gipfelpunkt erreichte, politisch gesehen auch gleich ein Terrorregime. Darauf basiert, da hat man Menschen diskriminiert über Jahrhunderte auf Basis der aufklärerischen Ideen. Menschen verfolgt, auch auf Basis der aufklärerischen Ideen. Zu denen kommen wir womöglich in der nächsten Folge. Und jetzt war ich schon fast im Schwangenopfer nicht als Nächstes sogar unseren Plan, ob ich einfach mal den Plan umwerfe und die Gegenreaktion gleich aufnehme. Aber das machen wir dann nächstes Jahr, glaube ich. Denn natürlich kommt der Umschwung endlich und dann sagen wir, das mit diesem Verstandesbetonen, das war doch alles blöd. Seht, wohin uns das geführt hat. Lasst uns wieder mehr Gefühl einbringen. In die Nacht hineingehen. Und lasst uns mittelalterliche Burgen bauen oder so, wie wir uns sie vorstellen. Danach kommt ja die Romantik. Das ist ja meine Zeit.
Solveig
02:30:10
Das sind auch die, die dann die Nacht wieder für sich entdecken.
Daniel
02:30:12
Genau, ja. Und so Mondszenen malen über dem Meer.
Solveig
02:30:15
Aber das ist dann immer diese nette Nacht mit so einem Lagerpfalz. So eine gemütliche. Nicht wie, ich bin alleine im Wald im Dunkeln und es sind Wölfe da.
Daniel
02:30:23
Genau. Das ist die berühmte Romantik. Könnt ihr euch dann auf den Bildern von Kaspar David Friedrich. Da ist ein Schluss mit der Aufklärung. Das kommt dann, bricht da nochmal rein in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Und da sind die Frauen immer noch nicht dabei.
Solveig
02:30:37
Eben, also so richtig. Ich glaube, die haben einfach nur...
Daniel
02:30:40
Also die nehmen das, was sie da schon hatten.
Solveig
02:30:42
Ich glaube, die haben einfach nur die Ästhetik geändert. Wir sind jetzt mit den Griechen durch. Wir wollen jetzt eine andere Zeit.
Daniel
02:30:48
Und das mit den Versklaven. Das hat dann auch bei uns auf dem Kontinent zumindest aufgehört. Immerhin.
Solveig
02:30:55
Immerhin.
Daniel
02:30:55
Ein Schritt in Europa. Erfolgreich vielleicht bewältigt.
Solveig
02:31:00
Dachte ich mir jetzt, nachdem das mit der Aufklärung so gut funktioniert hat, der Aufruf nach verloren.
Daniel
02:31:05
Achso.
Solveig
02:31:06
Dachte ich, ob wir vielleicht einen neuen Anreiz schaffen möchten.
Daniel
02:31:10
Hast du ein Thema, das du eigentlich dich behandeln möchtest und dich zwingen lassen möchtest?
Solveig
02:31:14
Ja, beziehungsweise nicht behandeln in dem Sinne, dass ich denke, ich möchte aufzeigen, wie scheiße diese Person eigentlich ist. Habe ich überlegt, das hatten wir ja eh schon mal überlegt, ob wir diesem Herrn Raum geben.
Daniel
02:31:27
Dem Herrn Raum geben?
Solveig
02:31:28
Er wird beschrieben mit L-U-T-H-E-R.
Daniel
02:31:32
Oh nein. Oh Gott. Aber dann nur, das können wir ja so machen, wie andere große Podcasts haben ja sehr viele Follower dadurch gewonnen oder sehr viel Unterstützung davon gewonnen. Das versprochen haben, sie machen die Folge als Musical.
Solveig
02:31:45
Zu ihm gibt es schon ein Musical. Aber wir können gerne darüber reden.
Daniel
02:31:48
Den Hauptsong könntest du intonieren. L-U-T-H-E-R Achso, über den möchtest du gerne eine Folge machen.
Solveig
02:31:56
Vielleicht setzen wir mal den Anreiz ein bisschen höher. Wir gehen jetzt in größeren Schritten. Sagen wir mal bei 5.000.
Daniel
02:32:02
Das ist ja wahnsinnig.
Solveig
02:32:04
Wir schaffen einfach mal einen Anreiz. Also wenn ihr wirklich wollt.
Daniel
02:32:08
Aber die Leute, die folgen uns ja schon.
Solveig
02:32:12
Ja, beziehungsweise dann verbreitet es in die Welt hinaus. Und manchmal werden wir ja auch gehört von Leuten, die uns noch nicht folgen.
Daniel
02:32:19
Mhm, das könnte natürlich durchaus sein. Also solltet ihr nach zweieinhalb Stunden tatsächlich immer noch an diesem Punkt sein und zum ersten Mal uns hören und noch nicht folgen, dann ist das doch jetzt eigentlich die beste Gelegenheit, nicht nur in dem Podcatcher eurer Wahl uns zu abonnieren, sondern sofern ihr da einen Account habt, auch gleich bei Instagram uns zu folgen. Manchmal geben wir da auch noch mehr Infos.
Solveig
02:32:42
Genau.
Daniel
02:32:43
Also dann, ja gut.
Solveig
02:32:44
Ja, also ich dachte mir, groß denken, weißt du?
Daniel
02:32:48
Es zeigt auf jeden Fall die Ambitionen, die wir haben, die ich ja letztlich auch hege. Weil aktuell geht es ja noch darum, dass wir diesen Steady-Account haben, quasi die laufenden Kosten, die durch Hosting und Audio schneiden und irgendwelche Gebühren und so ein Krams entstehen, quasi dann zu decken mit eurer Hilfe. Da nähern wir uns langsam dieser Zielmarke. dank Menschen wie Christina Steffi, Sophie Christoph, Tobias, Beate und Sarah Solveig. Und da könnt ihr uns natürlich auch noch mehr unterstützen, denn tatsächlich wäre es mein Ziel und das ist auch hochgesteckt. Ich weiß es. Dafür Sorge zu tragen, dass Solveig das jetzt zu ihrem Job machen könnte. Zumindest zu einem Halbzeitjob. Das wäre doch nice.
Solveig
02:33:33
Das wäre richtig nice.
Daniel
02:33:34
Und solltet ihr irgendwas hören von Jobangeboten in Berlin, im Kulturbereich. Gerne was mit Social Media. Da wäre Solberg ab Juli, also ab nächsten Monat, wieder verfügbar.
Solveig
02:33:48
Die Zeit fliegt dahin.
Daniel
02:33:50
Ich finde es ganz gut, wenn sie so einen Monat frei hätte noch und vielleicht ein, zwei Folgen noch vorbereitet, extra. Über L-U-T-H-E-R, weil uns schon so viele Menschen gefolgt sind. Aber dann, ja, ist es mein erklärtes Ziel, dass wir dir ein Auskommen schaffen. Also baut Brotbäume an, ein bisschen, für uns.
Solveig
02:34:09
Damit ich für euch den Geist nähren kann.
Daniel
02:34:12
Genau, dann kann ich dir Bücher kaufen und nehme ich dir öfter unauffällig mal so ein Buch auf den Tisch und sage, das ist von Christina, das ist von Steffi, das ist von Sophie oder das ist von Christoph. Und ihr dürft natürlich jederzeit auch gerne Wünsche äußern, worüber ihr gerne folgen hättet. Schreibt was in die Kommentare. Wie verhaltet ihr euch zu den Aufklärern? Was haltet ihr von Solbergs Thesen, die sie jetzt hier aufgestellt hat beziehungsweise mitgeteilt hat? Oder... Von weißer Marmor-Antike.
Solveig
02:34:42
Oh, ich zeige dir jetzt den Barberini-Faun.
Daniel
02:34:44
Oh ja. Okay, aber das machen wir später. Für all die, die uns nämlich schon jetzt zu diesem Zeitpunkt tatsächlich unterstützen, gibt es ja immer so einen kleinen Nachklappbonus als kleines Dankeschön. Und da kommen dann so Faungeschichten noch mit rein. Oder was uns jetzt in der Pause, die wir jetzt machen, uns noch so einfällt.
Solveig
02:35:01
Ja, ich habe nämlich schon wieder eine Sache vergessen. Das wird jetzt gleich nachgerechnet.
Daniel
02:35:05
Ach so, na gut. Aber das verraten wir hier noch nicht.
Solveig
02:35:07
Nein, hier nicht.
Daniel
02:35:08
Vielen, vielen Dank, Solveig.
Solveig
02:35:11
Gerne.
Daniel
02:35:12
Dass du das Aufklärungspanorama hier aufgespannt hast und die ganzen schwierigen Punkte mit sehr viel Werbe.
Solveig
02:35:19
Ich hoffe es.
Daniel
02:35:21
Eingebracht hast.
Solveig
02:35:22
Es war mir in dem Sinne ein Fest, einmal klarzustellen, was wir so dadurch gewonnen haben, in Anführungszeichen. Und was vielleicht nicht so geil war. Und was man vielleicht, von dem man sich auch mal lösen kann.
Daniel
02:35:35
Also, jetzt seid ihr eingeladen. Vielen Dank, dass ihr, sofern ihr jetzt schon lange dabei wart, auch schon so lange gewartet habt, dass diese Aufklärungsfolge kommt. Die, die spontan gerade zum ersten Mal uns hören, Glück gehabt, dass ihr nicht warten musstet. Und alle seid ihr, wie schon gesagt, eingeladen, euch auch dazu zu verhalten. Schreibt es in die Kommentare, was ihr gut fandet oder was ihr bestätigen möchtet oder eben in Frage stellt. Sowohl von den Aufklärern als auch vielleicht von dem, was wir gesagt haben. Und bleibt uns treu. Bis bald. Macht's gut. Ciao.